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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0189

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36i

Nekrologe

362

den bürgerlichen Stand der Stadt-Kolonie, Municipiumusw.—
ausdrücken, kurz behandeln. Frothinghams Theorie, die
nach ihrer Vorlage auf dem Athener archäologischen Kon-
greß sofort Zustimmung fand, hat aber durch seine neuen
Untersuchungen noch vielerlei Stützen gefunden; und daher
können wir uns mit Curtis' theoretischen Erörterungen gar
nicht einverstanden erklären. Der Wert seiner Abhandlung
besteht in der sehr brauchbaren Zusammenstellung und
Beschreibung der von ihm herangezogenen Triumphbogen-
bauten, die er in fünf Perioden eingeteilt — Augusteisch,
Tiberius-Hadrian, Hadrian bis Septimius Severus, von da
bis Konstantin, und letzte Periode bis zum Ende des Reiches
— aus Italien, Afrika, Gallien, Spanien, Österreich, Istrien,
Dalmatien, Griechenland, Kleinasien — vorführt. Die dazu
gehörigen Abbildungen sind ganz vortrefflich. m.

Führer durch die Kunst- und historischen Samm-
lungen des Großherzoglich hessischen Landes-
museums in Darmstadt. Mit 48 Tafeln. Darmstadt,
1908.

Der lang erwartete Führer brachte eine überaus freu-
dige Überraschung. Das ist einmal ein Buch, wie wohl
jeder, der sich gelegentlich in ästhetischen, volksbildenden,
kulturellen Zukunftsträumen wiegt, es sich schon aus-
gemalt hat. Ein wirklicher Führer, der einen führt und
einführt, der den Laien so gut wie irgend ein flottgeschrie-
benes Feuilleton zu fesseln vermag und dem Kenner eine
Fülle wertvoller Notizen vermittelt. Es ist ein Genuß,
darin zu blättern. Mit feinstem Verständnis sind die ver-
schiedenen Gebiete behandelt; eine Arbeit, die bei der
Mannigfaltigkeit der Sammlung und der zum Teil in wissen-
schaftliche und Schausammlung gegliederten Aufstellung
die größte Umsicht erforderte. Das Darmstädter Museum
nimmt auf dem Gebiete der modernen Museumskunst einen
vorbildlichen Rang ein. Es zeichnet sich durch eine unver-
gleichliche Übersichtlichkeit aus. Ein Museum, aus dem
der Besucher ohne Ermüdung scheidet. Dieses Prinzip,
bei aller Sachlichkeit nicht zu ermüden, ist auch in dem
»Führer« festgehalten. Voran die »Geschichte der Samm-
lungen«, Entstehung und Werdegang; dann die einzelnen
Abteilungen. Nirgends eine trockene Aufzählung; sondern
überall lebendige Schilderung der Zeit, der Kultur, als
deren Beispiele dann die einzelnen Stücke gezeigt und er-
klärt werden. Man hat das Gefühl, mit einem Fachmann
im Gespräch durch die Räume zu wandern. Ein Gespräch,
das sich mit seinen unendlichen Berührungspunkten
fortwährend vom Einzelnen zum Ganzen, und wieder
zurück aufs Einzelne bewegt, in dem keine technische Er-
läuterung vergessen, kein kunsthistorisches Datum außer
acht gelassen, kein geschichtlicher Kontur und keine stil-
kritische Beobachtung vernachlässigt wird. Es ist eine
Kunstgeschichte, hervorgegangen aus den Anregungen, die
das Museum gibt. Als Verfasser der einzelnen in gleicher
Weise vortrefflich und anregend geschriebenen Abhand-
lungen zeichnen die bewährten Vorstände des Museums:
der Direktor der Kunst- und historischen Sammlungen Prof.
Dr. Fr. Back, sowie für ihre Spezialfächer die Herren
Kustoden Prof. Dr. Müller und Prof. Dr. Kienzle. Man
möchte dem Führer nur noch eins wünschen: daß er Nach-
ahmung fände! m. e.

NEKROLOGE

Am 23. März verstarb in Bonn in hohem Patriarchen-
alter ein Gelehrter, dessen Name vor einem Menschen-
alter in den Rheinlanden und in der archäologischen Welt
Deutschlands und Österreichs ein wohlbekannter war, Pro-
fessor Dr. Ernst aus'm Weerth. Seinen 80. Geburtstag,
den er im nächsten Monat hatte feiern sollen, und an dem

besondere Ehren für den verdienten Mann geplant waren,
hat er leider nicht mehr erlebt. Ernst aus'm Weerth
stammte aus einer alten Bonner Familie und war mit der
Geschichte und den Traditionen der Stadt Bonn seit seiner
Jugend verwachsen. Er hatte noch zu dem Kreise von
Ernst Moritz Arndt gehört; Karl Simrock hatte er nahe ge-
standen. Er war vor allem eng befreundet gewesen mit
Karl Schurz, Adele Schopenhauer, Gottfried Kinkel und
dessen späterer Frau — die Freundesbriefe von Gottfried
Kinkel hatte er noch vor kurzem in der Deutschen Revue
veröffentlicht. Peter von Cornelius hatte einst den be-
gabten und für die Kunst begeisterten jungen Mann mit
nach Italien genommen; als sein literarischer Gehilfe hatte
er sich zuerst versucht und seine Studien begonnen. In
ausgedehnten dauernden Reisen in Deutschland und im
Auslande hatte er sich auf eigenen Bahnen eine für die
damalige Zeit ganz außerordentliche Kennerschaft zumal
auf dem Gebiete der mittelalterlichen Kunst erworben, ähn-
lich wie der ihm im Alter gleichstehende Aachener Ka-
nonikus und Forscher Dr. Franz Bock. Im Jahre 1857 be-
gann er sein Hauptwerk: »Die Kunstdenkmäler des christ-
lichen Mittelalters in den Rheinlanden«, dem dann in den
siebziger Jahren eine zweite Abteilung »Die Wandmalereien
der Rheinlande«, in der Hauptsache eine Publikation der
drei Zyklen von Schwarzrheindorf, Brauweiler, Ramersdorf
umfassend, folgte. Ernst aus'm Weerth darf das Verdienst
für sich in Anspruch nehmen, zuerst die Denkmälerschätze
unserer Provinz systematisch durchforscht und veröffent-
licht zu haben. Sein in größtem Folioformat publiziertes
Tafelwerk ist heute noch nach einem halbem Jahrhundert
eine unenentbehrliche Quelle. Daneben gehen eine An-
zahl von vortrefflichen Monographien her, von denen einige,
so die über den Mosaikboden von St. Gereon und über
das Siegeskreuz von Limburg grundlegend geworden sind.
Seine Arbeit galt vor allem der römischen und frühmittel-
alterlichen Vorzeit unserer Provinz. Auch hier hatte er
systematische Arbeit geleistet oder vorbereitet in einer Zeit,
die diesen Aufgaben noch ziemlich fern und kühl gegen-
über stand, vor allem bevor die Universität sich mit diesen
provinzialen Dingen zu beschäftigen begann. Ausgrabungen
in Xanten, Bonn, Andernach, in Nennig und Fließem und
von einer Reihe weiterer römischer Villen machten seinen
Namen damals bekannt. Die Bonner Jahrbücher jener
Jahrzehnte enthalten eine Fülle von wichtigen Aufsätzen
von ihm. Aus'm Weerth blieb in gewissem Sinne viel-
leicht sein Leben lang Autodidakt; aber Autodidakt wie
Lenoir und du Sommerard dies gewesen. Was ihm an
historischer Schulung vielleicht fehlte, ersetzte er durch
eine größere Materialkenntnis. Für die große Publikation
Napoleon III. über die Feldzüge Julius Cäsars hatte er die
Rheinlande bearbeitet und war wiederholt vom Kaiser in
den Tuilerien empfangen worden. Er war eng befreundet
mit den ersten französischen Forschern, vor allem Darcel
und de Linas, wie mit den deutschen Forschern und Samm-
lern, vor allem August v. Essenwein, von Hefner-Alteneck,
von Cohausen. Als 1869 der erste internationale archäo-
logische Kongreß in Bonn zusammentrat, leitete er als
Sekretär dessen Geschäfte, an der kunsthistorischen Aus-
stellung zu Düsseldorf im Jahre 1880 hatte er den wesent-
lichsten Anteil. Im nächsten Jahrzehnt stand aus'm Weerth
an der Spitze des Vereins von Altertumsfreunden im Rhein-
lande, der durch sein Eintreten neue Lebenskraft gewann.
Als in erster Linie auf sein unablässiges Werben hin und
im Anschluß an ein von ihm ausgearbeitetes Programm
die rheinische Provinzialverwaltung sich entschloß, eigene
Provinzialmuseen zu errichten, ward er als erster Leiter
und Begründer des Bonner Provinzialmuseums berufen.
Bis zum Jahre 1883 hat er diese Stellung inne gehabt.
 
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