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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0038

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Ausstellungen

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leserliche Inschrift sich befindet: 30 aug. Zigenare fr&n
Nagy Enyed Siebenbürgen aug 30 85. — Die Ausstellung
bleibt bis Ende Dezember geöffnet.

Die Jubiläumskunstausstellung zu Innsbruck.
Im Zusammenhange mit den festlichen Veranstaltungen,
die in Tirol zum Gedächtnis der bekannten historischen
Ereignisse des Jahres 1809 stattfanden, steht auch eine
Jubiläumskunstausstellung. Sie ist in Ermangelung besserer
Räume in einer Reihe von Zimmern der Lehrerbildungs-
anstalt in Innsbruck untergebracht worden. Wenn es auch
an äußerem Prunk dabei fehlt, so ist doch wenigstens
alles hell und freundlich. Bei dem reichlichen Vorhanden-
sein von Platz brauchten die Kunstwerke auch nicht allzu
eng zusammengedrängt und dadurch in ihrer Wirkung zu
stark beeinträchtigt zu werden. Dreieinhalb hundert Werke
sind es, und hätten noch mehr sein können, wäre nicht
eine Anzahl von Künstlern der Veranstaltung fern ge-
blieben. Gleichwohl konnten mit Ausnahme der ganz
fehlenden angewandten Kunst alle Zweige eine Vertretung
finden, die soweit genügt, daß man von der Bedeutung
jener Architektur, Plastik, Graphik und Malerei einen wenig-
stens annähernd richtigen Begriff bekommt, die teils dem
unmittelbaren Einflüsse der tirolischen Landes- und Volks-
eigenarten, teils dem Naturell der dort herstammenden
Künstler ihre Gestaltung verdanken. Diese als Mitglieder
einer tiroler »Schule« bezeichnen zu wollen, ist mißlich,
wahrscheinlich überhaupt nicht möglich. Dies, abgesehen
von der Äußerlichkeit, daß viele von ihnen nicht in Tirol,
sondern zum großen Teil in München, nicht wenige auch
in viel weiter entfernten Gegenden wohnen, woraus denn
vielfach eine fühlbare Beeinflussung durch die daselbst
herrschenden Stileigentümlichkeiten sich ergeben hat. —
Mit Rücksicht auf den verfügbaren Raum kann der Bericht
über das Einzelne nur kurz sein. Die Architektur bietet
Entwürfe zu Kirchen von H. Fritz-Dresden, P. und Th.
Huter aus Innsbruck (dieser Ortsname ist weiterhin bei
allen zu ergänzen, bei denen nichts anderes angegeben
ist), Entwürfe für den Umbau des berühmten Innsbrucker
»Landhauses«, auch für das Museum der Tiroler Volks-
kunst, für ein Schloß bei Mainz von O. Huber, endlich
Projekte für eine Kirche in Pola und mehrere große Ver-
waltungsgebäude von N. Tommasi. — Plastiken gibt es in
ziemlicher Anzahl. Dabei viel Bildnisbüsten (u. a. von
F. Reichart, E. Posch, R. Ruepp-Wien, Em. Pendl-Wien);
Grabdenkmäler (u. a. von A. Hinterholzer und R. Ruepp-
Wien) ; kleine Holzschnitzereien, z. T. in drolliger Auffassung
von Sachser und L. Penz-Schwaz. Auch historische Figuren
sind dabei, so ein Hofer und Haspinger von L. Penz,
Speckbacherfiguren von Chr. Plattner und B. Bischof.
Letzterer vertritt mit einem Weihwasserbecken, über dem
ein Kruzifix sich befindet, auch das Fach der christlichen
Kunst, ein Gebiet, auf dem sich außer ihm noch Gallmetzer-
Klausen, Hinterholzer, F. Schranz-Triest auszeichnen. —
Religiöse Malerei sieht man wenig. Ein paar Aquarelle
von Th. Schumacher-München, Glasmalerei-Entwürfe von
K. Mignon, endlich der Entwurf zu einer großen dekora-
tiven Allegorie, »Die Religion« benannt, von dem jetzigen
Düsseldorfer Huber-Feldkirch vertreten dies Fach allein.
Düsseldorf hat in diesem Jahre das meiste derartige an
sich gezogen. Desto reichlicher finden wir, wie erklärlich,
die tiroler Geschichte von 1809 verherrlicht. Ein Einzug
Hofers in Innsbruck von Th. Walch-München erweckt
wesentlich gegenständliches Interesse. Weitaus tiefer sind
die Schilderungen betender Landstürmer in einer Kirche
und standrechtlich erschossener Bauern von C. Jordan-
Straßburg, besonders das letztere Bild ein Beweis tüchtiger
Naturbeobachtung, gleichzeitig freilich eine Neigung zu
krasser Auffassung. Auch Defregger hat wieder zwei

derartige Szenen gemalt. Die eine kleinere Darstellung zeigt,
wie im November 1809 in einem Dorfe die Bauern sich
versammeln, um in den Kampf zu ziehen, das andere
größere Bild schildert in eindrucksvoller Weise den Ab-
schied, den Andreas Hofer im Gefängnisse zu Bozen von
den Seinigen nehmen mußte. Allen, die an der alten Art
Defreggers hängen, werden beide Werke sicher Freude
machen. Stehen sie doch in der Komposition, der Farbe,
der inneren Erfassung durchaus den Erzeugnissen seiner
früheren Zeit gleich. Wer eine größere Vertiefung des
Gedankens, monumentalere Gestaltung, und damit dauer-
hafteren Eindruck sucht, wird dies alles eher bei den
Schöpfungen von Albin Egger-Lienz finden, dem ein ganzer
Saal eingeräumt ist. Von den großen Werken seiner
neuesten Zeit finden wir nur eins, »Sämann und Teufel«,
dies Meisterstück einfachsten Ausdruckes einer tiefen Idee.
Von den geschichtlichen Bildern ist keins im Original da,
durch Heliogravüren sucht man wenigstens einen Begriff
von ihnen zu geben. Aber doch sind zu dem »Haspinger«,
den die Gemeinde S. Martin im Gsiesertal für ihr Schützen-
haus hat malen lassen, einige Kopfstudien der angreifenden
Bauern vorhanden, um die Art des Künstlers an Einzel-
heiten zu weisen. Die übrigen Originale sind großzügig
ausgeführte Kinderporträts und Volksstudien, letztere teils
im Interieur, teils in der Landschaft, und so lernt der Be-
schauer den Künstler auch von andern Seiten kennen, die
für diesen nicht minder bezeichnend sind und in der Folge
wohl noch bedeutsamer und einflußreicher werden können.
Volksstudien und Landschaftsbild finden sich auch außer-
dem reichlich. Über die Art von Matthias Schmid kann
hier nichts Neues mitgeteilt werden. Es genüge zu sagen,
daß er in seinen Studien von jungen Landmädchen in
landschaftlicher Umgebung in jeder Beziehung seiner
Eigenart treu geblieben ist. Außerdem zeigen Volksstudien
u. a. A. Colli-München, A. Einberger-Brixlegg, A. Siber-
Hall. Die tiroler Landschaft findet viele beredte Inter-
preten, darunter H. J. Weber-München, A. Nikodem, O. v.
Kleiner, K. Hofer-Wien, E. Euler-Meran, den produktiven
und temperamentvollen M. Angerer-Schwaz und den viel-
seitigen Th. Riss-Meran. Letzterer vertritt auch in einer
von absichtlichem Effektsuchen nicht freien Art das Por-
trätfach, bei welchem außerdem L. Firmian-München,
A. Penz-Frankfurt a. M., Rosa Schmid-Göringer und J. Wisch-
niowsky-Niederndorf Beachtenswertes bieten. Endlich sei
der flotten Phantasie und Vortragsweise gedacht, mit der
M. Bauernfeind-Volders allerlei märchenhafte und satirische
Einfälle in Gemälden und Zeichnungen ausgesprochen hat.

Dr. O. Doering-Dachau.

Zum Besten der französischen Schiffbrüchigen und
ihrer Hinterbliebenen hatte Armand Dayot aus Privatbesitz
hundert englische und französische Porträts aus dem
achtzehnten Jahrhundert zusammengebracht, die jüngst im
einstigen Ballspielsaal des verschwundenen Tuilerien-
schlosses gezeigt wurden. Der Zweck ist eigentlich ein
klein wenig an den Haaren herbeigezogen und erinnert
an einen humoristischen Roman von Alphons Allais, worin
ein Schloßherr absolut ein Wohltätigkeitsfest veranstalten
will und durchaus keinen Bedürftigen auftreiben kann. In-
dessen mag hier einmal das Mittel den Zweck heiligen.
Bekommen nachher die Schiffbrüchigen wirklich etwas, nun
um so besser. Man kann nicht sagen, daß die hundert
Frauenbildnisse die gehegten Erwartungen überträfen oder
auch nur rechtfertigten. Denn nicht wahr: wir haben doch
hohe Erwartungen und versprechen uns aparte Leckerbissen,
wenn wir ausgehen, um hundert Porträts der Franzosen
und Engländer des achtzehnten Jahrhunderts zu sehen?
Und dabei schneiden die Franzosen noch schlechter ab als
die Engländer, was allerdings nicht allzu verwunderlich ist.
 
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