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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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Eintrittsgelder in die alte Pinakothek zu München
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Wolf, August: IX. internationale Kunstausstellung in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0233

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

»mm»

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXI. Jahrgang 1909/1910 Nr. 28. 3. Juni.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

EINTRITTSGELDER IN DIE ALTE PINAKOTHEK
ZU MÜNCHEN.
Kultusminister von Wehner, dem die Sorge für
Hebung der Kultur, für Verbreitung von Bildung und
Wissen in Bayern obliegt, ist in der Landtagssitzung
vom 23. Mai mit seinem Antrag, an vier Tagen der
Woche für den Besuch der alten Pinakothek ein Ein-
trittsgeld von 1 Mark zu fordern, tafsächlich durchge-
drungen. Der Antrag ist gegen die Stimmen aller
anderen Parteien vom Zentrum angenommen worden.
Daß die Empörung über die beabsichtigte Maßnahme
in München groß ist, läßt sich denken. Gerade
in unserem Zeitalter, das auf das Eifrigste bestrebt
ist, breiteren Schichten des Volkes den Genuß gei-
stiger Güter zu ermöglichen, sei es auf dem Gebiet
der Musik, der Literatur, der Wissenschaft oder der
bildenden Kunst, verschließt man eine der herrlichsten
Sammlungen Europas, ganz gegen den Geist ihres
Gründers, um weniger 20000 Mark willen dem freien
Besuch. Wohl ist es wahr, daß die alte Pinakothek
mit ihren jährlichen 30000 Mark höchst unzureichend
dotiert ist, aber was nützt eine so minimale Auf-
besserung des Ankaufsfonds, wenn dafür der Besuch
der Sammlung derartig erschwert wird. Erhöbe man
an zwei, ja im äußersten Falle an drei Tagen der
Woche eine Eintrittsgebühr, so würde man sich das
im Interesse des Ausbaues der Sammlung gerne ge-
fallen lassen; aber an vier Tagen der Bevölkerung
den Besuch der Galerie unmöglich zu machen geht
zu weit und wäre ein aller bisherigen Tradition
Münchens Zuwiderhandeln, das die schärfste Ver-
urteilung verdient. Es hatte etwas Großzügiges,
daß die alte Pinakothek im Gegensatz zu andern
deutschen und ausländischen Sammlungen jedermann
offen stand, daß Bürger, Aristokrat und Bauer, Deutscher
und Ausländer, der Arme und der Reiche sich in
ihr jederzeit an dem Anblick der großen Meister-
werke der alten Kunst erfreuen konnten. Das war
mehr wert, als es die Bereicherung der Sammlung
durch Kunstwerke für die jährlichen 14000 Mark
(6000 Mark fallen für Regiezwecke weg) sein wird.
Herr von Wehner berief sich auf die Fremden: »Den
Fremden kann das Eintrittsgeld zugemutet werden«.
Ganz abgesehen davon, daß hier der Einheimische
mit dem Fremden leiden muß und die Fremden über-
haupt die Verderbnis des ursprünglichen Münchens sind
und hier eine Beutelschneiderei groß ziehen, deren
sich jeder anständige Eingesessene schämt, so sind

auch nicht alle Reisenden reiche Engländer und Ameri-
kaner, sondern ein großer Prozentsatz der Besucher
Münchens besteht aus Deutschen und zwar aus solchen,
die nicht über übermäßige Geldmittel verfügen. Kein
Volk der Erde reist bei so geringem Einkommen
wie der Deutsche. Er hat sich oft bis auf den letzten
Pfennig seine Reise ausgerechnet und lebt auf der-
selben alles eher wie üppig. Für ihn ist es also bei
kurzem Aufenthalt in München nicht gleichgültig, ob
er in die alte Pinakothek unentgeltlich hinein kann
oder ob er zahlen muß. Manchmal würde man auch
gerne auf eine halbe Stunde, die man eben zur Ver-
fügung hat in die Sammlung gehen, um sich einige
Bilder wieder anzusehen, ein frommer Wunsch, der
Wunsch bleiben muß, weil an der Türe ein Cerberus
in Gestalt des Kassierers steht.

Man setzt in München seine Hoffnung noch auf
den Beschluß der Reichsratskammer. Ob von ihrer
Seite noch Hilfe zu erwarten ist, nachdem es einmal
schon gelungen ist, den Regenten für die Erhebung
der Eintrittsgebühren zu gewinnen, wage ich kaum
zu glauben. Auf jeden Fall würde sie sich den
wärmsten Dank weiter Kreise erwerben, wenn sie
von den vier Tagen einen bis zwei streichen würde.
_ A. Cr.

IX. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG IN
VENEDIG

Wie schon früher mitgeteilt, entschloß sich die hiesige
Stadtverwaltung, um die in Rom 1911 abzuhaltende Inter-
nationale Kunstausstellung nicht zu schädigen, die auf
eben jene Zeit angesetzte IX. hiesige Ausstellung schon
am 23. April dieses Jahres zu eröffnen. — Zum allgemeinen
Erstaunen gelang es denn auch dem unermüdlichen Fra-
deletto, in der kurzen Zeit von sechs Monaten etwas ganz
Bedeutendes zusammenzubringen, ja sogar die Zahl der
Räume um weitere vier zu vermehren, so daß man jetzt
40 Säle und vier Pavillons zählt. War schon bei der
letzten Ausstellung die Aufnahme der Werke Nichtein-
geladener auf ein Minimum beschränkt, so besteht die-
selbe diesmal nur aus Werken »Eingeladener«. Sie wurden
zu einer Massensendung aufgefordert, so daß 17 hervor-
ragende Maler in reichster Oesamtleistung auftreten und
zwar sowohl mit ihren neuesten Werken, wie mit solchen,
die, aus Staats- und Privatbesitz herzugezogen, ihre frühere
Richtung, ihren Werdegang vor Augen führen. So ist z. B.
J. Israels mit 37 Gemälden der verschiedensten Zeiten ver-
treten. Auch die Werke nicht mehr lebender Künstler hat
man vorgeführt: Courbet, Monticelli und Netti. Die deut-
sche Kunst ist, abgesehen vom Bayerischen Pavillon, ver-
treten durch Klimt, Zwintscher und Dill.
 
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