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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Münsterberg, Oskar: Ausstellung chinesischer Gemälde in der Königl. Akademie der Künste zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0105

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XX. Jahrgang 1908/1909 Nr. 13. 22. Januar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Pethzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

AUSSTELLUNG CHINESISCHER GEMÄLDE
IN DER KÖNIGL. AKADEMIE DER KÜNSTE
ZU BERLIN
Von Oscar Münsterbero
China ist uns eine ferne aber keine fremde Welt.
Seit den Tagen der großen Jesuiten, die als Träger
europäischer Wissenschaft und Kultur gern gesehene
Gäste am Kaiserhof in Peking waren, ist Verkehr und
Handel niemals unterbrochen worden. Die Literatur
über China ist ungeheuer reich, und nicht minder
umfangreich sind die Sammlungen in Europa und
Amerika. Jeder Handelsmann oder Globetrotter hat
viele Kuriositäten in die Heimat mitgebracht und wenn
er oder seine Erben nicht recht wußten, was sie mit
diesen Produkten einer fremden Kultur anfangen
sollten, dann pflegte das öffentliche Museum die letzte
Station der heimatlosen Stücke zu werden. Daneben
hat der Handel Millionen Stücke von Porzellan und
Bronzen, Steinschnitzereien und Stoffen zur malerischen
Ausschmückung der Zimmer in das Ausland gebracht.

Wir können in Deutschland chinesisch sprechen
lernen, wir haben zahlreiche Übersetzungen der China-
schriften, wir kennen die Lehren von Buddha, Con-
fucius und Laotse, wir imitieren seit dem 15. Jahr-
hundert chinesische Porzellane, wir kennen alle Tech-
niken und Formensprachen, aber vergeblich suchen
wir in den Museen und in der Literatur nach der —
hohen chinesischen Kunst.

Leichtsinnige Schriftsteller erklärten einfach: es gibt
keine hohe Kunst, in Ostasien besteht kein Unterschied
zwischen hoher und angewandter Kunst, es gibt nur
Zweckkunst usw. Diese Märchen sind zwar längst
widerlegt, aber immer noch gibt es begeisterte Asien-
schwärmer, die z. B. kritiklos nicht jene historisch ent-
standene, symbolische Wertschätzung gewisser japani-
scher Töpfereien oder Metallarbeiten von der Wertung
der wirklichen hohen Kunst in Ostasien unterscheiden
können. Als wenn wir Schnupftabakdosen von Napoleon
oder Friedrich dem Großen, und wenn sie noch so
kunstvoll sind, nur des Kunstwertes wegen so teuer
wie gute Ölgemälde bezahlen!

Wenn es aber eine hohe ostasiatische Kunst wie bei
uns in Europa gibt, warum ist bisher so wenig davon
zu uns gekommen, weshalb fehlen alle Berichte? Hierbei
kommt jenes Gesetz zur Erscheinung, das seit ewigen
Zeiten die Übertragung der Kulturen und ihrer Werke

beherrscht hat. Ein jedes Volk, z. B. unsere Landsleute
in Afrika, nehmen von unserer Kultur nur das auf, was
sie verstehen und was sie innerhalb ihrer eigenen durch
Klima und Tradition begrenzten Existenzbedingungen,
gebrauchen können. Der Regenschirm schützt den
Afrikaner, die Flinte hilft ihm, aber was soll er in
seiner Hütte mit Bildern und Kunstwerken, Möbeln
und Nippessachen anfangen. Und so umgekehrt nahm
Europa von Asien die Porzellane und Seiden, den
Tee und Reis auf, aber nicht die auf Seide gemalten
Bildrollen, da sie in dem Rahmen europäischer Häuser
keine praktische Verwendung finden konnten und als
Kuriositäten viel zu teuer waren.

Den Kunstwert der Bilder verstanden die Händler
des Westens nicht und Kunsthistoriker sind früher
niemals nach Asien gewandert. Dazu kommt, daß
naturgemäß die Kunstwerke nicht massenweise am
Markte sind und in Asien selbst seit Jahrhunderten
sehr teuer bezahlt werden. Öffentliche Sammlungen
gibt es in China nicht, und nur Eingeweihte können
mit vieler Mühe in die Schatzhäuser der Großen und
Reichen des Landes Einblick erhalten. Die hohen
Preise schließen für den Kaufmann ein derartig großes
Risiko in sich, daß er einen Ankauf auf Spekulation
nicht wagt, um so weniger da kein ständiger Markt
in Europa vorhanden ist und nur mühselig die wenigen
Interessenten in der Welt aufgesucht werden können.
Diese Verhältnisse machen es auch sehr wenig wahr-
scheinlich, daß in Zukunft ein wesentlicher Umschwung
der Verhältnisse eintreten wird. So unglaublich es
erscheint, so ist es doch Tatsache, daß z. B. moderne
japanische gedruckte Bücher in Europa nur mit größten
Schwierigkeiten, wenn überhaupt, zu erhalten sind
und selbst ein Eingreifen der Diplomatie an diesem
Zustande nichts zu ändern vermochte. Er liegt in
den Verhältnissen begründet.

Unter diesen Umständen ist es mit größter Dank-
barkeit zu begrüßen, wenn Frau Olga Julia Wegener
das große Wagnis ausgeführt hat und eine Sammlung
chinesischer Gemälde nicht nur mühselig und geschickt
gesammelt, sondern auch auf eigene Kosten zu uns
gebracht und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt
hat. Ebenso gebührt der Kgl. Akademie der Künste
unsere wärmste Anerkennung für das Verdienst, das
sie sich mit der sehr geschmackvollen und verständnis-
vollen Aufstellung der Sammlung erworben hat. So
 
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