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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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Ausstellungen

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AUSSTELLUNGEN
® Düsseldorf. Im August wird der neugegründete
»Sonderbund westdeutscher Künstler und Kunstfreunde«
eine Ausstellung im Kunstpalast eröffnen, zu der auch die
wichtigsten Vertreter des modernen Frankreich Einladungen
erhalten sollen. — Der »Verein zur Veranstaltung von
Kunstausstellungen« beschloß am 23. März in seiner Haupt-
versammlung über die große Ausstellung von 1911. An
der Spitze der Sonderausstellungen soll eine solche zu
Ehren von Andreas Achenbach, dem demnächst fünfund-
neunzigjährigen Altmeister, stehen. Einladungen werden
an sechs oder acht der »bedeutendsten Künstler der Gegen-
wart« ergehen. Im wesentlichen wird die Ausstellung eine
nationale sein. Die verschiedenen Gruppen der Düssel-
dorfer Künstlerschaft werden eigene Jury haben. Eine
große Aquarellausstellung soll sich anschließen.

Kollektiv-Ausstellung Josef Engelhart in Graz,

Verein bildender Künstler Steiermarks. Es ist schon lange
her, daß von einer Ausstellung eine ganz eigenartige Stim-
mung ausging. Es war zur Zeit des in Graz nicht allzu lange
arbeitenden Schad-Rossa. Auch damals Kollektivausstellung,
wie jetzt. Man braucht auch jetzt nicht zu zergliedern,
nach Farbe und Zeichnung forschen, — es wirkt. Es geht
jenes Fluidum auf uns über, das gewiß nur ein geniales
Individuum durch sein Sein oder seine Produkte hervor-
bringen kann. Engelhart hatte im Herbst in Wien aus-
gestellt; wenn auch Graz nicht allzuweit von der Residenz,
muß man dem Künstler für seinen Grazer Besuch danken.
Wir sehen eine farbenfrohe, frische, freie Kunst. Er greift
hinein ins volle Menschenleben und wo ers anpackt, da
ist's interessant. — Da konnte man das verschiedenartigste
sehen; den Künstler in seiner Werkstatt in seinen Skizzen,
den fertigen Maler und den Bildhauer; den, der die süd-
liche Sonne und spanische Weiber, den, der sein Wien, den
Boden seiner Kunst, über alles liebt; überall aber leuchtet
die frohe Sonne, überall gibt es Menschen in innerer oder
äußerer charmvoller Bewegung. — Im Jahre 1896, zur Zeit
der Gründung der Wiener Sezession, war Engelhart einer
der Anführer. Ende der achtziger Jahre wurde man auf ihn
aufmerksam. Ich möchte hier die Worte Hermann Bahrs
wiederholen, die er 1900 über Engelhart schrieb: »Gesund,
das ist das eigentliche Wort seiner Natur. Bei allem, was
er jetzt tut, rufen wir unwillkürlich aus: Famos! Diese
unbeschreibliche, bezwingende, erlösende Wahrheit ist das
Wesen seiner Kunst.... Wenn ich mit einem Worte aus-
drücken soll, was ich bei seinen Sachen so groß und so
schön empfinde, so würde ich halt sagen, daß er der
Burckhard unserer Malerei ist.« — Bahr hat aus der Seele
gesprochen. Soll man mehr hinzufügen? Alles ist hin-
gesetzt, wo es hingehört. Man freut sich und das macht
eben der Künstler. — Leider ist die Grazer Ausstellung
klein und vieles, was in Wien war, kam nicht her. Doch
seine Sonnenbilder, wenn Sonnenflecken auf der saftigen
Wiese auf nackten Körpern ruhen, sind prächtig anzusehen.
Der »Sommertag« ist ein Sommertag. Dann die spanischen
Sachen, die farbenfrohen, scharfbeleuchteten Tänzerinnen.
Doch seine Wiener, mit dem Wiener Humor, mit dem
Wiener Schwung, das kann eben er machen. Die Ge-
meinde Wien hat in dieser Erkenntnis auch das feine
Bild »Ball auf der Hängstatt« angekauft. — Oft zeigt sich
auch französischer Einfluß; man denkt an Puvis. — Mit
großer Liebe ist alles geschaffen; darum sind auch die
reizenden Kinderkörper geworden und sein tiefes Empfin-
den, seine Seele kommt in der Grabfigur zum Ausdruck.
— Wenn man dann das Gebäude verläßt, da fühlt man
Freude; die hat Engelhart uns gegeben.

Dr. Rickard Schlossar, Graz.

Ausstellung Wyngaerdt, Knap und Luns im Städti-
schen Museum zu Amsterdam (13.Februar—20.März).
Der Landschafter Piet van Wyngaerdt (geb. 1873) ver-
dient unsere Anerkennung nur in seinen Skizzen; die sind
frisch und keck, ein ganz flüchtiger momentaner Eindruck
der Natur ist hier mit ein paar flotten Strichen festge-
halten; Luft und Licht steckt in den kleinen Sachen, die
fast alle der näheren Umgebung von Amsterdam entnom-
men sind. Versucht der Künstler jedoch, eine solche
Skizze zu einem fertigen Gemälde nach allen Regeln der
Kunst zu verarbeiten, so versagt leider seine Kraft; das
Leben, das gerade die Skizze atmet, geht in dem ausge-
führten Gemälde verloren; statt der vielen starken Lokal-
farben haben wir dann eine zu einem akademischen kalten
Gesamtton erstarrte Malerei ohne Ursprünglichkeit. Eine
Ausnahme bilden seine zahlreichen Stilleben, die bleiben
auch in der sorgfältigsten Ausführung erfreulich, aber es
sind eben nur Stilleben, tote Dinge, keine lebende Natur
im belebenden Spiel des Lichts.

Gerrit Willem Knap (geb. 1873 in Amsterdam) pflegt
das typisch holländische Genre des Architekturbildes; er
malt Alt-Amsterdam, aber nicht die breiten Grachten mit
den alten vornehmen Patrizierhäusern, seine Liebe gilt
hauptsächlich den oft schon etwas im Verfall begriffenen
Bauten der ärmeren Stadtteile, die im einzelnen sehr nüch-
tern und einfach, doch von so malerischem Gesamteindruck
sind; an manchen dieser Häuser ist der schmutzige Kalk-
bewurf abgebröckelt, aus den Fenstern hängt bunte Wäsche
zum Trocknen; stets scheint die Sonne auf seinen Bildern,
dadurch sind die Farben häufig zu grell und zu bunt, wie
man sie in Wirklichkeif hier wohl kaum sieht. Doch ist
Knap hier in der Wiedergabe des Pittoresken und Fröh-
lichen der alten Stadt noch am besten. Unwahrscheinlich
dagegen wirkt er, wenn er versucht, seine Stadtansichten
mit Staffage auszustatten; er kann eben keine Menschen
in Bewegung darstellen; hier liegt die Grenze seiner Be-
gabung. Das zeigt besonders sein Blick auf den Rembrandt-
plein, einen der belebtesten Plätze der modernen Stadt;
die Figuren sind hier zu sehr isoliert gesehen, eine ist
nach der andern beobachtet, daher wirken sie so unruhig;
es fehlt der Zusammenhang, der gleichmäßige Rhythmus,
in dem sich eine Menge auf der Straße unwillkürlich be-
wegt. Auffallend störend sind auch auf einem andern Bild
um eine große Straßenorgel tanzende Gruppen; so etwas
macht de Hern unvergleichlich besser. Schwach ist Knap
auch in einigen Bildern, die den Vergleich mit Breitner
herausfordern, so z. B. wo er einen im Anbau begriffenen
Häuserblock malt, mit hohen Gerüsten und dem Getümmel
der Arbeiter. Doch ist Knap in seiner Kunst stets ehrlich,
er gibt sich, wie er ist, er ist nicht prätentiös, es ist nichts
Studiertes oder Gemachtes in seinen Werken. Dieses Ge-
fühl wird man dagegen nicht los bei dem dritten Ein-
sender, fiuib Luns (geb. 1881 in Paris); derselbe bemüht
sich scheinbar oft krampfhaft, irgend einen bestimmten
Gedanken in seiner Kunst auszudrücken; aber das geschieht
dann zu bewußt; man merkt die Absicht oder — was noch
schlimmer ist, man merkt sie erst, wenn man die er-
läuternden Aufschriften, die der Künstler selbst auf seinen
Gemälden angebracht hat, studiert; den Gedanken fehlt es
an Unmittelbarkeit. So liest man auf einem Werk, wo
eine Frau mit den Symbolen der Herrschaft, sitzend, in
Lebensgröße dargestellt ist: Ysabeau, regente de France:
Une fleur du mal; aber der Eindruck ist hier nichts weniger
als dämonisch; man fühlt nichts dabei, weil es eben nur
eine Theaterfigur ist, die versucht, die Teufelin zu posieren.
Oft ist das Literarische auch nur Vorwand, um Nackt-
figuren zu geben; ohne ein solches mythologisches oder
allegorisches Mäntelchen gilt das Nackte hier oft als an-
 
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