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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Das nordische Element in griechischer Architektur und Skulptur
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0101

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185

Archäologisches

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sich bei den frühbabylonischen Zylindern und in der Kunst
von Lykien und Phrygien (hier ist der Aufsatz von A. Jolles
»Die antithetische Gruppe«, Jahrb. d. K. d. Arch. Instituts
IQ04 zu vergleichen). In Griechenland stirbt dieses Prinzip
mit dem Aufkommen der Achäer, dem Gebrauch des
Eisens, dem Rundschild mit Buckel, den Fibulen und der
Verbrennung der Toten aus; und es wurde durch das geo-
metrische Dekorationsprinzip ersetzt, das von der Donau-
region herkommt, in der Friese von Menschen und Tieren,
ebenso wie geometrische Zeichnungen die Hauptdekoratio-
nen bildeten. In Mykenä hatte dies sich ereignet, ehe die
alte Töpferkunst sich verschlechterte. So zeigt die sogen.
Kriegervase aus den oberen Schichten eine Kriegerpro-
zession in regulärer Homerischer Bewaffnung von Rund-
schilden mit Buckeln und langen Lanzen anstatt des Lang-
schildes und des Bogens mit Pfeilen des Bronzealters.
Hier ist kein Zentralpunkt mehr, auf den hin die Hand-
lung sich wendet. Diese Szene findet ihr Pendant in einer
gemalten Stele, ebenfalls aus den oberen Lagen von My-
kenä, auf der drei Friese sind, dabei einer mit einer
Kriegerprozession, wie auf der Vase, und dann ein Tier-
fries. Daß diese Dekorierung nachmykenisch ist, geht
daraus hervor, daß sie auf einer Gipslage angebracht
ist, die über einer mit Bildhauerarbeit versehenen myke-
nischen Stele liegt. So zeigt sich also das neue Prinzip
in der Kunst gleichzeitig mit neuen Bewaffnungs- und
Kleidungstypen, mit einer neuen Rasse, deren Dekorations-
prinzip, wie die Olympiafunde beweisen, durchaus der aus
dem Donaugebiete gleicht. — Wenn man allgemein ange-
nommen hat, daß das Friesprinzip orientalisch ist, weil es
in Ninive gefunden wurde, so wird dabei vergessen, daß
die assyrischen Monumente nicht vor die Zeit von 900 v. Chr.
zurückgehen, und daß sie von der Kunst des ägäischen
Meeres beeinflußt worden sind und nicht umgekehrt.

In Böotien ist die geometrische Dekoration allgemein
üblich gewesen, nicht allein auf Töpfereien, sondern auch
auf gravierten Broschen. Aber die Böotier waren auch
Achäer und wie Thukydides I, 12 berichtet, waren diese
Achäer aus der Thessalischen Pelasgiotis durch ein-
dringende illyrische Thessaler vertrieben worden. Auf den
geometrischen athenischen und korinthischen Vasen ist
weiter eine gewisse Technik, bei der eingeritzte Linien
ebenso gebraucht wurden wie Farbe, meist so angesehen
worden, daß der Einfluß böotischer Fibulen und anderer
gravierter Bronzen, die mit Menschen- und Tierfiguren
oder mit geometrischen Ornamenten geschmückt sind,
hierbei vorliegt. Nun aber, da wir gesehen haben, daß
das Friesprinzip auf der mykenischen Kriegervase gerade
auftaucht, als die mykenischen Töpfer für ihre neuen vom
Norden gekommenen Herren zu arbeiten beginnen; da die
attischen und korinthischen Vasen die Technik böotischer
Bronzen entlehnen, deren Dekoration zweifellos nordisch,
ist; da die Jonier, als sie sich nach der dorischen Invasion
in Jonien niederließen, nicht die volle mykenische Kunst,
sondern nur eine mit mykenischen Überbleibseln unter-
mischte geometrische mitbrachten; und endlich, da keine
Beispiele für solche Friese in der asiatischen Kunst vor
dieser Zeit gefunden worden sind, so können wir den
Schluß ziehen, daß das Friesprinzip auf den geometrischen
Vasen von der durch die Achäer mitgebrachten Donau-
kunst herrührt. Und da ein enger Zusammenhang zwischen
der Dekoration von Vasen und von Architektur besteht
— mögen nun die Vasen oder die Architektur das Vorbild
abgegeben haben —, so dürfen wir auch den Schluß ziehen,
daß das Prinzip eine Reihe von Figuren, Menschen oder
Tieren, stehend oder in Bewegung, ohne irgend eine Be-
ziehung zu einem Zentralpunkt — das negative Haupt-
prinzip in der mykenischen Kunst — und ebenso das ab-

fallende Giebeldach dem nordischen Einfluß zu verdanken
ist. Es war also die Vereinigung nordischer Ideen mit
technischer Geschicklichkeit des Südens, die uns den
griechischen Tempel mit seinen Giebelskulpturen, seinen
Friesen und seinen Metopen schenkte — diesen Wundern,
die uns noch heute begeistern. m.

ARCHÄOLOGISCHES
Archäologische Nachlese aus Ägypten. (S. Kunst-
chronik Nr. 1 vom 9. Oktober 1908, Sp. 10.) Auf der
Jahresversammlung der tätigsten aller in Ägypten arbei-
tenden wissenschaftlichen Vereinigungen, des Egypt Ex-
ploration Fund, am 10. November wurde Bericht über das
archäologische ägyptische Jahr erstattet. Wir entnehmen
darüber einiges dem Berichte der »Times«. — Ebenso-
wenig wie die »Graecoroman Branch«, die durch die ernst-
liche Erkrankung Dr. Grenfells in ihrer Tätigkeit gehindert
ist, hat der Archäological Survey die Möglichkeit, im näch-
sten Jahre etwas zu unternehmen, da ein Nachfolger für
den abgegangenen Mr. Davis noch nicht gefunden ist. —
Flinders Petrie machte für die British School of Archaeo-
logy in Ägypten und den Egyptian Research Account Aus-
grabungen zu Athribis und in Memphis und zwar zu
Athribis in dem Beginne der Ausgrabungsperiode, so lange
die Überschwemmung über Memphis war. Athribis, an
dem Rand der Wüste bei Sohag in Oberägypten, war die
Stadt Hat-Repyt »die Festung der Repyt«, einer löwen-
köpfigen Göttin, die man sonst nirgends findet. Hier
wurden eine Reihe Gräber aus der Pyramidenzeit auf-
gedeckt, die in einer Höhe von über 500 Fuß in die Fel-
senklippen eingeschnitten waren. Dann wandte aber Prof.
Petrie seine ganze Tätigkeit den Operationen auf der un-
geheuren Stätte von Memphis zu, auf der drei Monate mit
Arbeit zugebracht wurde. Der ganze große Temenos des
Ptah konnte festgestellt werden und dadurch war die Mög-
lichkeit vorhanden, den von Herodot gegebenenen Bericht
zu verfolgen. Die Umzäunung des Heiligtums des Schöpfer-
gottes von Memphis war 1j2 km lang und 250 m tief.
Ebensoviel Raum nimmt auch der große Tempel von Kar-
nak ein. — Weigall fand die Überreste eines ptolemäischen
oder römischen Tempels zu Kossair. Noch im August
räumte er das Grab des Rames zu Theben aus der Zeit
des Amenophis III. und IV. (XVIII. Dynastie) aus und fand
darin ganz hervorragend schöne Reliefs, wie sie sich in
dieser Nekropole noch nicht besser gezeigt hatten. — —
Die amerikanische Expedition des Metropolitan Museum
of art in New York, die auf dem Pyramidenfeld von Lisht
grub (s. Kunstchronik 1. c), beschäftigte sich diesmal
hauptsächlich mit der Pyramide des Amenemhat I. Ein
großer Teil ist jetzt aufgedeckt. Über dem Tempel und
auf den Abhängen der eingestürzten Pyramide stand einst
ein blühendes Dorf, das in die XXII. Dynastie zu datieren
ist. Quibell berichtete, daß die Ausgrabungen zu Saqqara
an vier verschiedenen Plätzen vorgenommen wurden: 1. in
dem Jeremiaskloster, 2. in dem Tempel der Tetapyramide,
3. an der Osteite der Stufenpyramide, 4. längs der Reihe
der Mastabas im Norden der Einzäunung der Stufenpyra-
mide. Auf dem Niveau der XIX. Dynastie im Tetatempel
wurde ein vorzüglich erhaltenes Brettspiel mit seinen
Steinen wohl verpackt in einer Schublade gefunden. —
E. R. Ayrton, der zusammen mit Davis im Biban el Moluk
zu Theben Untersuchungen anstellte, entdeckte in dem
bereits geöffneten Grab des Ramses VI. (XX. Dynastie) in
beträchtlicher Tiefe einen tiefen Schacht, der in eine Einzel-
kammer führte, die ganz mit Schutt angefüllt war. Daraus
wurden verschiedenartige Töpfereien, Alabastervasen mit
dem Namen Ramses II. und eine kleine Anzahl Schmuck-
gegenstände hervorgeholt. — Prof. John Garstang von der
 
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