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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0032

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74

Funde — Sammlungen — Stiftungen — Vermischtes

4S

bestimmt, siegend hervorging, hebt sich von einem Hinter-
grund hoher Bäume wirkungsvoll ab. Auf der kleinen
Schanze errichtet, zeigt es über mächtiger Felsgruppe eine
Weltkugel in Bronze, umschwebt von fünf Frauengestalten,
welche, die fünf Erdteile symbolisierend, sich Briefe reichen.
Die stolze Frauengestalt der Berna sitzt etwas entfernt von
der Gruppe, der man einen gewissen phantastischen Reiz
zugestehen wird. Nach diesem Weltpostdenkmal soll nun
Bern auch ein Denkmal zur Erinnerung an die im Jahre
1865 erfolgte Gründung der Telegraphischen Union er-
halten. Die letztjährige internationale Telegraphenkonferenz
in Lissabon hat dieses Monument beschlossen, für welches
Maximalkosten von 200000 K. vorgesehen wurden, welche
die Staaten der Union gemeinsam aufbringen. Die Jury,
in welcher Deutschland durch Professor Breuer, Mitglied
des Senates der Königl. Preuß. Akademie der Künste in
Berlin, vertreten ist, hat bereits eine Sitzung abgehalten
und Architekt E Jost in Lausanne zu ihrem Präsidenten
ernannt. Sie wird dem schweizerischen Bundesrat ein
Programm für den Denkmal-Wettbewerb vorlegen. Die
Einweihung des zu schaffenden Werkes ist auf 1915 vor-
gesehen. Zur Prämiierung der Entwürfe werden 20000 K.
ausgesetzt.

FUNDE

Bologna. Prof. Francesco Filippini hat im Archiv
des Collegio di Spagna Dokumente gefunden, welche es
erlauben, die Fresken der Cappella di Santa Caterina in
der Unterkirche von San Francesco in Assisi dem Maler
Andrea da Bologna und dem Pace di Bartolo von Assisi
um 1368 zuzuschreiben.

SAMMLUNGEN

Eine Wachsbüste von Leonardo. Eine in jedem
Betracht wundervolle Erwerbung ist Wilhelm Bode wieder
gelungen. Er hat auf seiner letzten englischen Reise dem
Berliner Kaiser-Friedrich-Museum ein Kunstwerk zugeführt,
das er mit guten Gründen für eine von der Hand Leonardo
da Vincis geschaffene Wachsbüste erklärt. Diese Gründe
werden wir demnächst durch eine Veröffentlichung im Jahr-
buch der Königl. Preuß. Kunstsammlungen erfahren. Die
reichlich lebensgroße, leicht bemalte Wachsbüste stellt eine
Flora dar und ist vor etwa zwei Jahren in Southampton
mit dem Nachlasse des hochbetagt verstorbenen Akade-
mikers Long versteigert worden. Sie erreichte in dieser
kleinen Trödelauktion bare 2 £ 10 Schilling! Sie kam dann
nach London, wo sie schließlich in dem Laden eines großen
Antiquars in Kingstreet, dicht neben Christies Auktionslokal
endete. Niemand beachtete sie hier, obgleich nur 200 £
dafür verlangt wurden. Im Frühjahr sah sie dort einer
der Teilhaber der großen Antiquarfirma Durlacher Bros.,
Mr. Murray Marks. Er kaufte sie sofort, da er die Emp-
findung hatte, sie könne nur ein Werk Leonardos sein.
Die Firma interessierte sich jedoch nicht für das Stück, da
es für Sammler zu stark beschädigt schien; beide Unter-
arme sind abgebrochen. So behielt Mr. Marks die Büste
für sich und stellte sie in seiner Wohnung auf, wo sie
Dr. Bode im Juni sah und erwarb.

Frankfurt a. Main. Von hier ist zu berichten, daß
am 14. d. Mts. die neue städtische Kunstsammlung
feierlich eröffnet wurde. Die Stadt ist dadurch in den Be-
sitz eines Skulpturenmuseums gelangt, das in glänzender
Weise an charakteristischen Typen die Entwickelung der

Plastik von der Antike bis in den Barock aufzeigt. Aus
der Summe der vielseitigen Erwerbungen seien nur drei
Glanzstücke genannt: nämlich die Athena des Myron, der
große Terrakotta - Altar mit der Himmelfahrt Mariä von
Andrea della Robbia und Jörg Syrlins Statue eines hl.
Georg. Es handelt sich um eine neue Museumsschöpfung
von so eigenartiger Physiognomie, daß noch Gelegenheit
genommen werden wird, eingehend davon zu sprechen.
Am gleichen Tage wurde ein prächtiger Bestand von Bil-
dern moderner, speziell Frankfurter Meister, die als Leih-
ausstellung der Stadt im Siädelschen Kunstinstitut ihre
Unterkunft gefunden haben, der Öffentlichkeit übergeben.

Das Juni-Bulletin des Metropolitan Museum of Arts
in New York enthält einen interessanten Vorbericht des be-
kannten Cypernforschers J. L. Myres über die im Besitz des
New Yorker Museums befindliche Cesnola-Sammlung cypri-
scher Alterlümer, die jedenfalls die größte Einzelsammlung
von Antiquitäten aus Cypern ist. Diese Sammlung ist im
Museum nach genauer Untersuchung einer Neuordnung
unterworfen worden, die ihre große Wichtigkeit für Ge-
schichte und Zivilisation des alten Cypern erkennen läßt.
— Des weiteren ist ein Aufsatz über die jüngst von dem
Metropolitan-Museum erworbenen »Fischbach-Sammlungen
von textilen Erzeugnissen« in dem Bulletin publiziert, der
zu gleicher Zeit mit Abbildungen hervorragender Stücke
gesclmückt ist. Die ganze Sammlung ist von allergrößter
Bedeutung; ungefähr 300 Slück sind herausgenommen und
zu einer Separatausstellung vereinigt, die die wichtigsten
Perioden in der Geschichte der textilen Künste und einen
Begriff von den reichen aus dieser Sammlung zu schöpfenden
Anregungen gibt. Die ältesten Stücke der Sammlung sind
ein prähistorisches Gewebe aus einem Pfahlbau am Boden-
see und ein Stück ägyptisches bemaltes Leinenzeug aus
dem ägyptischen neuen Reich. Sehr interessant ist, daß
die peruanischen Gewebe nicht allein Zeichnungsanalogien
mit koptischen aufweisen, sondern daß auch derselbe tech-
nische Prozeß der Teppichweberei, wie er im 14. Jahr-
hundert wieder auftauchte, zugrunde liegt. — Unter den
bereits erwähnten Erwerbungen von griechischen Vasen
sind namentlich sieben Lekylhen zu nennen, die im einzelnen
im Bulletin beschrieben werden und die eine höchst inter-
essante Serie bilden. m.

STIFTUNGEN

Zum 1. April tgio hat die Friedrich Eggers-Stif-
tung zur Förderung der Künste und Kunstwissenschaften
in Berlin über 600 Mark zu Stipendien nach Maßgabe ihres
Statuts zu verfügen. Geeignete Bewerber müssen ihre An-
träge in der Zeit vom 20. bis 31. Januar 1910 bei dem Ge-
heimen Baurat F. Schwechten, Charlottenburg, Hardenberg-
straße 33/36, einreichen. Bei der gegenwärtigen Vergebung
werden in erster Linie die Bewerbungen der Kunstgelehrten
berücksichtigt.

VERMISCHTES

Der Baseler Maler Eduard Rüdisühli war beschul-
digt worden, Bilder Böcklins gefälscht zu haben, und der
hieran sich knüpfende Prozeß verlief, obwohl durchaus kein
schlüssiger Beweis für Rüdisühlis Schuld sich bot und die
Gutachten der Sachverständigen sich sehr widersprachen,
zu Ungunsten des Angeklagten. Nun hat aber das Gericht
in der Berufungsinstanz Eduard Rüdisühli freigesprochen
und ihm nur die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Inhalt: Der IX. internationale kunsthistorische Kongreß in München. Von J. l. Fischer. — A. Venturi, Storia dell' arte italiana. Von Fed. Hermanin. —
Neues aus Belgien. Von a. R. — Personalien. — Denkmal für die Gründung des Weltpostvereins in Bern. - Dokumenten-Fund in Bologna. —
Eine Wachsbüste von Leonardo; Neue städt. Kunstsammlung in Frankfurt a. M.; Das Juni-Bulletin des Metropolitan Museums of Arts. —
Friedrich Eggers-Stiftung. — Vermischtes.

rierausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. G.m.b.H. Leipzig
 
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