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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Schmidt, Karl Eugen: Der Salon der Société nationale
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Zur Frage der Wiederbesetzung der Stelle des zweiten Direktors am germanischen Museum in Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0228

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Zur Frage der Wiederbesetzung der Steile des zweiten Direktors am German. Museum in Nürnberg 440

Es seien noch erwähnt die schönen spanischen
Gärten von Rusinol; die überaus delikaten und ge-
schmackvollen bretonischen Küsten- und Fischerbilder
von Ulmann; der frohe und helle Frühstückstisch am
offenen Fenster mit dem Blicke auf das Meer von
Lucien Simon, der uns den nämlichen Erker schon
einmal in festlicher Abendbeleuchtung gemalt hat; die
keck und sicher hingestrichene Leserin von Martha
Stettier; das in anmutigen silbernen, rosigen und zart-
grünen Tönen gehaltene Frühlingsbild mit der Gruppe
junger Mädchen von dem Mexikaner Ramos Martinez;
die nun auch schon etwas sehr bekannten Wäscherinnen
am Bache von Lhermitte; die wiederum schon oft ge-
sehenen schönen Abendstimmungen von Le Sidaner;
die prächtigen venezianischen Farbenfanfaren von
Guillaume Roger; die geschmackvollen Landschaften
von J. J. Gabriel; die mit sicherem Geschmack und
männlicher Kraft gemalte »Großmutter« von Alice
Dannenberg; die bretonischen und die ägyptischen
Szenen von Charles Cottet, der das sonnenglühende
Kairo genau ebenso schwarz wiedergibt wie die me-
lancholische Bretagne, und die »Heidnische Gruppe«
von Caro-Delvaille, der sich hier lange nicht so
glänzend bewährt wie in seinen früheren Porträt-
gruppen.

Daß Dagnan-Bouveret den Clou in der Abteilung
der Zeichnungen hat, ist schon erwähnt. Er füllt
einen ganzen Saal mit 133 Zeichnungen, die ihn als
einen sehr gewissenhaften Bewunderer und Nacheiferer
des großen Zeichners Ingres ausweisen. Wie seinem
Meister könnte man ihm allzu große Korrektheit,
Glätte, Kälte und Unpersönlichkeit vorwerfen, wenn
man zum Tadel aufgelegt wäre. Jedenfalls aber können
die jungen Maler hier mehr lernen als bei den wilden
Männern der Unabhängigen und des Herbstsalons,
die freilich leichter nachzuahmen sind und darum
mehr Nachfolger finden.

In der Plastik wird der Clou von der posthumen
Ausstellung des vor kurzem verstorbenen Bildhauers
Alexander Charpentier geliefert. Da ich damals an
dieser Stelle die Kunst dieses Bildhauers besprochen
habe, erwähne ich hier nur, daß außer dem großen
Relief der Schreiner, das bestimmt war, gleich dem
Bäckerrelief in Fayence ausgeführt zu werden, und
dem Gipsmodell des Denkmals für den Maler Charlet,
die kleineren Arbeiten Charpentiers und ganz beson-
ders seine Plaketten und Medaillen beinahe vollständig
zusammengebracht worden sind, also daß sich hier
eine ohne Zweifel nie wiederkehrende Gelegenheit
bietet, diesen größten Meister der modernen Plakette
kennen zu lernen. Rodin hat nur eine einzige weib-
liche Büste gesandt, die wohl auch von seinen blin-
desten Verehrern nicht zu seinen Perlen gezählt wer-
den wird. Auffällig viele deutsche Skulpturen sind
zu diesem Salon hergesandt worden; Hugo Lederer
hat das Gipsmodell seines Fechterbrunnens geschickt,
Max Lange eine vortreffliche Bronzebüste. Im allge-
meinen ist diese Abteilung nicht sehr gut, und die
Jury scheint hier viel weitherziger gewesen zu sein
als in der Malerei, vermutlich weil sie Mühe hatte,
die Skulptursäle zu füllen.

Bei den kunstgewerblichen Gegenständen wird der
Clou von Rupert Carabin beigebracht, der diesmal ein
Möbel ausstellt, an dem auch die früheren Tadler
dieses eigenartigen Künstlers nichts auszusetzen haben
werden. In der Tat ist es richtig, daß Carabin bei
früheren Möbeln mitunter allzu sehr Bildhauer gewesen
ist und über dem figürlichen Schmuck die Anwend-
barkeit und somit den Endzweck seiner Arbeiten bei-
nahe vergessen hätte. Dies ist bei seinem kleinen
Büfett nicht der Fall, denn hier bildet die aus-
schmückende Skulptur einen unlöslichen und not-
wendigen Teil des ganzen Aufbaues, ohne darum
irgendwie störend hervorzutreten. Carabin ist außer-
dem mit einer ganzen Anzahl kleinerer Holzarbeiten
v<*treten, die eigentlich zur Plastik gehören: Die Büste
eines jungen Mädchens in elsässischer Tracht, die
Statuette eines nackten kleinen Mädchens, sieben oder
acht »Froschweiber«, die sich am Rande eines Tümpels
herumtummeln, alles aus Birnenholz geschnitzt und die
außerordentliche technische Geschicklichkeit Carabins
nicht weniger bekundend als sein hervorragendes Ge-
fühl für plastische Gestaltung.

Endlich haben auch die Architekten ihren Clou:
F. Garas hat einen ganzen Saal mit seinem »Tempel
des Gedankens« angefüllt; in der Mitte ein großes
Gipsmodell, an den Wänden Zeichnungen, Pläne,
Aquarelle, Ölgemälde, welche den Tempel von allen
Seiten, von außen und innen darstellen. Hoch oben
auf einem steilen Felsen berge soll sich der Bau er-
heben, die flache Kuppel soll das Insichselbstversenken
des Denkers symbolisieren, der spitz gen Himmel auf-
ragende Turm das Aufwärtsstreben des menschlichen
Geistes. Das ist sehr schön, und außerdem können
wir als ein Kompliment an die deutsche Nation
quittieren, daß Garas seinen Tempel dem Andenken
Beethovens gewidmet hat. Aber darum werden es
unsere Urenkel doch nicht erleben, diesen Bau auf
seinem Berge zu sehen. Allerdings kann man so
etwas nie so genau wissen. Wer weiß, ob nicht ein
Carnegie oder sonst ein amerikanischer »Wohltäter
der Menschheit« erscheint und sich so etwas bauen
läßt, um seinem Namen die gewünschte Reklame zu
machen.

Die Radierung ist die einzige Abteilung ohne Clou.
Aber da sind sehr schöne schwarze Radierungen von
Chahine, Bejot, Beurdeley, Cottet, Mordant, Villon
und Dauchez, farbige Radierungen von Eugen Delätre,
Jourdain, Latenay und Le Riehe, Holzschnitte von
Bertrand und Laboureur usw.

KARL EUGEN SCHMIDT.

ZUR FRAGE DER WIEDERBESETZUNG DER
STELLE DES ZWEITEN DIREKTORS AM GER-
MANISCHEN MUSEUM IN NÜRNBERG
Der »Cicerone« hat in Heft 8 die Nachricht gebracht,
Direktor von Bezold habe nunmehr selbst den Wunsch
ausgesprochen, in seiner Tätigkeit als Leiter des Ger-
manischen Museums durch einen zweiten Direktor unter-
stützt zu werden. Diese Nachricht ist, wie ich auf das
Bestimmteste versichern kann, unrichtig. Direktor von Be-
zold hatte bisher weder Anlaß noch Gelegenheit, zu der
aufgeworfenen Frage Stellung zu nehmen, da der Verwal-
 
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