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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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Ausstellungen

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ihren Siegeslauf durch das ganze Land angetreten und
hier könnten ihre Werke in den Galerien auch weiterhin
Gutes stiften, als Vorbilder und Zeugen einer selbständigen
Naturanschauung, als Anregung zum eigenen Sehenlernen
für unseren jungen künstlerischen Nachwuchs.

Die Bedeutung der in Metz tagenden zweiten Elsaß-
lothringischen Kunstausstellung (Mai und Juni) beruht
darin, daß diese Gruppe, die jüngste und interessanteste
unter den deutschen Provinzialverbänden, sich zum ersten-
mal als geschlossene und reichgegliederte Gemeinschaft
dokumentiert. 150 Künstler sind mit etwa 700 Werken
vertreten. Ohne daß die Tatsachen im nationalen Sinne
gefärbt zu werden brauchen, kann man mit starker Be-
rechtigung feststellen, daß nirgends von einem ausschließ-
lich französischen Einfluß die Rede ist, nicht einmal der
Technik nach, sondern daß die Befruchtung aus Deutsch-
land, vornehmlich München und Karlsruhe, erfolgt. Diese
Neigung der elsaß-lothringischen Künstler erklärt sich frei-
lich weniger aus bewußt rationellen Gründen, als aus der
Beanlagung von Binnenlandkünstlern, die kein unmittelbares
Verhältnis zu impressionistischen Mal weisen haben, wie
man das an der Müncherier Schule ebenfalls beobachten
kann. Wenn man eine Unterscheidung vornehmen will,
so suche man sie in dem Betonen des Heimatskunstmäßigen,
das bei den Künstlern, die von Eingewanderten abstammen,
naturgemäß schwächer ist, als bei den Begabungen aus
eingeborenem Blute. Letztere weisen die Vorzüge boden-
ständigen Schaffens auf: Intimität, Liebe zu charakteristischen
elsässischen Dorfbildern, Landschaftsausschnitten, allerlei
Typen der Bevölkerung und eine oft humoristische Griffel-
kunst. In diesem Sinne durch und durch elsässisch ist vor
allem die Sondergruppe der Künstler bei St. Nicolas (Straß-
burg), zu der der Genrebildmaler und zarte Landschafter Emil
Schneider, die Radierer Georges Ritleng, Maurice Achener
und Jacques Wallz gehören, ferner Leo Schnug, der ein
gutes Beispiel für die im alemannischen Wesen noch so
lebhafte bäuerische Derbheit ist, Luden Blumer, Philipp
Kamm, Paul Braunagel, ein tüchtiger Illustrator und Glas-
fenstermaler. Das alles ist sehr reizvoll, weil man fühlt,
daß diese Kunst zwar nicht von großer Allgemeinbedeutung
ist, aber in einem originalen Ländchen durchaus eine Heimat
hat, und wenn man in der Kunst nicht achtundneunzig
Prozent aller Ausübenden überhaupt die Berechtigung ab-
sprechen will, so muß man Grenzen respektieren, die die
Künstler selbst durchaus nicht überschreiten wollen. — Von
Malern und Zeichnern deutscher Herkunft, die weniger der
Parole der Heimatkunst folgen und dafür mehr den allge-
meinen malerischen Problemen nachgehen, nennen wir:
Heinrich Beecke, einen tüchtigen Porträtisten, Modell- und
Ateliermaler, den Landschafter OeorgDaubner, den jungen
Lothringer Oeorg Girth, vor allem aber unseren ersten
Künstler, Lothar von Seebach, der Skizzen von Liebermann-
scher Kraft ausstellt und wie dieser als Porträtist interessant,
aber nicht ausgeglichen ist. Die Bildhauer vertreten Alfred
Marzolff, ein bedeutender Könner, und Albert Comes. Be-
merkenswert ist immerhin, daß die Elsässer weit durch
Zahl und Können vor den Lothringern überwiegen.

Otto Flake.

-f München. Amerikanische Ausstellung. Nach
einer Gastrolle in der Berliner Akademie ist die Kollektion
amerikanischer Gemälde nun auch in München in die
Räume des Kunstvereins eingezogen. Persönlichkeit ist ihre
Stärke nicht. Amerikas Kunst, wie sie sich in dieser Aus-
stellung präsentiert, ist ein aufgepfropftes Reis, kein aus
der vaterländischen Erde emporgewachsener Baum. Ihre
Schule war nicht das eigene Land, das flutende Leben
mit seinen wechselnden Eindrücken auf die Sinne und auf

das Gemüt, sie war vielmehr drüben über dem Wasser,
zum großen Teil in den Ateliers von München und Paris.
Dort lernte man durch die Brille eines anderen sehen,
dort lernte man dem Geschauten mit dem Pinsel nach-
fahren und so kennzeichnet sich auch das, was wir hier
als amerikanische Kunst vorgeführt bekommen. Nun
schließt das Gesagte aber nicht die Entwickelung der ein-
zelnen Persönlichkeit zu einer bedeutenden künstlerischen
Höhe aus, nur weil ihr ein Nationales fehle. Die Begabung
geht dann eben in der Bahn weiter, in der sie die Mög-
lichkeit einer Entfallung ihrer Kräfte gefunden hat und so
sehen wir in James Mc Neill Whistler den zweifellos be-
deutendsten und originellsten der amerikanischen Maler,
der in seiner außerordentlichen Sensibilität und seinem
wirklich künstlerischen Empfinden alle andern weit hinter
sich läßt. In zweiter Linie zeigen sich die beiden Vertreter
Münchner Schulen William Merritt Chase und Fr. Duve-
neck als tüchtige, ihr Material beherrschende Maler, von
denen der erstere in dem feinempfundenen Datnenbildnis
mit dem weißen Schal und in dem gediegenen Fischstill-
leben sich noch als der bedeutendere erweist. Robert
Mc Cameron stellt ein gutes Porträt des Präsidenten Taft
aus, dessen tiefe, energische Farbe, verbunden mit gutem
Formgefühl und einer trefflichen Charakteristik, einen an-
genehmen Kontrast zu der eleganten, aber seichten Salon-
malerei John Sargents bildet. W. M. Hunts flaues Mäd-
chenprofil mit der weißen Kappe und dem roten Halstuch
scheint nach den künstlerischen Kochrezepten eines frühen
Gabriel Max und englischer Präraffaeliten entstanden zu
sein. Bei dem Porträt einer Mutter mit Kind von der
Hand des gleichen Malers, das in seiner Bildwirkung
äußerst geschickt erfaßt ist, möchte man sich fast an frühe
Feuerbachsche Darstellungen erinnert fühlen, ohne aber
etwas von dessen Größe zu spüren. Auf französischer
Schule fußen einige Landschaften von Alexander H. Wyants,
während andere von George Inneß mehr einem englischen
Vorbilde sich zu nähern scheinen. Mangel an wahrer
Lebensempfindung bei einer sorgfältig ausführenden Ma-
lerei fiel mir neben einem manchmal stark barocken Farben-
geschmack an den zwei Bildern George de Forest Brushs
auf. D. Martins Muschelsammlerinnen könnten einen
frühen Liebermann zum Vater haben. Überall sieht man
die Fäden nach dem Osten laufen, selbst im Vorwurf der
Bilder liegt nichts Typisch-Amerikanisches mit Ausnahme
einiger weniger, wie der Muhrmanns und der Radierungen
Pennels, welch beide richtigerweise ihre großstädtische
nächste Umgebung, das Leben und Treiben in der Milli-
onenstadt einer künstlerischen Verarbeitung für würdig
halten.

Leipzig. Der Verein »Deutsche Buchgewerbe-
künstler, e. V., Sitz in Leipzig«, der im vorigen Jahre
zur Wahrung und Förderung der im Buchgewerbe schöpfe-
risch tätigen Künstler ins Leben gerufen wurde, beteiligt
sich an der Weltausstellung in Brüssel mit einer Kol-
lektivausstellung in eigenem Räume und unter eigener
Jury. Der Verein, dessen Mitglieder ernannt werden, ver-
einigt sämtliche führende Kräfte der deutschen Buchkunst.
Der erste Vorsitzende ist zurzeit Walter Tiemann, dem
Vorstande gehören an: Peter Behrens, J. V. Cissarz, Julius
Diez, Emil DoepIerd.J., F. H. Ehmke, Franz Hein, Georg
Schiller, Maxm. Honegger, Hugo Steiner-Prag, Max Seliger,
Heinrich Vogeler und E. R. Weiß.

+ Von Mitte Juni bis 4. Oktober 1910 findet in Salzburg
eine internationale Kunstausstellung statt. Das k. k.
Kultusministerium in Wien wird vier goldene und sechs
silberne Staatsmedaillen, die Stadt Salzburg drei silberne
Medaillen an hervorragende Künstler ausgeben.
 
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