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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Wolf, August: Neues aus Venedig, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0109

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201

Nekrologe — Personalien

202

die Pyramide wieder krönen wird, ist Munaretti, unser
Erzgießer, zurzeit beschäftigt, ebenso mit der Herstellung
der bronzenen Balustrade, welche am Fuße der Pyramide
wieder anzubringen ist. Fast sämtliche Teile derLoggetta
sind bereits zusammengestellt im Hofe des Dogenpalastes.
Die Widersacher des Wiederaufbaues des Glockenturmes
sind nun zum Schweigen gebracht und freudig verfolgen
die Venezianer die in letzter Zeit sichtlichen, ja rapiden Fort-
schritte, welche der Bau macht.

Endlich ist auch das Colleoni-Monument bei S. Giov.
e Paolo wieder von seiner häßlichen Bedeckung frei.
18 Monate lang war es verdeckt und man fragt sich,
was denn um alle Welt in so langer Zeit zur Sicherung
dieses herrlichen Denkmals geschehen sei. — Auch des
verlassenen Torcello hat man sich erbarmt. Sein Glocken-
turm ist nun vor dem Einsturz gesichert. Die vor 200 Jah-
ren zersprungene Glocke wird neu gegossen werden. Das
Baptisterium S. Tosca, neben der Kathedrale gelegen, soll
einer durchgehenden Restauration unterzogen werden.

Unter den drei Ausstellungen, welche wir diesen
Sommer hier hatten, nahm die Esposizione sacra, in den
schönen Räumen des Brüderschaftsgebäudes von S. Giov.
Evangelista, die erste Stelle ein. Sie hat leider nicht ge-
halten, was man erwartete. Das Hauptstück unter den
modernen Kunstgegenständen war der schon früher be-
sprochene Thron des Papstes von V. Cadorin. Ihn um-
gaben die acht großen Papstbildnisse von Hierl de Ronco,
die auch hier wenig Anklang fanden. Diese Ausstellung,
welche an alter Kunst nichts von Bedeutung brachte,
schloß im November mit einer Preisbewerbung um das
schönste Christusbild ab, die aber, wie zu erwarten war,
ein klägliches Resultat lieferte, so daß man in Ver-
legenheit war, wem der ausgesetzte Preis von 2500 Fr.
zuzuerkennen sei. — Eine permanente Ausstellung hat sich
gebildet im Zwischengeschoß des Palastes Pesaro. Sie
wird meist von hiesigen jungen Künstlern beschickt, welche
nach dem Willen der Erblasserin des Palastes an die Stadt
in demselben Freiateliers haben. — Recht gute Geschäfte
machte eine dritte Ausstellung im Salon der Badeanstalt
auf dem Lido. Sie enthielt meist Skizzen des hiesigen
Künstlernachwuchses. In den letzten Wochen hat ein
hiesiger junger Architekt, Martuzzi, die Aufmerksamkeit
auf sich gezogen. Er hat auf dem Campo S. Zaccaria ein
reizendes Haus erbaut, in jenem maurisch-venezianischen
Stil, mit welchem Sardi den Anfang machte. Fast über-
trifft er diesen an Wohlklang des Ganzen und malerischer
Wirkung. Bei diesem Backsteinbau ist an den Säulen,
Balkons und Türumkleidungen das edelste Material zur
Verwendung gekommen. Auf kleinem Räume bietet er
eine Fülle der schönsten Einzelheiten und bis auf das
Kleinste geschmackvolle stilgerechte Durchführung. Es ist
unter den neu hier entstandenen Gebäuden das einzige
wirkliche venezianische Wohnhaus. — Auch auf dem Compo
S. Luca ist ein Palast entstanden; im Stile der Lombardi
mit reich skulpierten Eckpilastern. An allen Ecken rührt sich
die Bautätigkeit. — Der Staat hat kürzlich zur Weiterführung
der Restauration der öffentlichen Bauwerke eine weitere
halbe Million bewilligt, desgleichen die Stadtverwaltung.
Solchergestalt ist jeder Unterbrechung in der Durchführung
dieser wichtigen Arbeiten vorgebeugt. auqust wolf.

NEKROLOGE
X Am 8. Januar starb in Berlin der Bildhauer Albert
Kretzschmar, der 1832 in Berlin geboren war und lange
Zeit hindurch ein großes Atelier für dekorative Plastik
leitete, in dem ihm sein Sohn Paul zur Seite stand. Kretzsch-
mar gehörte noch zu den Zöglingen der Rauch-Schule, wo
er sich für seine spätere Tätigkeit ein solides handwerk-

liches Fundament schuf. Er war seit Jahr und Tag er-
wählter Vorstand der Baugewerksberufsgenossenschaft und
vereidigter gerichtlicher Sachverständiger für alle Fragen
seines Spezialberufes.

PERSONALIEN

Der vielumstrittene Posten eines Direktors des Baye-
rischen Nationalmuseums ist nun endgültig besetzt
worden. Dr. Hans Stegmann, bisher zweiter Direktor
des Germanischen Museums in Nürnberg, ist zum Direktor
des Bayerischen Nationalmuseums in München ernannt
worden. Mit der Vollziehung dieser Wahl entfällt auch
die vor einigen Wochen als geschehen geglaubte und auch
von uns mitgeteilte Berufung des Dr. Fr. H. Hofmann auf
diesen Posten. Da jene Meldung, die von den verschieden-
sten Seiten kam, offiziell nicht dementiert wurde, so scheint
es, daß beide Herren in der engsten Wahl gestanden
haben, und daß Dr. Stegmann zunächst sich nicht zu-
stimmend verhielt. Schließlich hat er aber doch wohl die
Berufung angenommen, so daß dann also der ältere vor dem
jüngeren Kandidaten den Vortritt bekommen mußte. Die
kunstwissenschaftliche Welt hat natürlich allen Grund, auch
mit der Berufung von Dr. Hans Stegmann sehr zufrieden
zu sein und das Museum zu seinem neuen Direktor zu
beglückwünschen. Hans Stegmann ist 1862 in Weimar
geboren; seine erste Arbeit behandelte die Rochuskapelle
in Nürnberg. Später galten seine wissenschaftlichen Lei-
stungen vornehmlich der Bearbeitung einzelner Abteilungen
(speziell der Spitzen und Gewebe) des Germanischen Mu-
seums. Auch über die für die Geschichte des Möbels
außerordentlich wichtigen Stücke der Sammlung Figdor
hat er gearbeitet. Das Bayerische Nationalmuseum gewinnt
in seinem neuen Direktor außerdem einen auf dem Gebiet
der Musemstechnik besonders bewährten und angesehenen
Fachmann. Erinnert sei noch daran, daß das Direktorat
fast zwei Jahre verwaist war und in dieser Zeit provi-
sorisch von dem ältesten der Konservatoren, Dr. Georg
Hager, verwaltet wurde. Der frühere Direktor war Dr. Hugo
Graf, der Anfang 1907 nach zehnjähriger Tätigkeit sein
Amt niederlegte.

Dresden. Zum zweiten vortragenden Rat in der
Generaldirektion der Sammlungen für Kunst und Wissen-
schaft wurde Dr. Hans Demiani ernannt. Er stammt aus
einer kunstsinnigen Leipziger Familie und wurde am 11. De-
zember 1857 in Leipzig geboren. Nachdem er dort und
in Berlin Jurisprudenz, Kunstgeschichte und Geschichte
studiert hatte, trat er 1889 in die sächsische Verwaltung
ein; im Jahre 1902 wurde er zum Oberregierungsrat er-
nannt. Demiani hat sich sowohl als Kunstsammler wie
als Schriftsteller bekannt gemacht. Seine Sammlung ist
namentlich reich an alten künstlerischen Zinnarbeiten, von
denen er oft auserlesene Stücke in Ausstellungen gezeigt
hat. Seit 1879 war er auch an allen größeren retrospek-
tiven Kunstausstellungen Sachsens an leitender Stelle be-
teiligt, besonders an denen in Dresden in den Jahren 1904,
1906 und 1908. In Leipzig war er nach dem Tode Prof.
zur Strassens bis zur Anstellung des neuen Direktors
Leiter des Kunstgewerbemuseums; der Leipziger Kunst-
gewerbeverein hat ihn zu seinem Ehrenmitgliede ernannt.
Demianis kunstgeschichtliches Hauptwerk ist: Francois
Briot, Caspar Enderlein und das Edelzinn (Leipzig 1897).
Eine Reihe Aufsätze von ihm wurden im »Neuen Archiv
für sächsische Geschichte«, im »Dresdner Jahrbuch 1905«
u. a. O. gedruckt. Demiani ist endlich auch Mitarbeiter
an dem Thieme-Beckerschen Allgemeinen Künstlerlexikon.

Zum 1. Vorsitzenden der Münchener Luitpoldgruppe
wurde wieder Professor Baer und zum 1. Vorsitzenden
 
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