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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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215

Ausstellungen

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von der äußeren Natur, die bewußte Umformung ihrer
allzu reichen Werte in auswählende Einheitlichkeit erst
ganz die Oberhand gewinnt, dann ist das Stärkste zu er-
warten!

Wie stark schon der koloristische Akkord angeschlagen
und zum vollen Tönen gebracht wird, zeigt das »Bildnis
eines Bauern« (Nr. 7). Hier klingt das Helldunkel des
Stalles, die Stoffarben der Kleidung und dazu das im
Hintergrund noch einmal hereinfallende Licht in lebendiger
Harmonie zusammen. Sehr fein im Ton, gleichsam schwim-
mend in Luft, ist das kleine Bild »Auf der Weide« (Nr. 22)
mit den nur in Farbwerten eingesetzten Kühen. Das große
Figurenbild »Die Scholle« verrät ein hohes Ansetzen und
keine wesentliche Abschwächung in der Durchbildung des
zum Typischen gesteigerten Motivs. Die beiden, die Pflug-
schar ziehenden Frauen und der Bauer, vor einem farben-
leuchtenden Himmel über der Ackerfläche, bergen monu-
mentale Züge in einer wohl von Segantini und Millet in-
spirierten, aber selbständig erfaßten Tragik und Herbheit
dieser bewegten Silhouetten. Es ist immer wieder die
Erde und ihre Ehre und die Stärke, mit der sie den Ger-
manen an sich bindet, was in Mackensens malerischem
Gefühl zu uns redet. Ein mystisches Versenken in diese
Tiefen, dieses etwas Unklare, Elementare, hält ihn wie mit
Mutterarmen fest! Diese »Frau auf dem Mooracker« und
die »Moorfrau«, die ruhenden Schafe und die »Heuernte«
(von der Jubiläumsausstellung des vergangenen Sommers
im Fürstenhause), letztere unvollendet, aber eben darum
vielleicht so frei und hoch und weit im Räume, unter einem
geradezu dramatisch flammenden Abendhimmel von Gelb,
Lichtgrün und Blau, diese Arbeiten entquellen allesamt der
oben erwähnten Treue zum Heimat- und Bauernboden.

Wie Mackensens weiteres Werden sich nun gestaltet,
müssen wir, nicht ganz ohne Besorgnis, abwarten. Ob sich
Schulamt und freie Produktion werden vereinigen und er-
gänzen können? Selbst bei einem so starken, impulsiven
Maler wie Olde war in den letzten Jahren ein merkliches
Nachlassen der künstlerischen Potenz nicht mehr zu leugnen.
Olde ist nun wieder frei geworden, wozu wir ihm Glück
wünschen, denn er hat noch viel nachzuholen! Hoffen
wir, daß Fritz Mackensen ohne künstlerische Einbuße den
ehrenvollen Ruf nach Weimar wird bestehen können.

VC. s.

Eine Ausstellung für Friedhofskunst wird die
Dürer-Gesellschaft in Stettin vom 3.-25. Juni veranstalten.
Es ist hierfür ein neben dem Konzerthaus gelegenes städti-
sches Gebäude ausersehen, das alten guten Baumbestand
aufweist. Die Ausstellung soll eine moderne Muster-Fried-
hofsanlage vorführen und in einer historischen Abteilung
die pommersche Tradition darstellen. Aus entlegenen Dör-
fern sollen die noch reichlich vorhandenen Grabmalsformen
gesammelt werden. Das Berliner Kunstgewerbemuseum
hat seine Unterstützung zugesichert.

Buchkunstausstellung zu Leipzig 1911. Als erste
Ausstellung des Vereins Deutscher Buchgewerbekünstler
findet vom 19. März bis 7. Mai 1911 im Deutschen Buch-
gewerbemuseum zu Leipzig eine Ausstellung »Neue Deut-
sche Buchkunst« statt, an der auch Nichtmitglieder des
Vereins sich beteiligen können. Als Termin für Anmeldung
und Einlieferung ist der 15. Februar 1911 festgesetzt. Ein-
sendungen sind frankiert an die Direktion des Deutschen
Buchgewerbemuseums Leipzig, Deutsches Buchgewerbe-
haus, Dolzstraße 1, zu richten. Von derselben Stelle sind
auch die Papiere zu erhalten. Zugelassen sind zur Aus-
stellung alle, die künstlerische Ausstattung des Buches be-
treffende Arbeiten, soweit sie von Künstlern entworfen oder
unter künstlerischer Leitung entstanden sind, Originale so-
wohl als auch ausgeführte Arbeiten. Eine Jury entscheidet

über die Zulassung aller Einsendungen. Die Ausstellung
soll nach ihrer Vorführung in Leipzig als Wanderausstel-
lung in verschiedenen deutschen Städten gezeigt werden
und wird noch umfangreicher sein als die erste Ausstellung
des neugegründeten Vereins Deutscher Buchgewerbekünst-
ler auf der Brüsseler Weltausstellung, die mit dem Grand
Prix ausgezeichnet wurde.

Der fünfte Salon der Estampe wurde im Brüsseler
Museum eröffnet. Er enthält u. a. reiche Sammlungen
der Blätter von Constantin Guys, die sehr gesucht sind,
und solche von Isidore Verheyden, dem verstorbenen bel-
gischen Landschafter von Bedeutung, die zum ersten Male
in die Öffentlichkeit gelangen. Joseph Pennell, der ameri-
kanische Radierer, schickte vierzig ausgewählte Blätter.
Jacob Smits zeigte sich erstmalig auch als Radierer; von
Georges Lemmen vereinigte der Salon an 100 Zeichnungen.

A. R.

Eine Henry Monnier-Ausstellung wurde vom
Brüsseler Cercle artistique in das Leben gerufen. Henry
Monnier hat das Spießbürger- und Hetärentum der dreißiger
Jahre des vorigen Jahrhunderts in seinen Zeichnungen und
Radierungen verewigt und karikiert. Der Künstler be-
wohnte eine Zeitlang Brüssel und heiratete dort eine Pa-
riserin. Zu seinen Intimen zählte Jean-Baptiste Madou,
der unsterbliche belgische Genremaler. Aus dessen Besitz
namentlich stammen die Blätter von Monnier, die den
Kern der interessanten Ausstellung desselben ausmachen.

A. R.

Florenz. Die Ausstellung der Zeichnungen Pontormos
und Andrea del Sarlos in den Uffizien. Diese Ausstellung,
welche das Kupferstichkabinett der Uffizien veranstaltet hat,
soll die erste einer Serie derartiger Veranstaltungen sein,
und dem kunstliebenden Publikum kann das nur angenehm
sein, weil dadurch immer mehr Möglichkeit geboten wird
zu Entdeckungen in den verborgenen Schätzen der kost-
baren Zeichnungssammlungen und weil die Ausstellungen
die besten Gelegenheiten bieten werden zu interessanten
Publikationen, wie das diesmal der Fall gewesen ist mit
der sehr tüchtigen Arbeit Filippo di Pietros, des Sekretärs
am Kupferstichkabinett, über die Zeichnungen von Andrea
del Sarto.

Di Pietro (I Disegni di Andrea del Sarto negli Uffizi.
Siena, Rivista d'Arte) hat durch eindringendes Studium
vieles Unsichere unter diesen Zeichnungen sicher bestimmen
können, vieles Falsche ausscheiden und öfters die Be-
ziehungen der Zeichnungen zu den Bildern feststellen. Nach
Berensons und Knapps Untersuchungen ist es interessant,
der Stimme dieses neuen Forschers zu folgen, der wirklich
manches scharfsinnig zu berichtigen weiß, so z. B. wo er
die Zeichnung 372 bespricht, welche Berenson und Knapp
dem Andrea zuschreiben und für eine Studie zu einem der
Fresken im Vorhofe der Annunziata halten, für die Figur
des Aussätzigen, welcher von San Filippo Benizzi das Al-
mosen bekommt. Di Pietro beweist, daß es sich statt
dessen um eine Zeichnung von Franciabigio handelt, die
dieser Maler für die Figur Hiobs in der Madonna di San
Giobbe in den Uffizien gemacht hat. Nicht weniger inter-
essant ist die Zusammenstellung von vier Zeichnungen zu
dem Bildhauerporträt der Nationalgalerie in London. Zwei
von den Zeichnungen waren dem Pontormo zugeschrieben
und sind unzweifelhafte Werke Andreas, wie schon Berenson
bewiesen hatte, ohne zu erkennen, daß sie mit zu den
Skizzen des Londoner Porträts gehörten. Es ist mir nicht
möglich, hier noch eingehender diese Arbeit zu besprechen
und ich werde es bei einem anderen interessanten Beispiel
bewenden lassen. Wie bekannt, malte Andrea del Sarto
für die Mönche von Vallombrosa ein großes Tafelbild, in
welchem er nach ihrem Wunsch vier Heilige um ein wunder-
 
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