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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Maas, Max: Der zweite internationale archäologische Kongress: (Alexandrien - Kairo)
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0219

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Der zweite internationale

archäologische Kongreß

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1900—1902 gemachten Ausgrabungen waren die
große Freitreppe, das oberste Ende der Auffahrt, das
die Kuppel tragende Propylon, die Reste eines vor-
griechischen Tempels, die Bibliothek, der Serapis-
Tempel in ihren Grundrissen erkannt worden. Auch
diese Arbeit sind der Munifizenz Ernst Sieglins zu ver-
danken und der dritte Band des Publikationswerkes
dieser Expedition wird die Resultate der Ausgrabungen
am Serapeion bringen. — Der verdiente Direktor des
Alexandriner Museums Breccia mußte seinen für
Alexandrien bestimmten Vortrag auf Kairo verschieben.
Dieser glänzende Redner sprach über die Guirlando-
manie der alten Alexandriner, der er pures Sentimento,
Liebe zu Blumen, und keine religiösen Gründe unter-
legte. Diese Guirlandomanie hat ganz wundervolle
Kunstwerke gezeitigt, und man staunte in dem Mu-
seum von Alexandria vor diesen entzückenden Bronze-
kränzen, die entweder dem Toten um das Haupt ge-
legt oder bei Verbrennung um den Hals der Urne
geschlungen worden waren. Auch frische Blumen
wurden dem Toten der alten Griechenstadt mit ins
Grab gegeben; und wie immer finden sich als Ersatz
für vergängliche Totenbeigaben auch solche in Ton.
Breccia konnte aus Ton gebildete Blumen im Abbild
vorlegen und blumentragende Figuren, welche die
einzigartige Blumen- und Guirlandenliebhaberei der
Alexandriner charakterisieren. — Die Nekropole von
Kom-es-Schukafa und das in den letzten Jahren zu
hoher Bedeutung herangewachsene, unter Breccias
Leitung stehende Museum zeigten den in Alexandrien
weilenden Kongreßmitgliedern, daß diese Stadt dem
klassischen Archäologen viele Eindrücke und An-
regungen schenken kann; und der Eifer der Alexan-
driner Munizipalität sowie der dortigen archäologischen
Gesellschaft haben das Wort des Kaisers Hadrian
»Hic nummus solus Deus« zunichte gemacht.

Zu Kairo sprach in der Sektion »Präklassische
Archäologie« zunächst Steindorff (Leipzig) über seine
Ausgrabungen bei der Chefren-Pyramide, wohin er
auch zwei Tage vorher eine Anzahl Kongressisten ge-
führt hatte. (Leider konnte ich dieser gerühmten
Führung nicht beiwohnen, weil ich in derselben Zeit
durch den Leiter der Khedivialen Bibliothek Dr. Moritz
in die alten Moscheen geführt wurde.) Steindorff
durfte mit Stolz von diesen Ausgrabungen sprechen,
die ebenfalls dem Stuttgarter Mäzen Sieglin zu ver-
danken und in der archäologischen Geschichte Ägyp-
tens eine erste Stelle einzunehmen bestimmt sind.
In der nächsten Nähe der großen Pyramide hat man
im November 1908 mit den Arbeiten begonnen
und Steindorff sowie seine Mitarbeiter Hölscher und
Abel haben in kurzer Zeit so bedeutende Resultate
erzielt, daß der Leipziger Ägyptologe jetzt bereits
einen vollständigen Plan des höfe-, säle- und kam-
mernreichen Chefren-Tempels vorlegen konnte, der
auf der Ostseite der großen Pyramide gestanden hat.
Einzelfunde sind dabei nicht gemacht worden; der
Tempel wurde bereits im mittleren Reich zerstört.
Reliefs und Säulen haben ihn nicht geschmückt, aber
seine Wirkung war durch das Material (Rosengranit
von Assuan) und dessen Macht (Pfeiler bis zu

90000 Kilo Gewicht) eine gewaltige. — Hermann
Thiersch versuchte in interessanten Darstellungen
der Ausgrabungen zu Tell-el-Mutesellim (Megiddo)
in Palästina dafür zu erwärmen und namentlich die
Ägyptologen für die Fortsetzung der Arbeiten daselbst
zu interessieren; denn es handelt sich jetzt um die
präkanaanitische, ägyptische Eroberungsschicht in Me-
giddo. Dabei warf der Redner auch interessante
Streiflichter auf die Tätigkeit von Theologen bei
palästinischen Ausgrabungen, deren Mitwirkung natür-
lich notwendig ist, die aber doch erst nach Voll-
endung der archäologischen Arbeit in Tätigkeit treten
sollen. — Cartailhac (Toulouse) zeigte prähistorische
Paletten aus Südfrankreich, die zweifellose Analogien
zu den berühmten ägyptischen des alten Reiches ab-
geben. — Cavvadias (Athen) sprach über seine Aus-
grabungen bei Masakarata auf Kephallonia, wo durch
neueste Ausgrabungen 12 Grabhöhlen mit 47 intakten
Gräbern zum Vorschein gekommen sind, so daß mit
den vorher schon aufgedeckten 16 Felsengräber mit
75 einzelnen Begräbnissen zur Untersuchung vor-
liegen. Mykenische Scherben finden sich hier mit
gut erhaltenen Vasen einheimischer Fabrikation zu-
sammen. Der mykenische Import dauerte vom 15.
bis zum 12. Jahrhundert. Zwischen Ost und West
sind keine Unterschiede in der Art der Funde aus
der mykenischen Kulturwelt. Es wurden auf Kephal-
lonia auch Gold-, Bronze- und Glasgegenstände ge-
funden. Die Bestattungsweise ist ohne Brand in
Hockerstellung. — A. Hamilton Smith (London) be-
richtete über die in Irland im Besitze des Marquis
von Sligo gefundenen Säulenteile vom Schatzhaus des
Atreus in Mykene, die bei der Rekonstruktion im
britischen Museum mit verwendet worden sind. —
Auch das prähistorische Spanien sollte Beziehungen
zu Ägypten gehabt haben; aber Pierre Paris (Bor-
deaux) hat die phantastischen Ideen der Spanier von
primitiven Beziehungen Spaniens zu Ägypten zunichte
gemacht. Die Legenden, wie die von Osiris, der
prähistorische spanische Throne gestützt haben soll,
und von Horus, der mit dem libyschen Herkules zu
identifzieren ist, haben sogar in Fälschungen ihren
Niederschlag gefunden. Ein 1850 zu Saragossa auf-
getauchter Ibero-ägyptischer Sarkophag mit ganz kind-
lichen Darstellungen ist eine Fälschung in majorem
gloriam solcher uralten Beziehungen zwischen Ägypten
und der pyrenäischen Halbinsel. — In glänzender
Weise sprach G. Karo vom Deutschen archäologischen
Institut in Athen über mykenische und ägyptische
Waffen. Eine neue Untersuchung der mykenischen
Schachtgräberfunde ist mit Rücksicht auf die Ver-
bindung des Ägäischen Meeres mit Ägypten im
zweiten Jahrtausend vor Christus notwendig. Karo
hat bereits für die Waffen das Material gesammelt
und zieht zum Vergleich mit den wundervollen my-
kenischen Waffen, die man heutzutage in den glän-
zenden Reproduktionen der Geislinger Anstalt fast in
jedem Museum bewundern kann, den Dashur-Dolch
aus der zwölften ägyptischen Dynastie und andere
köstliche ägyptische Waffen heran. Karo nimmt an,
daß die mykenischen Künstler die Metallpolychromie
 
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