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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Cohen, Walter: Das Hetjens-Museum in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0225

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XX. Jahrgang 1008/1909 Nr. 27. 28. Mai.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

DAS HETJENS - MUSEUM IN DÜSSELDORF
Die Düsseldorfer haben jetzt ein Museum für
rheinisches Steinzeug. Die Sammlung Hetjens hätte
im Kunstgewerbemuseum manche Lücke in sehr will-
kommener Weise ausgefüllt. Aber das Testament
des in Aachen verstorbenen Rentners L. H. Hetjens,
eines geborenen Düsseldorfers, machte die Errichtung
eines besonderen Neubaues, möglichst »im Renaissance-
stil der Düsseldorfer Kunsthalle«, zur Bedingung, auch
war eine Summe von 150000 Mark zu diesem Zwecke
ausgesetzt worden. Es fehlte nicht viel und die Stadt-
verordneten hätten auf Annahme des Legates verzichtet.
Das Museumsgebäude, das sich jetzt am Rhein, un-
mittelbar neben dem Kunstpalast erhebt, umgeht resolut
die Schwierigkeit, ein Vorbild nachzuahmen, das eher
ein Abschreckungsmittel ist, und begnügt sich, in ganz
schlichter, fast nüchterner Bauweise, vor allen Dingen
einen durch sehr gute Beleuchtungsverhältnisse aus-
gezeichneten Zweckbau darzustellen. Die Mittel hätten
auch zu einem Prunkhaus, wie Herr Hetjens es ge-
wünscht hätte, kaum ausgereicht. Aber darin ist dem
Donator Genüge getan: an der Front liest man in
großen Lettern: »Museum Hetjens«.

Entbehrt so die Vorgeschichte dieses neuesten
rheinischen Kunstmuseums nicht einer gewissen Komik,
so hat die kunstgewerbliche Forschung doch allen
Anlaß, den Entschluß der Düsseldorfer Stadtverord-
neten wohlgefällig zu begrüßen. Die übersichtlich
aufgestellte Steinzeugsammlung ist für die Geschichte
dieses Kunstzweiges und zwar in erster Linie für die
Töpfereien von Siegburg und Raeren von allergrößtem
Wert. Die Sammlung Hetjens ist keine Schausamm-
lung von Qualitäts-Charakter wie die in ihrer Art
einzige Steinzeug-Sammlung des Freiherrn Albert v.
Oppenheim, Köln, sie trägt auch nicht den vornehmen
Charakter der aufgelösten Sammlung Thewalt, aber
sie ist dafür reich an bedeutsamen, historisch-lehrreichen
Objekten. Viele Funde aus Siegburg, vor allem aus
Raeren, aus Nachgrabungen, die der Kaplan Dornbusch
vor etwa dreißig Jahren veranstaltet hat, haben hier
ihre Aufstellung gefunden, und daneben fehlt es nicht
an Schaustücken, wie Herr Hetjens sie auf Auktionen
von der Bedeutung der Spitzerschen und der Auktion
Felix erwerben konnte. Indem Otto von Falke in
seinem im vorigen Jahre erschienenen abschließenden
Werke über das rheinische Steinzeug eine große An-

zahl von Objekten der Sammlung Hetjens, dabei
manche Unika, besprochen und abgebildet hat, konnte
er ihre Bedeutung auch für solche Zweifler festlegen,
die an der Vorgeschichte dieser Museumsgründung,
besonders an Einzelheiten des Testamentes, Anstoß
genommen hatten.

Von den vier wichtigsten Gruppen des rheinischen
Steinzeugs tritt das kölnische mit Ausnahme der gut-
vertretenen Eigelstein-Werkstatt, in den Hintergrund;
die gotisierende Werkstatt der Maximinsstraße, deren
mit Eichenzweigen und Rosenranken dekorierten
bauchigen Krüge unserm heutigen durch Japan und
moderne Keramik geschulten Geschmack am meisten
zusagen möchten, ist so gut wie gar nicht in dem
neuen Museum vertreten. Das blaue Westerwälder
Steinzeug, das die Sammlung Ernst Zais im Kölner
Kunstgewerbemuseum so mustergültig veranschaulicht,
hat zwar nicht viele, aber doch einige sehr gute
Exemplare aufzuweisen, dabei einen schönen Ringkrug
in Blau und Manganviolett. Die spätere Entwickelung
vom aufgelegten Dekor zum geritzten Flachmuster,
das in seiner Mannigfaltigkeit alle guten Geister volks-
tümlicher Erfindung bannt, läßt sich hier nicht wohl
studieren; doch ist ja dazu Gelegenheit in Köln und
kleineren lokalen Sammlungen der Rheinprovinz, ferner
in Wiesbaden, Mainz und im städtischen historischen
Museum zu Frankfurt gegeben, ganz abgesehen von
mehreren kleineren Privatsammlungen, die diesen häufig-
sten und — billigsten Typus als Spezialität pflegen1).
Zum Studium der Siegburger Keramik dagegen ist
die Sammlung unentbehrlich und gerade die eigent-
liche Blütezeit, die zweite Hälfte des sechzehnten
Jahrhunderts, ist durch alle Hauptmeister und die
verschiedensten Gattungen mit ihrem Reichtum an
Gefäßformen erstaunlich vielseitig vertreten. Von
Christian Knütgen ist unter anderem die früheste be-
zeichnete Arbeit, die Noahschnelle von 1568 (Abbil-
dung bei Falke I, Tafel VII) vorhanden, der Meister

1) Parallel geht die am Niederrhein, besonders in der
Krefelder Gegend, einheimische Herstellung bleiglasierter
Tonwaren mit ihrer eigentümlichen Sgraffitotechnik. Gute
Beispiele besonders im Kaiser-Wilhelm-Museum zu Krefeld
und in der interessanten Sammlung des Kommerzienrats
Karl Scheibler, Köln, ferner in den lokalen Sammlungen
von Duisburg, München-Gladbach und im Bonner Provinzial-
museum.
 
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