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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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Adolf Michaelis
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Schleinitz, Otto von: Die neue "Turner-Gallery"
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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0297

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXI. Jahrgang 1909/1910 Nr. 36 u. 37. 26. August.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

ADOLF MICHAELIS f

Am 12. August d. J. ist Adolf Michaelis, Professor
der klassischen Archäologie an der Universität Straß-
burg, aus einem reichen Leben abberufen worden,
betrauert und schmerzlich vermißt von zahlreichen
Freunden und Fachgenossen aller Länder.

Auch Michaelis entstammt, wie sein Onkel Otto
Jahn, dem Lande der Holsten, das gerade der Alter-
tumswissenschaft so viele und ausgezeichnete Männer
geschenkt hat. Am 22. Juni 1835 zu Kiel geboren,
studierte er nach Absolvierung des Gymnasiums seiner
Vaterstadt von 1853—57 in Leipzig, Berlin und Kiel.
Studienreisen halten ihn die nächsten Jahre von
Deutschland fern, in Italien und Griechenland, wie
in Paris und London liegt er eifrig der Forschung
ob und legt den Grund zu einer umfassenden Denk-
mälerkenntnis. Mit einem reichen Schatz an Beob-
achtungen und Ideen heimgekehrt, habilitiert Michaelis
sich 1861 in Kiel. Im folgenden Jahre siedelt er als
außerordentlicher Professor nach Greifswald über und
1865 als ordentlicher Professor für klassische Philo-
logie und Archäologie nach Tübingen. 1872 folgte
er darauf einem Ruf an die neugegründete Univer-
sität Straßburg i. E., der er bis zu seinem Übertritt
in den Ruhestand vor zwei Jahren angehört hat.
Als einer der führenden Geister in der Archäologie
hat Michaelis in rastlosem begeisterten Schaffen der
Wissenschaft gedient, von seinem Eintritt in die wissen-
schaftliche Welt bis in die letzten Tage seines Lebens,
und seiner weitgreifenden und tiefgehenden Forschung
verdanken wir eine große Reihe vorzüglicher Ar-
beiten, die dank seines eindringenden Blickes und
seines reichen Wissens zu dem besten gehören, was
die archäologische Literatur hervorgebracht hat. Mi-
chaelis' Hauptwerk, die große zusammenfassende
Monographie »Der Parthenon« ist heute, 40 Jahre
nach seinem Erscheinen, noch unerreicht und wird
für alle Zeiten seine Bedeutung behalten, wie auch
die zahlreichen zerstreut erschienenen Abhandlungen
der verschiedensten Art, oder wie das große Werk
über die Antiken Englands: Ancient marbles in Great
Britain. Geradezu bewunderungswürdig an Michaelis

Diesem Nachrufe eines dem Verstorbenen besonders
nahestehenden jüngeren Schülers wird noch die einläß-
liche Würdigung der Persönlichkeit und der wissenschaft-
lichen Leistungen des bedeutenden Gelehrten in einigen
Monaten folgen.

war sein weitgehendes Interesse für alle Zweige des
klassischen Altertums. Wie wohl kaum einer seiner
Fachgenossen hat er die neuesten Forschungen bis
in die Einzelheiten mit durchlebt, und selbst die in
den letzten Jahrzehnten in überraschender, fast be-
ängstigender Fülle sich drängenden Ergebnisse der
Ausgrabungen etc., ihm waren sie alle vertraut. Er
war deshalb auch vor allen berufen, eine zusammen-
fassende Darstellung der antiken Kunstgeschichte zu
schreiben, und er hat es verstanden, das von ihm
umgearbeitete »Handbuch der Kunstgeschichte« von
A. Springer auf eine wissenschaftliche Höhe zu bringen,
wie man sie selten bei einem populären Handbuch
findet. Auch das letzte größere Werk Michaelis':
»Die archäologischen Entdeckungen des neunzehnten
Jahrhunderts« ist eine Frucht seines rastlosen Schaffens
auf dem Gebiete der neueren Forschung.

War Michaelis als Gelehrter einer der bedeutend-
sten Archäologen — seinen Schülern war er mehr,
ein Lehrer, dessen klar gedachte und warm empfun-
dene Worte zu Herzen gingen, der vor den Kunst-
werken zu einem tiefen und dauernden Verständnis
anzuleiten wußte, der vor allen Dingen aber in seiner
wohlwollenden liebenswürdigen Art manchem ein
väterlicher Freund geworden ist, dessen Hilfe nie ver-
sagte. Michaelis war eine so feine Persönlichkeit,
ein so sympathischer Charakter, von so hervorragen-
den Eigenschaften, daß jeder sich zu ihm hingezogen
fühlte. Noch heute steht mir vor Augen, wie ich, nur
um seinetwegen nach Straßburg gegangen, in ehrfurchts-
voller Scheu zum erstenmal ihm gegenüber saß. Schon
nach der ersten Vorlesung fühlte ich, in ihm meinen
Lehrer gefunden zu haben. Die Ehrfurcht ist ge-
blieben, die Scheu aber bald geschwunden und hat
einer liebevollen Verehrung Platz gemacht, die alle
Zeiten überdauert. Und wieviel Freunde Michaelis
sich erworben, ich hab's immer wieder erfahren in
den verschiedensten Teilen der weiten Welt, unzähligen
Herzen ist er teuer gewesen als Gelehrter und als
Mensch. Sie alle werden ihm ein ehrenvolles, wie
auch herzliches Andenken gern bewahren. A. K-

DIE NEUE »TURNER-GALLERY«
Endlich hat die Hauptmasse der Werke Turners
eine bleibende Heimstätte in London gefunden. Als
der Maler sein Testament anfertigte, hatte er vor allem
den Zweck im Auge, unbemittelten Künstlern zu
 
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