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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Münsterberg, Oskar: Ausstellung chinesischer Gemälde in der Königl. Akademie der Künste zu Berlin
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Wolf, August: Neues aus Venedig, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0108

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igg

Neues aus Venedig

200

liehe alte Bilder, die zu uns kommen, restauriert,
repariert, verwaschen oder übermalt. Wenn die Farbe
abgeblättert und mangelhaft ist, so ist ein Tönen des
Seidengrundes und Ausbessern sicher stimmungsvoller
als Löcher und verwaschene Nuancen. Oft ist diese
Ausbesserung hart und ungeschickt gemacht (Saal IX,
Nr. 214, 221—225 usw.), während z. B. auf den
Landschaften der grüne Malachitton sehr gut getroffen
(Saal VI II, 206, 210) und ebenso das Weiß auf dem
Schwan durchaus diskret ist (Saal V, Nr. 129). Die
Übermalung ist leicht daran zu erkennen, daß die Deck-
farbe über die schwarze Detailzeichnung hinweggeht.

Am meisten ergänzt, ausgebessert, nach- und
übergemalt ist gerade das Bild, das ich oben als das
schönste (Saal V, Nr. 143) bezeichnet habe.

Im Grunde ist es ebenso wie bei unseren Bildern.
Wo nicht historische Beweise sind, ist die »Taufe«
der Bilder eine heikle Sache. Und Bilder, die gestern
noch als Originale galten, sind oft schon morgen zu
Kopien gestempelt. Die Ausbesserung der Bilder
ist heute bei uns zu einem speziellen Zweige der
Kunst geworden, sie ist aber schon immer gut oder
schlecht geübt worden. Nicht die schlechtesten Bilder
in deutschen Galerien sind es, an denen eine ge-
schickte Hand eine oft sehr durchgreifende »Restau-
ration« ausgeführt hat, und dabei handelt es sich um
Ölfarbe auf Leinwand oder Holz und Tafelbilder;
wieviel mehr ist diese Nachhilfe bei Wasserfarben
und Seide erforderlich. Also es kommt nur darauf
an, wie die Reparatur hergestellt ist, und das ist eine
Tatfrage bei jedem einzelnen Bilde. Oft hat die Patina
des Alters, oft das Verblassen und Auswaschen der
Farben, oft die Nacharbeit — den Reiz des Bildes
erhöht.

Daher gibt es auch für die Beurteilung der chine-
sischen Bilder nur einen Weg: ohne jegliche Vorurteile
mit kunstgeschultem Auge die Qualität jedes einzelnen
Bildes prüfen und nach seinem Kunstwerte schätzen.

Schließlich will ich nicht verschweigen, daß neben
dem Guten wie auf jeder anderen Massenausstellung
auch viel Minderwertiges und sogar Schlechtes hängt.
Aber selbst diese Bilder dürften zum Vergleich sehr
wertvoll sein.

Es wäre wünschenswert, wenn mit künstlerischem
Auge wenigstens Teile der Sammlung für öffentliche
Museen ausgewählt würden, denn es ist kaum wahr-
scheinlich bei der großen Liebhaberei für chinesische
Bilder in Ostasien, daß bessere Qualitäten zu uns
kommen werden, oder es müßten derartige Summen
angelegt werden, daß es fraglich erscheint, ob unser
Interesse ein so großes ist. Die Sammlung zeigt in
jedem Falle verschiedene Stile und Techniken des
Ostens in interessanten Beispielen.

NEUES AUS VENEDIG
Das größte Bauunternehmen, dessen Venedig sich
rühmen kann, haben wir nun fertiggestellt vor uns. Das
Excelsior-Hotel, dicht am Meeresstrand, gegen Malomoco
zu, wurde am 20. Juli eingeweiht durch ein Fest, zu wel-
chem die Besitzer, die »Societä Italiana degli grandi Al-
berghi« über 3000 Personen eingeladen hatten. Dieses
nächtliche Fest, welches bis zum Morgen währte, das

phantastischste, was sich denken läßt, fand in einem großen
Feuerwerke auf dem Meere seinen Abschluß. Da der
Riesenbau künstlerische Bedeutung beansprucht, so muß
seiner in diesen Blättern gedacht werden. Am 20. Fe-
bruar 1Q07 fand der erste Spatenstich statt, am 20. Juli
v. Js., also in unglaublich kurzer Zeit, gelang es dem
Architekten Sardi, den Bau vollendet zu übergeben, den
Lieferanten der ganzen Inneneinrichtung, alles rechtzeitig
an Ort und Stelle zu bringen. Es glückte Sardi außer-
dem , den Eindruck eigentümlicher, orientalischer, prunk-
hafter Pracht zu erreichen und doch dabei all den An-
forderungen zu genügen, welche heutzutage an ein großes
Hotel ersten Ranges gestellt werden können. In sieben
Stockwerken erhebt sich der reich gegliederte, gegen
300 Meter lange und in seinen höchsten Teilen 45 Meter
hohe Bau. Eine etwas befremdende aber gewollte Stil-
mischung neuer, maurischer und venezianisch-gotischer Ele-
mente, absichtlich unsymmetrisches Vorspringen einzelner
Bauteile, das Emporstreben der Minaretts (maskierte Rauch-
abzüge), die hohe mittlere, sowie die westlichen, weithin
glänzenden Metallkuppeln gewähren in Verbindung mit
glücklicher koloristischer Behandlung, besonders von der
Südseite aus gesehen, ein überaus reiches, malerisches
Bild. Den Eintretenden empfängt zunächst eine geräumige
Vorhalle, geschmückt durch die Fontäne Apollonis, von
der letzten internationalen Ausstellung her bekannt. Von
hier aus betritt man die große Halle. Sardi wählte auch
hier den maurischen Stil auf der Basis von Rot und Gold.
Über den Eingangsportalen führte Georg Brosch inter-
essante Fresken aus. Diesen, von Säulen getragenen
großen Gesellschaftsraum durchschreitend, betritt man die
nach dem Meeresslrand hin liegende Terrasse mit hinab-
führender Freitreppe, der gegenüber die zum Hotel ge-
hörigen Bäder liegen. Von der Terrasse aus gelangt
man in den einfacher gehaltenen Konzertsaal, den eben-
falls eine solche umgibt, mit dem Blick nach den Garten-
anlagen. Im dritten Stockwerke befindet sich dann der
große Restaurationssaal in englischem Stile nach Angabe
Carbonaros, hellgrauen Stoffen mit Weiß und etwas Gold,
und dem ringsum laufenden großen Fries nach dem Ent-
würfe von T. Wolf-Ferrari, von ihm mit Hilfe Castagnos
ausgeführt. Der Eindruck des Ganzen ist von ungemeiner
Frische und Klarheit, wie die ganze Umgebung des nach
drei Seiten freiliegenden und durch Terrassen umschlossenen
Raumes. Der Blick, welcher sich von hier aus ringsum
dem Besucher bietet, spottet jeder Beschreibung. Meer -
und Lagune mit Venedig und den fernen Alpen dehnen
sich ins Unendliche aus in unsagbarer Pracht und Glanz.
600 Zimmer und eine große Anzahl kleiner Apparte-
ments umschließt der ganze Bau, dem sich außerdem noch
eine wissenschaftlich geleitete Wasserheilanstalt, in acht
Räume geteilt, anreiht. Ein besonderer Dampfer ver-
mittelt von Venedig aus den Verkehr zum Hotel durch
quer durch den Lido geschnittene Kanäle. Die Erbauung
dieses Riesenhotels bildet für Venedig ein Ereignis und
gereicht dem Architekten Sardi sowie der italienischen In-
dustrie, welche die Ausstattung ausschließlich besorgte,
zur Ehre.

Mit Vergnügen kann mitgeteilt werden, daß unser
Markusglockenturm nun an 48 Meter Höhe angelangt ist.
Es fehlen also nur noch 4 Meter Backsteinbau, um an der
Basis der Glockenhalle mit ihrer Säulenstellung anzu-
gelangen. Am 1. Oktober ist dieser Punkt erreicht worden.
Die Glocken, von denen nur eine, die zweitgrößte, erhalten
blieb, werden auf der Insel St. Elena gegossen werden und
man verspricht, daß sie am 25. April 1910, dem Tage des
hl. Markus, von der Höhe des Turmes wieder ertönen
sollen. Mit der Wiederherstellung des Engels, welcher
 
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