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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Aus dem alten und dem neuen Düsseldorf
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Geisenheimer, Hans: Dokumentarisches zu Pietro da Cortona
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0146

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275

Dokumentarisches zu Pietro da Cortona

276

ihnen zu folgen, wird dem Leser oft schwer. Hier,
an ein enger umgrenztes Thema gebunden, beweist
der Verfasser eine Feinfühligkeit des Auges, wie sie
unter den berufsmäßigen Kunstschriftstellern nicht eben
häufig gefunden wird. Die auf Seite 29 abgebildete
Hochzeitsplakette für Fräulein Barbara Krupp, die
eine auf ein geschlossenes Tor zuschreitende Frauen-
gestalt zeigt, wird in dieser Weise erläutert:

»Es tritt z. B. mit der Aufgabe, eine Hochzeits-
medaille zu schaffen, die Idee »Ehe« vor den Künstler
und fordert einen sinnfälligen und bedeutsamen Aus-
druck. Es klingen die Begleitgedanken: Lebensgang,
Pforte neuen Lebens, Tor der Zukunft auf, mit dem
Mitklang der Vorstellungen: heiliges Frauenschicksal,
Tempel, Opfer und Priesterin, und führen zur Vision
der einsam, weihevollen Ernstes, der verschlossenen
Pforte zuschreitenden Frauengestalt, die ganz Wille
zum Geschick ist, Opfer und Priesterin. Die freie
Relieffläche selbst, leer hingespannt als weit einsamer
Raum, empfängt Beziehung, Rede und Lebendigkeit
als Trägerin dieser Bewegung, läßt die Schicksals-
einsamkeit des Individuums fühlen«.

In sehr bemerkenswerter Weise wird im Anschluß
an derartige Analysen einzelner Kunstwerke der Ver-
such gemacht, an dem Entwicklungsgange Bosselts
den »Klärungsprozeß, den unsere moderne Kunst im
großen durchgemacht hat«, darzulegen. Ich gestehe
dankbar, lange nicht mehr so Selbständiges und Durch-
dachtes über moderne Kunst gelesen zu haben, wie
in diesen knappen Seiten. Dieses neue Düsseldorf, ohne
Düsseldorferei, hat eine Zukunft. Es wird ihm freilich
nie von der »Woche« gehuldigt werden. c.

DOKUMENTARISCHES ZU PIETRO
DA CORTONA
Das wachsende Interesse für Pietro da Cortona
macht es wünschenswert, die Chronologie seiner Decken-
fresken im Palazzo Pitti möglichst genau zu bestimmen
und die aus stilistischen Erwägungen hergeleitete
Annahme, der Künstler habe mit der Ausmalung der
Sala di Venere begonnen, urkundlich zu stützen.
Die üblichen archivalischen Methoden liefern aber in
diesem Falle schlechte Ergebnisse, da die Mehrzahl
der betreffenden Dokumente, in ganz unbestimmten
Ausdrücken gehalten, nicht erkennen läßt, um welche
Räume es sich jeweils handelt; und erst als Ciro Ferri
eintritt, um seines Lehrers unvollendet hinterlassenes
Werk aufzunehmen, führt ein glücklicherweise er-
haltenes Hofdiarium uns auf sicheren Pfad. Oleich-
wohl kann man es wenigstens wahrscheinlich machen,
daß die Ausschmückung der Zimmerflucht, von der
Sala di Venere beginnend, nach Nordosten zu fort-
schritt.

Saturno

Giove

Marte

Apollo

Venere

Pietro da Cortona legte Ende 1639 die letzte
Hand an die Deckenmalerei der Sala Barberini und
ging 1640 nach Florenz, um die (1637 unterbrochene)
Ausmalung der Camera della Stufa (Pal. Pitti) zu
beenden. Er scheint dann das Altarbild für die

Franceschi in S. Michele e Gaetano ausgeführt zu
haben. Die Arbeiten in den Planeten - Stanzen be-
gannen im Frühjahr 1641 und beschäftigten ihn
(mit Unterbrechungen) bis zu seiner endgültigen Rück-
kehr nach Rom, Herbst 1647. In diesem Zeitraum
vollendete er drei Stanzen und hinterließ unfertig
die Sala d'ApoIlo.

Die »prima stanza« war im Herbst oder Winter
1642 beendet. Bald darnach schlug man die Gerüste
in der Sala d'Apollo auf, überging aber dann diesen
Saal zugunsten zweier anderen. Wir gehen kaum
fehl mit der Vermutung, daß es sich dabei um die
Sala di Marte und Sala di Giove handelte. Der letztge-
nannte Raum diente in der Folgezeit öfters zu zere-
moniellen Empfängen, und da ihn das Hofdiarium
zum erstenmal im Mai 1646 erwähnt, dürfen wir
annehmen, es sei der 1645 vollendete Saal gewesen.
(Vergl. Bottari, Lettere, I, 305). Die Ausführung des
großen Deckenfreskos in der Sala di Marte ging wohl
vorher, das Jahr 1643 erfüllend. (Zahlungen für Ver-
goldungsarbeiten an einer »seconda stanza« laufen
vom Dezember 43 bis April 44.)

Der Künstler erhielt — soviel bisher festzustellen
war — eine letzte offizielle Zahlung (1000 Dukaten) am
2. Januar 1645 »a conto di lavori che fa«. Er muß seit
1646 die Arbeiten in den Stanzen vernachlässigt haben,
vielleicht infolge Bestellungen von Staffeleibildern
— wie es denn kein bloßer Zufall sein dürfte, daß
sich deren zehn in den verschiedenen Medici-Inventaren
vom Ende des Seicento finden.

Ciro Ferri vollendete 1659—60 die Sala d'Apollo
und ging im Sommer 1663 an die Ausmalung der Sala di
Saturno; ob sie seinen zweiten Florentiner Aufenthalt-
es Spätsommer 65) allein ausfüllte, ist zweifelhaft

Das gesamte dokumentarische Material, auf dem
diese kurze Notiz beruht, soll demnächst in italienischer
Form ausgebreitet werden. Hier mögen nur folgende
Zitate Raum finden:

I. Aus einem Briefe Pietros an Michelangelo
Buonarroti den Jüngeren; Rom, 24. September 16391):

». . . adesso sto nel terminare l'opera de la sala
dei sig. Cardinali Barberino quäle sto al fine, e di
giä ho cominciato a levare parte dei ponti, il che mi
ha portato piü tempo che io non credevo, si per essere
l'opera grande si ancora per essere in Roma, dove
e necessario le cose ridurle bene . . . perö spero che
per un mese e mezzo ci sarä da fare che anco adesso
si dorerä il cornicione che ci gira intorno, si che per
essere la stagione inanzi, fo pensiero che a Marzo di
essere costi, se mentre sarä di gusto di Sua Altezza
che finischi la stanza cominciata«.

II. Aus einem Briefe Pietros an den Kardinal Bar-
berini; Florenz, 30. Dezember 16422):

». . . dar parte a V. E. che avendo io finito di
dipingere la stanzia di S. A., spero di essere alla fine
di Gennaro a Roma . . .«

III. Derselbe an denselben; Florenz, 14. Juni 16478):
». . . e perö torno a replicare che Io spedire l'opera

1) Archivio Buonarroti, Nr. 412.

2) Bibl. Vatic, Barb. Lat. 6458, f. 49 a.

3) Cod. cit., fol. 62 t .
 
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