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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0232

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Forschungen — Institute

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hinsichtlich der Stifterbildnisse. Es kann nur gesagt wer-
den, daß alle bekannten Porträts des Jan im Ausdruck
hinter diesen zurückbleiben.

Von der Innenseite gehören die drei großen Figuren
oben, wie allgemein anerkannt, dem Hubert. Das Flügel-
bild mit den Eremiten zeigt in den Köpfen den tiefen
seelischen Ausdruck Huberts, zudem sind die beiden Frauen
Wiederholungen der Verkündigungsmadonna und der
großen fürbittenden Madonna der oberen Reihe, die beide
von Hubert herrühren. Auch in der Pilgertafel weist die
Farbengebung auf Hubert, während das etwas heraus-
fallende Rot des Christophmantels der Fertigstellung durch
Jan zuzuschreiben sein mag. Die entsprechenden Flügel
der linken Seite sind sicher von Jan ausgeführt, die Farbe
zeigt seine vollen, ungebrochenen Töne. Zudem ist der
hl. Martin mit dem Banner von Oent nahe verwandt dem
hl. Georg auf Jans Dresdener Triptychon. Entworfen
mögen aber auch diese Teile von Hubert sein, wie ja
selbst die singenden Engel bereits auf seiner Kirchen-
madonna vorgebildet erscheinen. Ein einheitliches, fertiges
Werk Huberts steht in der Verkündigung der Außenseile
vor uns, während in den anderen Teilen viele Zutaten
durch die ausführende Hand des Jan über das Werk des
älteren Meisters gelegt sind. o.

Der Kunstverein in Barmen versendet seinen Jahres-
Bericht für 1909. Im verflossenen Jahre ist seine Samm-
lung u. a. durch Werke zweier markanter Vertreter der
Jung-Düsseldorfer Kunst, Max Ciarenbach und Walter
Ophey, bereichert worden. Neben dem Ausbau seiner
eigenen Galerie sind vor allen Dingen die Veranstaltungen
von periodischen Ausstellungen zu erwähnen, durch die er
Barmen mit den besten Erzeugnissen der Kunst unserer
Zeit bekannt macht. In den letzten beiden Jahren ist wieder
eine Steigerung des Besuches festzustellen. Die Gesamt-
summe der im Jahre 190g an Private vermittelten Verkäufe
beträgt 23015 Mark. Dazu kommen die aus eigenen Mitteln
für die Sammlungen des Vereins aufgewendeten 10000
Mark und 4559 Mark für Kunstwerke, die für die Verlosung
angekauft wurden, so daß sich die Gesamtsumme der im
Laufe des Berichtsjahres verkauften Werke auf 37590,15
Mark beläuft.

FORSCHUNGEN

Hans Wydyz. Der Meister des 1505 verfertigten Drei-
königaltars im Freiburger Münster, Johannes Wydyz, war bis
jetzt nicht sicher lokalisiert, obgleich er von verschiedenen
Forschern mit Straßburg i. E. und Basel in Beziehung gebracht
wurde. Herrn Dr.Münzel-Freiburgsowiedem Schreiberdieser
Zeilen ist es bei ihren Studien im Freiburger Stadtarchive
geglückt, zum ersten Male diesen Meister urkundlich nach-
zuweisen und ihn nach Freiburg i. Br. zu lokalisieren.
Darnach war Wydyz 1499 bereits in Freiburg, weil ihn die
Steuerliste von 1500 schon alphabetisch eingereiht mitteilt,
was, wenn er erst 1500 gekommen wäre, nicht der Fall
gewesen wäre. Die Listen wurden nämlich am Anfange
des neuen Jahres nach den Listen des vorhergehenden
Jahres aufgestellt, die während des Jahres Neuhinzukom-
menden aber mußten am Ende der Liste angefügt werden.
Leider sind die Steuerbücher von 1493—1499 nicht erhalten,
so daß man vorläufig nicht sagen kann, ob er schon vor
1499 sich in Freiburg aufgehalten hat. Es ist aber wahr-
scheinlich. Im Steuerbuch von 1500 wird er in der Maler-
zunft als »hanns widitz bildhower« mit 5 Schillingen Steuer-
betrag aufgeführt. Ebenso 1501 und 1502. Von 1503—1507
fehlen wieder die Steuerakten, doch war Wydyz sicher in
dieser Zeit in Freiburg, da erstens der Altar 1505 signiert
ist und zweitens ihn das Steuerbuch von 1508 alphabetisch

eingeordnet (was wieder die Anwesenheit von 1507 be-
stätigt) mit 5 Schillingen Steuerbetrag registriert. Von
1509 — 1518 fehlen leider wieder die Steuerbücher; da ihn
das Steuerbuch von 1519 nicht mehr aufführt, so muß
Wydyz in der Zwischenzeit weggezogen oder verstorben
sein. — Herr Dr. Münzel hatte inzwischen das Glück, eine
neue Urkunde aufzufinden, die zeigt, daß Wydyz mindestens
bis 1510 in Freiburg gewesen sein muß. In den Münster-
rechnungen findet sich folgender Eintrag: »23. Juni 1510.
Item 4 €(. 7Y2 sch. meister Hansen dem bildhower von
den trey schiben zuo machen in die schlosstein im neuwen
Kor uff sontag und vigilia Joh. Batiste thul 7 fl. in gold.«
— Wydyz hat demnach, denn nur er kann der »Meister
Hans« sein, die äußerst reizvollen und prächtig in den
Kreis komponierten Chorschlußsteine geschaffen, von denen
der erste einen das Freiburger Stadtwappen haltenden
Engel, der zweite eine Madonna mit Kind und der dritte
das österreichische Wappen zeigt. — Über diese Fragen
wird Herr Dr. Münzel demnächst im 1. Hefte der Frei-
burger Münsterblätter 1910 im Zusammenhange mit seiner
Entdeckung eines Freiburger Malers Hans Baer, dem er
mit Sicherheit einige Gemälde zuweisen konnte, ausführ-
lich handeln. Helmuth Th. Boßert.

INSTITUTE

Florenz. Kunsthistorisches Institut, Sitzung vom 28.
Februar. Herr Prof. Hülsen sprach über antike Vorbilder
für die Illustration der Hypnerotomachia des Polifilo (Vene-
dig, Aldus 1499). Der Illustrator hat Zeichnungen nach
Antiken benutzt, die in Rom etwa zwischen 1475 und 1490
entstanden sind. Hervorgehoben sei jetzt nur: die wegen
ihrer Schönheit oft abgebildete Darstellung des vom Adler
getragenen Sonnengottes ist einem antiken Altar ent-
nommen, der heute im Kapitolinischen Museum bewahrt
ist. Über den Vortrag wird ausführlicher in den »Mittei-
lungen des Kunsthistorischen Instituts« und der Florentiner
»Bibliofilia« berichtet werden.

Herr Gustav Britsch entwickelte seine Auffassung von
einer speziell künstlerischen Kunstwissenschaft, indem er
den Gegenstand der künstlerischen Leistung einer Betrach-
tung unterzog. Er sieht ihn in der Ordnung und Klarheit
eines Gesichtsvorstellungsbesitzes und wird diese Auf-
fassung demnächst in einer besonderen Schrift auseinander-
setzen.

Sitzung vom 16. März. Herr Prof. Hülsen zeigte, daß
sich für die Sakristei von Santo Spirito in Florenz, das
schöne Werk Giuliano da Sangallos, ein antiker Bau als
Vorbild für den Grundriß angeben läßt: Thermen in Viterbo,
von denen sich auch wirklich eine Zeichnung Sangallos
(Blatt 8 seines Sieneser Skizzenbuches) erhalten hat.

Herr Dr. Bombe erläuterte eine Sammlung von Ab-
bildungen Peruginer Minialuren aus dem 14. bis 17. Jahr-
hundert, die in künstlerischer und ikonographischer Hin-
sicht Interesse verdienen; die zugehörigen archivalischen
Nachrichten sind gleichzeitig im Repertorium für Kunst-
wissenschaft erschienen.

Herr Dr. Hans Schulze behandelte die Bildnisse der
Vittoria Colonna. Mit den Medaillen stimmt das Bild
Altissimos im Verbindungsgang zwischen Pitti und Uffizien
überein. Bronzinos Bild in der Leuchtenberg-Galerie in
St. Petersburg kann sie ebenfalls vorstellen, das Pontormos
in der Galerie Buonarroti ist jedoch vielmehr ein reines
Idealbild.

Herr Dr. Walter Friedländer sprach über die Fontana
delle Tartarughe in Rom vom Jahre 1585. Er hob hervor:
nicht nur der jetzt so bekannte Name ist neu, sondern
auch die Tartarughe (Schildkröten) selbst sind eine spätere
Zutat erst aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.

Inhalt: »Florakinder«. — Walter Oenself; Franz Skarbinaf; A. Kipst; Konradin Walther f. — Personalien. — Preisausschreiben für eine Rhein-
landschaft, ein Mozarthaus in Salzburg, Heidelberger Rathausneubau. — 11. Tag für Denkmalpflege (Programm). — Moltkebuste in der
Walhalla zu Regensburg; Racine-Denkmal in Paris. — Ausstellungen in Berlin, München, Metz, Leipzig, Salzburg, Dresden. — Erwerbungen
der Hamburger Kunsthalle, des Museums in Hannover, des Oerman. Nationalmuseums in Nürnberg, der Oraph. Sammlung in München ;
Eintrittsgelder in die Münchener Sammlungen. — Berliner kunstgeschichtl. Oesellschaft; Kunstverein in Barmen. — Forschungen. — Institute.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. o. m. b. h. Leipzig
 
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