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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0219

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421

Literatur

422

Arbeit, die die wissenschaftliche Welt bislang mit diesem
Material zuwege gebracht hat. Der Verfasser betont den
engen Zusammenhang des Stiches mit dem Goldschmiede-
und Prägegewerbe, wenn er ihn auch nicht als Erfindung
der Goldschmiede hingestellt wissen will, weil diese Fassung
des Vorganges zu leicht falsche Vorstellungen erweckt. Er
ist es auch, wenn ich nicht irre, der zuerst den unleugbaren
Beweis erbracht hat, daß die Kupferstecher im wesentlichen
ein Jahrhundert lang Goldschmiede waren, indem er die voll-
bezeichnete Goldschmiedearbeit eines Künstlers, von dem
wir bis dahin nur Kupferstiche kannten, veröffentlichte.
Auch jetzt strebt der Verfasser mit Erfolg darnach, zu zeigen,
daß alle diese anonymen Meister, der ersten beiläufig
60—70 Jahre, wahrscheinlich sämtlich nur »Kupferstecher im
Nebenamte«, zwar (mit einer Ausnahme) keinesfalls Maler,
aber in erster Linie Goldschmiede waren und blieben.

In dem zweiten Teil, der sich allerdings ganz an die
Fachwelt wendet, findet man dreizehn Rechenschaftsberichte
über ebensoviele Stecher, zugleich die dreizehn (es sind
eigentlich mehr, da hier der sogenannte Meister des Hl.
Erasmus in mehrere Persönlichkeiten zerlegt wird) merk-
würdigsten unter den Meistern der Frühzeit. Daß die
Nachrichten und kritischen Zusammenstellungen auf der
allerneuesten Höhe der Wissenschaft stehen, ist selbst-
verständlich: ist doch der Verfasser einer der Hauptbe-
teiligten, die diese Höhe, so weit sie eine ist, ermöglicht
haben. Mit anerkennenswertem Freimut gesteht er ein,
daß er eigene Ergebnisse, die er noch vor ziemlich kurzer
Zeit als sehr wichtige veröffentlicht hat, heute bereits
fallen lassen muß, z. B. die Stützen für die Zuerteilung
des Meisters ES zur Familie Reibeisen; die Zuerteilung
bleibt ihm nur noch höchst wahrscheinlich. Gerade der-
artige Fälle führen uns drastisch vor Augen wie wenig
inneren Halt die scheinbaren Stützpunkte zu Erörterungen
auf sachlichem Gebiet bei dem Kupferstich des 15. Jahr-
hunderts bieten. In diesem zweiten Teil, der sich wie
gesagt, nicht an den Laien richtet, durfte wohl mit Recht
eine Betonung der stilistischen Feinheiten und der eigent-
lichen Schönheiten des frühen Kupferstichs fehlen. Auch
bei der Behandlung des Einzelnen bleibt der Verfasser im
ästhetischen Urteil, ohne eigentlich zu unterschätzen, etwas
kühl, wie einer, der sich an diesen Dingen satt gesehen hat
und in vornehmer Weise Abschied von ihnen nimmt.
Aber wenn er auch in mancher Beziehung abzuschließen
scheint, so öffnet er auch wieder neue Wege zur Vertiefung
des Studiums durch Hinweise auf Archivforschungen, Unter-
suchungen des Goldschmiedewesens und der Medaillen-
und Münzprägung, die neuen Aufschluß bieten könnten.

Fast die Hälfte des Buches ist dem Meister E S ge-
widmet, mit einer kritischen Beleuchtung seiner Zeich-
nungen, einem schönen Versuch einer Chronologie der
Stiche und einer Erörterung der technischen Entwickelung
bei dem Meister. In dieser letzten Betrachtung wage ich
dem Verfasser nicht beizutreten, wenn er den Schluß der
Durchentwickelung Schongauer vorbehält. Ich glaube, daß
die alte und auch verbreitetere Meinung, die dem E S den
Ruhm vorbehält, den Kupferstich zur selbständigen Kunst-
weise entfaltet zu haben, also seinen recht eigenen Stil ge-
funden zu haben, zu Recht besteht.

Auch äußerlich stellt sich der Band durch das mit
feinstem Kennersinn ausgewählte Abbildungsmaterial ganz
besonders vorteilhaft dar. Wirklich auszusetzen hätte man
wohl überhaupt nur die buchtechnischen Bedenken gegen
die Art der Einstellungen der Anmerkungen, die, da sie
alle sehr kurz sind, viel besser im Text oder wenigstens
unter dem Text stünden, und gegen die Verwendung des
Lichtdrucks, der selbst hier, wie immer, sich schmierig, zu
schwarz und für Striclisachen durchaus ungeeignet erweist.

Im Ganzen genommen kann man den Verfasser auf-
richtig zu dem schön gelungenen Werk beglückwünschen,
welcher Glückwunsch sich auch auf Dresden erstreckt,
das, seit es auch ihn beherbergt, nun die beiden großen
Kenner des Deutschen Stichs im 15. Jahrhundert sein eigen
nennt H, w_ &

Aachener Kunstblätter. Im Auftrage des Vorstandes
des Museumsvereins zu Aachen herausgegeben von
Dr. Hermann Schweitzer, Museumsdirektor. Heft II u. III.
Verlag A. Creutzer, Aachen 1910.

Diese Blätter sind als Gabe an die Mitglieder des
Museumsvereins statt der anderwärts üblichen Nietenblätter
gedacht. Neben manchem, was nur ein lokales Interesse
beanspruchen kann, findet man wissenschaftlich und künst-
lerisch Wertvolles. Das Titelblatt gibt die schöne, 1906
für das Suermondt-Museum erworbene S. Conversazione
von Francesco da Santa Croce wieder. Über Neuerwerbungen
griechischer Antiken schreibt Professor H. Hofmann. Ein
ausführlicher Aufsatz unterrichtet über den neuerdings auf
dem Lousberg verständnisvoll wieder aufgebauten Rokoko-
Gartenpavillon des bedeutenden Aachener Stadtarchitekten
Johann Joseph Couven (1707—1763). Über Neuerwerbungen
Rethelscher Handzeichnungen für das Museum berichtet in
zwei gut illustrierten Arbeiten Dr. Wolfgang Arnd. Weniger
können wir uns über die Aufsätze von Max Schmid über
den 1906 verstorbenen Aachener Bildhauer Krauß und von
A. Koerfer über Albert Baur, den Düsseldorfer Historien-
maler, freuen. In der Stadt Rethels sollte man etwas
höhere Ansprüche stellen, als sie die Kunst dieser recht
inferioren Künstler befriedigt. Höchst sonderbar berührt
insbesondere die begeisterte Würdigung der Baurschen
Fresken in den Ausstellungssälen der Kgl. Textilschule zu
Krefeld. Der Erfindung und auch der Farbe nach sind
sie von einer Banalität, die einem den Genuß an den
herrlichen Geweben der berühmten Sammlung verekeln
kann. Schon die zahlreichen Abbildungen, die leider in
den Heften enthalten sind, können von dem Tiefstand
einer solchen Historienmalerei überzeugen. Wir fürchten,
Rethels wahre Bedeutung wird auch heute noch nicht in
Aachen verstanden. Ihn lieben, heißt sehr unbarmherzig
gegen solche Freskokünstler sein, die in unberechtigter
Weise seinen Namen auf ihr Banner schreiben! Das Wert-
vollste, was in den Heften enthalten ist, sind Schweitzers
Berichte über die Tätigkeit des Museumsvereins und die
Anschaffungen des Suermondt-Museums. Durch die Er-
werbung der Kölner Sammlung Moest ist die Skulpturen-
sammlung zur größten aller städtischen Museen geworden.
Eine Reihe von gut ausgewählten Abbildungen nach
Werken der Kölner, Kalkarer, der westfälischen und ober-
- deutschen Schulen veranschaulicht den Wert dieser Samm-
lung, die nach Fertigstellung der großen offiziellen Publi-
kation und der Beendigung der Aufstellungsarbeiten hier
noch eine besondere Besprechung finden soll.

Walter Cohen.

Hartmann Grisar, Die römische Kapelle Sancta Sanc-
torum und ihr Schatz. Mit einer Abhandlung von M.
Dreger über die figurierten Seidenstoffe des Schatzes.
Freiburg 1908, Herdersche Verlagsbuchhandlung. 10 M.
Es war ein großes Ereignis, als 1902 zum ersten Male
seit fast vier Jahrhunderten, d. h. seit Leo X., der Schatz
der einstigen Papstkapelle im Lateran, der Sancta Sanc-
torum wieder geöffnet wurde. Vorzüglich den Bemühungen
H. Grisars aus Innsbruck, des Autors der Geschichte der
Päpste, verdanken wir es und derselbe gibt hier in einem
vorzüglich illustrierten Buch eine sehr sorgfältige und ein-
gehende archäologisch-kunsthistorische Abhandlung, indem
er die Seidenstoffe einem der besten Kenner auf diesem
 
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