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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0016

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'5

Vereine — Vermischles

16

von der Hand frommer Nachkommen aus dieser Zeit. In
viel, viel späterer Zeit wurde die Maat an eine Ooldkette
befestigt; diese Ooldkette scheint aus der christlichen Zeit
zu stammen; und so hat die Generation von über ein
Jahrtausend später noch den Ahnherrn Utcha-Heru-A geehrt.

M.

München. Am 18. September wurde die neuerbaute
Schackgalerie feierlich eröffnet. Die Schackgalerie bildet
jetzt einen selbständigen, aber mit dem Hauptbau ver-
bundenen Teil der Preußischen Oesandtschaft. Ihr Erbauer
ist Professor Max Littmann, der ja dem modernen München
an vielen Stellen den Stempel seines Geschmacks aufge-
drückt hat. Der Bau erhebt sich unweit des National-
museums jenseits der Isar. Das Äußere wirkt als statt-
licher Renaissancetempel, gut und ansehnlich. Das Urteil
über die innere Anordnung und Ausstattung der Galerie-
räume ist geteilt: Manchen waren die bedrängten alten
traulichen Verhältnisse sympatischer, viele wieder empfinden
den Inhalt der Sammlung durch die jetzige Auflösung in
Kabinette und weite Ausbreitung reicher und voller. Diese
Ausbreitung ist besonders dem Werke Schwinds zugute
gekommen. Den Lenbachschen Kopien ist wieder der
Prunksaal vorbehalten worden, der überdies bei festlichen
Veranstaltungen der Oesandtschaft in deren Repräsentations-
räume einbezogen werden kann.

Die städtische Kunstsammlung in Rostock ist im
Auftrag des dortigen Kunstvereins von Dr. O. J. Kern neu
geordnet und katalogisiert worden. Einige gute Stücke,
wie z. B. eine Landschaft von der Art des Patinier, zwei
Werke des Stillebenmalers Kalf und ein Sittenbild des
Peter van Laar kommen durch die Neuordnung zu be-
sonders schöner Wirkung.

Die Karlsruher Festlichkeiten zu Ehren von Hans
Thomas 70. Geburtstag begannen am 2. Oktober vor-
mittags mit der Eröffnung des Thoma-Museums in
der Kunsthalle. Abends fand im Museum die Feier des
Künstler-Vereins statt; ein von Albert Geiger verfaßtes
Märchenspiel bildete den Rahmen zu einer Vorführung
lebender Bilder nach Motiven Thoniascher Bilder. Am
3. Oktober folgte vormittags die Eröffnung der Thoina-
Ausstellung im Kunstverein; ein Festbankett der Stadt,
mit Festrede von Henry Thode, bildete den Schluß der
Festlichkeiten. — Vom Standpunkt des künstlerischen
Interesses stehen naturgemäß Thoma-Museum und Thoina-
Ausstellung im Mittelpunkt der Veranstaltungen. Die
letztere — über 100 Gemälde und eine Anzahl kunst-
gewerblicher Entwürfe — füllt sämtliche Säle des Kunst-
vereins und enthält in der überwiegenden Mehrzahl Bilder
aus der früheren Zeit; namentlich bestimmen Arbeiten der
siebziger und achtziger Jahre den Oesamteindruck. Es sind
durchweg Werke aus Privatbesitz, die auf diese Weise
wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.
Das Verdienst, sie zusammengebracht zu haben, gebührt
im wesentlichen Herrn Dr. Beringer in Mannheim. Es
liegt in der Natur der Sache, daß die Ausstellung fast
durchweg Bekanntes enthält. Wir nennen unter anderen
zwei seiner schönsten mythologisierenden Landschaften:
den Frühlingsreigen (mit Rehen und Amoretten) von 1875
und die Goldene Zeit von 1876; den Christus und die
Samariterin, Christus und Nicodemus, die Pietä (im Besitz
des Prinzen Max) von 1885, das Selbstbildnis mit Buch

von 1886; von neueren das Bildnis des Großherzogs Fried-
richs [. von Baden von 1902 (im Besitz der Großherzog-
lichen Familie) und den Blick ins Lauterbrunnertal. —
Das Thoma-Museum bildet künftighin einen für die Werke
Thomas bestimmten Erweiterungsbau der Kunsthalle. Eine
Flucht von drei Seitenlichtsälen enthält die zum Teil vom
Künstler selbst gestifteten Einzelwerke aus dem Bestand
der Karlsruher Galerie; wir nennen unter anderen die
Balgenden Buben von 1872, das Selbstporträt mit Tod und
Engel von 1875, den Kinderreigen von 1872, die Giardiniera
von 1881, das Paradies von 1904, interessant ist auch eine
größere Kollektion von Arbeiten der sechziger Jahre, welche
Thoma noch in dem ersten Stadium seiner künstlerischen
Entwicklung repräsentiert. Den eigentlichen Mittelpunkt
des Museums aber bildet der in der Axe des mittleren
Seitenlichtsaales gelegene Oberlichtsaal mit dem Christus-
Zyklus. Schon der Eingang — durch keramischen Schmuck
auf Goldgrund gehoben und von zwei von Thoma ent-
worfenen großen Glasgemälden flankiert — bereitet auf
die feierliche, kapellenartige Stimmung des Raumes vor.
Die Hauplwände des chorartigen Polygon tragen die Bilder,
welche das Leben Christi in sieben Hauptmomenten schil-
dern: Geburt (das große Weihnachtstriptychon von 1905),
Flucht nach Ägypten, Versuchung, Bergpredigt, Olberg,
Kreuzigung und Auferstehung. Bemerkenswert ist der all-
mähliche Übergang von der mehr malerischen Auffassung
des Weihnachtstriptychons zu der strengen, freskomäßigen
Linienklarheit des Auferstehungstriptychons. Die Rück-
wand ist mit Schnitzereien und Bildern des Thoma-
schen Kalenders geschmückt und deutet damit die Be-
ziehung des Lebens Christi zum Kreislauf der Jahres-
zeiten an. Der Christus-Zyklus bildet ein abschließendes
und zusammenfassendes Bekenntnis von Thomas mensch-
licher und künstlerischer Weltanschauung. Als ein Werk
seiner jüngsten Schaffensperiode trägt es naturgemäß den
Stempel seines Spätzeitstils. Aber in der Erscheinungsform
der sich wandelnden Entwicklung kommt zugleich das zum
Ausdruck, was das Thomas ganzem Lebenswerk gemein-
same Wesen seiner Kunst ist: die Stärke des Empfindungs-
ausdrucks, der künstlerische Reflex einer tief religiösen,
zugleich aber von allem konfessionellen Dogmatismus
freien, Natur und Menschenleben mit gleicher Liebe um-
fassenden Persönlichkeit. Karl Widmer.

VEREINE

o Köln. Die in Köln ansässigen bildenden Künstler
haben sich in dem Kölner Künstlerbunde vereinigt. In
bestimmten Zeitabschnitten sollen Vorträge über aktuelle
Kunstfragen stattfinden. Die erste Kunstausstellung wird
vom 1. bis 30. November in den Räumen des Kunstvereins
stattfinden. Der Jury gehören auch die Museumsdirektoren
Dr. Creutz und Dr. Hagelstange an.

VERMISCHTES

Rembrandts Porträt eines Mannes in mittleren
Jahren in schwarzem Seidenrock mit anliegendem Spitzen-
kragen, ein hervorragendes Bild des Meisters in ovaler
Form von ungefähr dreiviertel Meter Höhe, ist aus der
Sammlung des Lord Ashburton nach Berlin in die Galerie
des Herrn Karl von Hollitscher verkauft worden.

Inhalt: Der [X. Internationale Kunsthistorische Kongreß in München. Von Q. K. — Eine Stndienfahrt zu den Gartenstädten Englands. Von Paul
Ferd. Schmidt. — Prof. Dr. Richard Engelmann f. — Personalien. — Ein nenentdecktes Fresko des Melozzo da Forli; Entdeckungen in
der Sankt Peter-Basilika in Rom; Findung Schwindscher H(tndzeichmmgen. — Die ersten mykenischen Funde In Sparta; Die Passeggiata
archeologica in Rom; Neue Ausgrabungen in Ägypten; Gründung eines archäologischen Instituts Iii Athen — Ausstellungen in Paris, Stutt-
gart, Barmen. — Neue Ankäufe der Nationalgalerie im Palazzo Corsini zu Rom; Erwerbung eines ägyptischen Grabdenkmals vom British
Museum; Eröffnung der neuerbauten Schackgalerie In München; Neuordnung der städtischen Kunstsammlung in Rostock; Eröffnung des
Thoma-Museums in Karlsruhe. — Kölner Künstlerbund. - - Vermischtes.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Drucl: von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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