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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0327

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637

Kongresse

638

1794 wurde er aber nach dem Poggio Imperiale zurück-
versetzt, da er als Werk des Rossi erkannt worden war.
Erst 1850 kehrte er, wieder unter dem Namen Michelangelos,
in die Uffizien zurück, um 1873 in den Bargello versetzt
zu werden. Zum Vergleich mit dem sterbenden Adonis I
werden die signierte Helenagruppe aus einem Magazin
des Boboligartens und die zwei Heraklesgruppen des
Palazzo vecchio herangezogen, die den Stil des Vincenzio
de' Rossi in seiner Tendenz auf Nachahmung michelange-
lesker Formengebung kennen lehren. — Domenico Pieratti
endlich wird als der Meister des Berliner Giovannino nam-
haft gemacht, als Entstehungszeit käme frühestens das
zweite Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in Betracht. Die
urkundlichen Quellen schweigen in diesem Falle. Eine
bestimmte Überlieferung knüpft sich nicht an das Werk,
das erst im Jahre 1817 in Florenz auftauchte und 1880
von Bode für das Berliner Museum erworben wurde. Auch
was an sicheren Werken des Pieratti namhaft gemacht
werden kann und geeignet ist, zum Vergleich zu dienen,
ist nicht eben viel, das Hauptbeweisstück, der eine der
zwei Putten im Boboligarten, noch dazu fast zur Hälfte
ergänzt. Eine enge stilistische Verwandtschaft zwischen
dem Putto, der ein Herz aufschließt, und dem Giovannino
besteht ohne Frage, allerdings will Bode sie aus einer be-
wußten Anlehnung des Pieratti an die Statue des Michel-
angelo erklären (Florentiner Bildhauer der Renaissance,
2. Aufl.), während Grünwald beide Werke auf einen Künstler
zurückführen zu sollen glaubt.

o Lievin de Vos. In der Sammlung des Universitäts-
professors Dr. Freiherrn Fr. W. von Bissing in München
befindet sich ein Triptychon niederländischer Herkunft,
dessen rechter Flügel auf der Außenseite eine ausführliche,
kunstgeschichtlich bedeutungsvolle Inschrift zeigt. Der Stil
des Gemäldes entspricht der Kunstweise des sog. Meisters
der Utrechter Adoration und zeigt in der üblichen Manier
in der Mitte Maria mit dem Jesuskinde und zwei ver-
ehrenden hl. Königen, auf dem linken Flügel den Mohren-
könig mit einem Prunkgefäß, auf dem rechten den hl. Jo-
seph. Die Inschrift nennt, wie Dr. Hermann Nasse in
einem illustrierten Aufsatze über die Sammlung von Bissing
im neuesten Halbbande des »Münchner Jahrbuchs der bil-
denden Kunst« mitteilt, den Genter Künstler Lievin de Vos
als den Maler und gibt als Jahr der Entstehung 1517 an.
Nasse ist geneigt, die ganze kaum übersehbare Gruppe
der Epiphaniebilder des »Meisters der Utrechter Adoration«
— die vollständigste Liste gab Valentiner im Repertorium
für Kunstwissenschaft XXVIII, S. 252 — diesem neuent-
deckten Genter Maler zu geben, über den bisher nur einige
biographische Notizen durch das Buch von E. de Busscher
»Recherches sur les peintres et sculpteurs ä Gand au
XVIe siede« bekannt waren. Dem steht einstweilen noch
entgegen, daß, wie Valentiner nachgewiesen hat, eine
große Anzahl dieser Werke für holländische Stiftungen
und Kirchen, mit größter Wahrscheinlichkeit von einem
holländischen Maler geschaffen worden ist. Der Inschrift
auf dem Münchner Bilde wird von ihrer Bedeutung nichts
geraubt, wenn vorerst angenommen wird, L. de Vos sei
nur einer von zahlreichen handwerksmäßigen Malern, die
ein beliebtes, übrigens auf die Antwerpener Schule zurück-
gehendes Schema übernommen und mit ganz geringen
Abweichungen ausgestaltet haben. Man führte bisher diese
stark manierierten Produktionen auf Antwerpen und Holland
zurück und gewiß nicht mit Unrecht; das aus einer Genter
Werkstatt stammende Bild in München lehrt den Umkreis
noch weiter zu ziehen; die Herkunft der Gruppe von
einem Maler erscheint wenig glaubhaft. Walter Cohen.

KONGRESSE

Ein Kongreß für Kunst und Kunstgeschichte

tagte kürzlich in Brüssel, einberufen von dem Komitee der
»Ausstellung belgischer Kunst des 17. Jahrhundarts«. Viele
ausländische Kunstgelehrte und Museumsdirektoren von
Bedeutung waren zu diesem Kongresse erschienen, der
indessen eine ausgesprochen national-belgische Färbung
hatte. Der frühere Minister der Schönen Künste, Baron
Descamp-David, welcher die eigentliche Seele der hoch-
interessanten Ausstellung der alten belgischen Kunst im
Cinquentenairpark ist, hielt die Eröffnungsrede, in der er
namentlich die Gesichtspunkte darlegte, welche ihn bei der
Verwirklichung des Gedankens dieser Ausstellung geleitet
und darin gegipfelt hatten, daß er vor allem gelegentlich
der Weltausstellung auch eine ästhetische Darstellung der
Energie der belgischen Rasse hatte geben wollen. Dazu
schien ihm besonders die Epoche der Rubens, Van Dyck,
Jordaens usw. geeignet, und zwar sollte es nicht die Ma-
lerei allein sein, die jene Glanzzeit belgischer Kunst ver-
herrlichte, sondern das gesamte ästhetische Milieu jener
Zeit. Nach Schluß der sehr in die Details der Organi-
sation der Ausstellung gehenden Rede des früheren Mi-
nisters teilte der rührige Sekretär des Kongresses, Paul
Lambotte, Direktor der Schönen Künste im Ministerium,
mit, daß der Kongreß in drei Sektionen tagen würde:
Schöne Künste — Angewandte Kunst — Geschichte und
militärische Kunst. Aus den reichhaltigen Fragen und Ver-
handlungen greifen wir folgende heraus. Sektion der
Schönen Künste: de Ferray »Einfluß von Siebberechts auf
die englischen Maler«. Baron Kervyn de Lettenhove »Der
Schutz der Bilder durch die Glasscheibe«. Diese Frage
erregte lebhafte Erörterungen. Baron Kervyn begründete
seine Fragestellung durch die Attentate, welche verrückte
Menschen von Zeit zu Zeit auf Museumsbilder machen.
Er befürwortete nicht nur den Schutz der Bilder durch
Glasscheiben, sondern auch die Erhebung eines minimalen
Eintrittspreises von 25 Centimes, zum Beispiel, von dem
gewöhnlichen Publikum. Künstler, Kunsthandwerker usw.
sollen dagegen nach wie vor freien Eintritt genießen. Alle
Redner fanden den Schutz der Bilder durch Scheiben sehr
praktisch, dagegen fand der Gedanke, selbst eines sehr ge-
ringfügigen Eintrittsgeldes, viele Gegner. Der Direktor
des Museums von Budapest erwähnte, daß man dort und
auch in Breslau an drei Tagen in der Woche freien Ein-
tritt gewähre, während an den übrigen Tagen eine Krone
Eintrittsgeld abverlangt werde. Diejenigen Arbeiter, die
von einem angestellten Führer begleitet sind, hätten kein
Eintrittsgeld zu entrichten. Graf Cavens verlangte, daß
die Aufbewahrung von Stöcken und Schirmen auch wirk-
lich obligatorisch und gratis sei. Fast überall hätten die
Garderobiere Teller für freiwillige Spenden vor sich stehen,
auf die man dann unfreiwillig etwas legen müsse.
Terlinden sprach sodann das Verlangen aus, man möge
in den römischen Archiven nach alten Pfarregistern fahnden
lassen. Die römischen Geistlichen der früheren Jahrhun-
derte nämlich verlegten sich mit Vorliebe auf die Ein-
tragung und Einschätzung von Kurtisanen, Juden und
Fremden. Man würde auf diese Weise wahrscheinlich viele
Ateliers von den nach Rom zu ihrer Ausbildung gekommenen
vlämischen Malern wieder ausfindig machen und auch
deren Hand in so manchen Kunstwerken feststellen können.
Ch. L. Cardon sprach über Van Dyck. Er warnte davor,
daß man Van Dyck häufig mit Cornelius de Vos ver-
schmelze. So bedeutend die Porträts des letzteren auch
seien, so hölzern, Stilleben ähnelnd, seien sie gemalt, wäh-
rend Van Dycks Persönlichkeiten denken, leben und sich
bewegen. Henri Hymans lenkte die Aufmerksamkeit der
 
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