Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

DOI Artikel:
Japanische Kunst auf der japanisch-englischen Ausstellung in London
DOI Artikel:
Arne, Ture Algot Johnsson: Herr Willy Pastor und die Ausstellung von Meisterwerken muhammedanischer Kunst in München
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0300

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
583

Herr Willy -Pastor und die Ausstellung muhammedanischer Kunst in München

584

(Ende 15. jahrh.), des Schreibkastens und Tisches mit
der Dekoration »Tsuta no Hosomichi«, die Tatsuki
Chöbei im Anfang des 17. Jahrhunderts fertigte (Graf
Tsugaru), wenigstens von dem Stil und der Pracht
der höfischen Lacke dieser Zeit eine Vorstellung geben.
Typische Lacke der Tokugawazeit nehmen natürlich
den breitesten Raum ein, aber sie verschwinden neben
den grandiosen Arbeiten eines Köetsu (f 1637) und
Körin. Des ersten Etagere mit Kieferzweigen (»Ne no
hi no Shodana«, Marquis Hachisuka) und Kasten für
Nögesänge (Baron Iwasaki) stellen allerdings den nicht
übermäßig hervorragenden Schreibkasten des Korin
(Vic. Matsudaira Yasutami) in den Schatten.

Die Ausstellung lohnt also für den Freund ost-
asiatischer Kunst reichlich die Reise nach London.
Auch der Sammler japanischer Kunstwerke kann dort
sehr viel lernen — vor allem Bescheidenheit und
Resignation. KÜMMEL.

HERR WILLY PASTOR UND DIE AUSSTELLUNO
VON MEISTERWERKEN MUHAMMEDANISCHER
KUNST IN MÜNCHEN

In der Unterhaltungsbeilage zur Täglichen Rundschau
vom 2g Juni hat Herr Willy Pastor eine Besprechung der
diesjährigen Ausstellung von Meisterwerken muhammeda-
nischer Kunst in München veröffentlicht, die er nach Grund-
gedanken und Absicht verfehlt hinstellt. Er behandelt die
Ausstellung im allgemeinen und geht dann im besonderen
auf eine Abteilung näher ein, wo man sich die Aufgabe
gestellt hat, den Einfluß der orientalischen Kunst auf die
skandinavischen Länder nachzuweisen.

Da ich im Auftrage der Ausstellungsdirektion diese
kleine Abteilung geordnet habe, und die wenigen Gegen-
stände von mir ausgewählt sind, scheint es mir geboten,
daß ich auf diesem Punkte die Ausstellung verteidige.

Was dem Kenner auffällt und was mit Recht zu kriti-
sieren wäre, ist der fast vollständige Mangel an Original-
gegenständen, die den orientalischen Einfluß auf skandi-
navische Kunst verraten. Eben deshalb ist diese kleine
Abteilung abseits von den Originalen in den Hintergrund
der graphischen Abteilung gerückt worden. Sie ist in
einer der Nischen des Raumes Nr. 2g untergebracht und
tritt wahrlich nicht pretenziös auf, wenn man den ihr zu-
gebilligten Raum mit den 80 Räumen der gesamten Aus-
stellung vergleicht. Hervorheben möchte ich, daß es von
Seiten der Ausstellungsdirektion nicht an Versuchen ge-
fehlt hat, Originale aus den Museen von Kopenhagen und
Stockholm zu bekommen; leider vergeblich.

Die Zeilen, gegen die sich vor allem meine Ver-
teidigung richtet, möchte ich in extenso anzuführen mir
erlauben:

»Hätten die gelehrten Herren .... nur halb so viel
Kenntnis vom alten Europa wie von ihrem geliebten
Orient, dann würden ihnen nicht so ungeheure Irrtümer
unterlaufen. Sie würden sich hüten, in einem solchen Zu-
sammenhang und einer solchen Absicht Beispiele der
Wikinger-Ornamentik zu geben, aus der das Ornament der
Stabkirchen hervorging, das reichste und edelste, das dieser
Erdball sah. Sie würden sich hüten, alle Farbenfreude
des Abendlandes, die dort bis in die jüngere Steinzeit
nachweisbar ist (Wandverputz der Großgartachhäuser),
dem Orient zugute zu schreiben. Und einigermaßen bange
würde ihnen, wenn sie die stetige Entwickelung und Selb-
ständigkeit der nordischen Kunstgeschichte einsähen, vor
einem Katalogphilosophen, der so köstliche Sätze wie die

folgenden zu Papier bringt: Wahrscheinlich haben die
Nordländer, die jahrelang in der Leibgarde der byzantini-
schen Kaiser gedient hatten, auf der Rückfahrt in die kalten
Heimatländer neue Kleider und einfache orientalische
Teppiche, wie sie in Byzanz feilgeboten wurden, gekauft.
Diese Gegenstände wurde dann zu Hause von den Frauen
und Töchtern der Wikinger nachgebildet.«

Diese letzten Worte finden sich in den einführenden
Kapiteln des Katalogs und rühren von mir her, der ich
als Prähistoriker und Vorstand der Abteilung in dem
Stockholmer Museum vaterländischer Altertümer, die die
Eisenzeit umfaßt, etwas vom alten Europa und speziell
von der Wikingerzeit zu wissen glaube, ja bedeutend mehr
als von dem »geliebten Orient«. Ich begreife wirklich
nicht, was Herr Pastor mit Beispielen der Wikinger-Orna-
mentik meint. Die ausgestellten Photographien mit ihren
Abbildungen von ornamentierten Beschlägen, Silberschalen
und Silberschmuck, Schwertgriffen, Taufbecken, Textilien
usw. sind alle solche, die nichts mit der einheimischen
Wikinger-Ornamentik zu tun haben. Diese ist auch gar
nicht so urwüchsig und einheitlich, und es dürfte vielleicht
Herrn Pastor nicht unbekannt sein, daß man von einer
Karolingischen Ornamentik und von irischen Einflüssen
auf die Ornamentik der Wikingerzeit spricht. Was die
Karolingische Ornamentik betrifft, ist es übrigens eine
offene Frage, ob nicht ihre Tierfiguren im Orient ihre
Vorbilder haben. Das Ornament der Stabkirchen, »das
reichste und edelste, das dieser Erdball sah«, hängt doch
nur zum kleinsten Teil mit der einheimischen, aus der
Völkerwanderungszeit vererbten Ornamentik zusammen.
Das meiste trägt schon Spuren des romanischen Einflusses.
(Vgl. H. Schetelig: Urnes-gruppen, det sidste avsnit av
vikingetidens stilutvikeling. Kristiania igio.)

»Keiner der gelehrten Herren,« die die Einführungen
des Katalogs verfaßt haben, hat alle Farbenfreude des
Abendlandes dem Orient zugute geschrieben. Professor Sarre
weist nur gelegentlich auf die bekannte Tatsache hin, »daß
die aus dem Orient stammenden Seidenstoffe und Teppiche
auf die koloristische Entwickelung der italienischen Malerei
zur Renaissancezeit von bedeutendem Einfluß gewesen
sind, und daß die persischen und türkischen Samt- und
Brokatstoffe des 15.—17. Jahrhunderts durch ihren Export
nach Europa hauptsächlich die Farbenpracht des Orients
den Italienern und ihrer Malerei vermittelten und in den
Manufakturen von Venedig und Genua nachgeahmt wurden.«
Abgesehen davon, daß diese Farbenfreude schon in der
älteren Steinzeit nachweisbar ist (vgl. die Tierbilder in
südfranzösischen und spanischen Höhlen), so kommt es
bei den ausgestellten schwedischen Textilien nur darauf
an, zu zeigen, daß in vielen Fällen die Farbenzusammen-
stellungen dieselben sind wie bei kleinasiatischen und
armenischen Teppichen. Ebenso gehen viele Muster un-
zweifelhaft in letzter Hand auf den Orient zurück. Daß
nordische Textilien vom Orient beeinflußt sind, und daß
dieser Einfluß wahrscheinlich schon in die Wikingerzeit
zurückgeht, das ist der Inhalt meiner Ausführungen, »der
so köstlichen Sätze des Katalogphilosophen«. Es ist mir
niemals eingefallen zu behaupten, daß der Stil, den man
an den ältesten Teilen der Urnaeskirche in Norwegen, an
den schwedischen Runensteinen und an so vielen nordi-
schen Metallgegenständen wiederfindet, eine direkte Kopie
nach orientalischen Vorbildern wäre. Aber der Stil der
Wikingerzeit ist noch lange nicht so gut erforscht wie der
der Völkerwanderungszeit (vgl. Salins altgermanische Tier-
ornamentik). Über den Einfluß orientalischer Vorbilder
auf schwedische Textilien verweise ich auf F. R. Martins
Ausführungen in seinem großen Teppichwerk. Martin
war jahrelang als Beamter am Museum vaterländischer
 
Annotationen