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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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Arne, Ture Algot Johnsson: Herr Willy Pastor und die Ausstellung von Meisterwerken muhammedanischer Kunst in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0301

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5«5

Nekrologe

586

Altertümer in Stockholm mit der Prähistorie Europas be-
schäftigt und dürfte etwas von dem einschlägigen Gebiete
verstehen. Näheres über die Beziehungen Schwedens zum
Orient bringt mein Aufsatz »Les Relations de la Suede et
de l'Orient pendant l'äge des vikings (Cinquierne congres
prehistorique de France, Le Mans 1910)«.

Es ist weder mir, noch einem andern Kenner der nor-
dischen Kunst bisher eingefallen, das hölzerne, in Nor-
wegen gefundene Spielzeug aus dem 6. Jahrhundert als
einen klaren Beweis der sklavischen Abhängigkeit der
früheren norwegischen von der späteren muhammeda-
nischen Kultur aufzufassen. Das Objekt ist mit derselben
Berechtigung auf der Ausstellung vorhanden wie etwa
koptische und sassanidische Gegenstände. Es soll nur
zeigen, daß der Weg vom Orient nach dem Norden schon
in vormuhammedanischer Zeit offen war.

»Muhammedanische Kunst, gibt es etwa dergleichen?«
So fragt Herr Pastor. Und nachdem er, ohne nähere Gründe
anzugeben, eine verneinende Antwort gegeben hat, schlägt
er vor, das nächste Mal eine germanische (wohl altgerma-
nische?) Kunst- und Kulturausstellung anstatt einer mu-
hammedanischen in München zu veranstalten. Ist etwa
die germanische Kunst einheitlicher und organischer als
die muhammedanische, deren Existenz bisher zum ersten
Male von Herrn Pastor geleugnet worden ist? Aber
hierauf näher einzugehen, liegt nicht in meiner Absicht.
Nur das möchte ich noch hervorhehen, daß die Entwicke-
lung der muhammedanischen Kunst nirgends in der Welt
besser studiert werden kann als in der Münchener Aus-
stellung. In keinem Museum Europas ist ein so umfang-
reiches und charakteristisches Material vorhanden, wie es
hier für wenige Monate aus den bedeutendsten Staats-
und Privatsammlungen, aus Kirchenschätzen, Schatzkammern
und Bibliotheken zusammengebracht und, wie Herr Pastor
anerkennt, vortrefflich aufgestellt worden ist, — zur Freude
des Kunstliebhabers und zum Nutzen wissenschaftlicher
Forschung. T. J. ARNE,

Abteilungsvorstand am Museum vaterländischer Altertümer
zu Stockholm.

NEKROLOGE

Walther Scholtz f. In Meersburg am Bodensee ist
nach kurzer schwerer Krankheit am 2. August der Dresdner
Maler F. Walther Scholtz gestorben. Der Name Scholtz hat
in Dresdens Kunstwelt einen guten Klang. Der Vater
Julius Scholtz zeichnete sich zur Zeit der Herrschaft des
Klassizismus durch sein feines Farbenempfinden aus und
ist namentlich durch seine großen historischen Gemälde
»Gastmahl der Generale Wallensteins« und »Die preußischen
Freiwilligen zu Breslau im Jahre 1813« bekannt geworden.
Die Dresdner Klassizisten unterdrückten allerdings diesen
Künstler, der neben der Komposition auch die Farbe zu
werten wußte, nach Möglichkeit, stellten ihn z. B. als Pro-
fessor der Akademie an die Spitze der Gipsklasse, anstatt
ihm die Malklasse anzuvertrauen. Walther Scholtz, geboren
am 20. Februar 1861, der also ein Alter von 4g Jahren erreicht
hat, machte seine Studien an der Dresdner Akademie — zuletzt
im Atelier von Ferdinand Pauwels — verdankte aber sein
bestesKönnen seinem Vater und seinen eigenen Studien, na-
mentlich in München. Seit 1898 lebte er dauernd als selb-
ständiger Künstler in Dresden. Er malte Genrebilder, später
Straßenszenen und landschaftliche Bilder mit Figuren ohne
genrehafte Beziehungen und Bildnisse. Auch romantische
und historische Motive hat er zuweilen dargestellt. So
besitzt das Stadtmuseum zu Dresden von ihm ein Bild
»Blick von der Treppe der Brühischen Terrasse auf die
Augustusbrücke« und ein größeres Gemälde »Pflege der
Verwundeten am Pirnaischen Tor zu Dresden im Jahre 1813«.

Scholtz besaß einen ausgebildeten Geschmack für feine
farbige Wirkungen und zeichnete sich auch im Bildnis
durch geschmackvolle vornehme Auffassung aus. Er war
Mitglied der Dresdner Kunstgenossenschaft und vermöge
seines liebenswürdigen Wesens in den gesellschaftlichen
Kreisen Dresdens wohlbeliebt. m

In Königsberg starb im Alter von 75 Jahren der Hi-
storienmaler Prof. Dr. Johannes Heydeck, jahrzehntelang
Lehrer an der Kunstakademie. Er hat viele Bilder der
Königin Luise gemalt.

Der Genremaler Walter v. Vigier ist auf seinem
Landsitz bei Subingen im Kanton Solothurn im Alter von
59 Jahren gestorben. Er hat in der Historienmalerei Er-
folge errungen und auch mit seinen Bildern aus dem
schweizerischen Volksleben viel Anklang gefunden.

Der Maler Fritz Kleinhempel in Dresden, der vor
Jahresfrist auf einer Radtour in Böhmen in schwerer Weise
stürzte, hat sich von den Folgen des Sturzes nicht wieder
erholen können und ist jetzt gestorben.

Petersburg. Am 28. Juni (11. Juli) verschied plötz-
lich der Geschäftsführer der Kaiserlichen Eremitage Alexan-
der Alexandrowitsch Dworzicky. Aus der Sphäre der
Subalternbeamten hatte sich der Verstorbene mit größter
Energie und Arbeitsfähigkeit zu seinem verantwortungs-
reichen Posten emporgearbeitet. Auf ihm allein lastete
die ganze verzweigte bureaukratische Arbeit, die der Be-
trieb der Eremitage als Behörde erfordert. Sie verliert in
ihm einen Verwaltungsbeamten von seltener Pflichttreue und
rastloser Emsigkeit — ihre wissenschaftlichen Beamten
betrauern in Dworzicky einen stets hilfsbereiten unentbehr-
lichen Kollegen. —chm—

Am 11.(24.) Juli starb zu St. Petersburg der Senior
der russischen Landschafter Archip Iwanowitsch Kuindji,
eine der markantesten Größen unter den alten »Wander-
ausstellern« um Kramskoi und Repin. Innerhalb seiner
Gruppe konnte man ihn als Luminaristen bezeichnen, wo-
von seine lichtdurchfluteten ukrainischen Landschaften in
der Moskauer Tretjakowgalerie, seine populärsten Schöpfun-
gen, Zeugnis ablegen. Nach ihnen, also seit einem Men-
schenalter, ist der Verstorbene nicht mehr mit seinen Pro-
duktionen an die Öffentlichkeit getreten, er mochte fühlen,
daß sein Streben sein Ziel gefunden. Für sich hat Kuindji
bis zum Ende rastlos gearbeitet und immer neue Probleme
verfolgt, aber er hütete aufs Strengste das Geheimnis dieser
Arbeiten. Für die Öffentlichkeit blieb seine Persönlichkeit
dennoch von größter Bedeutung, besonders dank seiner
ausgedehnten, von Begeisterung und seltener Lehrbefähigung
getragenen pädagogischen Tätigkeit an der akademischen
Kunsthochschule. Weit über den Kreis seiner Schüler wurde
er verehrt als Hort aller jungen, aufstrebenden Kräfte,
was ihm natürlich Konflikte in Hülle und Fülle brachte.
Der künstlerischen Jugend kam die große Reform der Akade-
mie in den neunziger Jahren in erster Linie zugute und
an dieser Reform hat Kuindji einen weitgehenden Anteil
gehabt. Dauernd wird sein Andenken durch seine gran-
diosen Stiftungen erhalten bleiben. Vor einigen Jahren stif-
tete er der Akademie zu Prämierungszwecken 100000 Rubel
und im Vorjahr übertrug er einer ad hoc gebildeten »Kuindji-
Gesellschaft« seinen Grundbesitz im Werte von i*/2 Milli-
onen Rubel und ein Barkapital von 150000 Rubel. Aus
den Zinsen der Stiftung hat die Gesellschaft Preise für
hervorragende Kunstschöpfungen mit der Maßgabe auszu-
setzen, daß die preisgekrönten Künstler für eine bestimmte
Zeit aller materiellen Sorgen enthoben wären. Das Hin-
scheiden des greisen Meisters wurde von allen Kreisen der
 
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