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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Cohen, Walter: Das Bismarck-Nationaldenkmal: (zur Wettbewerb-Ausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast)
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0150

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275

Nekrologe — Personallen — Wettbewerbe

276

berliner Barockstils, hat dazu geführt, daß wir Denk-
mäler bauen, anstatt sie zu modellieren. Jeder, der
heute statt eines »Bismarck« einen Steinberg aufführt,
statt der Beine Pfeiler aufmauert, aus dem Rumpf
einen Kasten, aus dem Kopf einen Kürbis macht,
dünkt sich wunders erhaben über den armen Rein-
hold Begas, der in seiner guten Zeit, die man wieder-
entdecken wird, tausendmal mehr ursprünglich-bild-
nerische Begabung und künstlerisches Temperament
besessen hat, als die heutigen Stilkünstler um jeden
Preis. Das Hamburger Bismarckdenkmal, dessen ge-
waltiger Wirkung sich niemand entziehen kann und
sei er mit Bedenken und Einwänden jeder Art ge-
panzert, hat eine Schule gemacht, vor der Lederer
und Schaudt grauen muß. Lassen sich monumentale
Wirkungen, selbst an einer so exponierten Stelle wie
sie die Rheinberge bieten, nur durch eine Vergewal-
tigung plastischer Gesetze erreichen? Man verschone
uns mit den Ägyptern und Assyrern. Wir sind keine
Ägypter und Assyrer. Aber unser Zeitgenosse Rodin
hat doch beispielsweise mit einem reinplastischen
Werke, dem »Denker« vor dem Pantheon, auch etwas
erreicht, dem man »monumentale Wirkung« wahrlich
nicht abstreiten kann . . .

Will also der Jury-Entscheid als ein Protest gegen
die drohende Vermauerung unserer deutschen Plastik
aufgefaßt sein, dann sei ihm freudig zugestimmt.
Aber nationale Wettbewerbe sind schließlich nicht
dazu da, um ästhetische Irrlehren zu bekämpfen. Und
mit der Eignung von Hahns Siegfried für ein natio-
nales Bismarckdenkmal steht es nicht gut.

»Wenn wir ein Denkmal dem Fürsten Bismarck
errichten, so soll es ein Denkmal sein, das unmittel-
bar zu dem Herzen des Volkes spricht und nicht
durch Allegorien und äußeres Beiwerk«. Das sagte
der erste Beamte der Rheinprovinz bei der Aus-
stellungs- Eröffnung am 11. Februar. Trennen wir
säuberlich künstlerische und andere Erwägungen und
stellen wir fest: der junge Siegfried ist nicht eben ein
zwingendes Symbol für ein Bismarckdenkmal. Der
Widerspruch, der sich jetzt allenthalben bemerkbar
macht, ist von dieser Seite gesehen, berechtigt.

Es bleiben die rein - architektonischen Entwürfe.
Alles in allem muß man zugeben, daß die deutsche
Baukunst auf der Ausstellung besser abschneidet, als
die deutsche Plastik. Es gibt auch zu denken, daß
bekannte Bildhauer, die Schwierigkeiten des Terrains
erkennend, resolut auf das Nachbargebiet abschwenk-
ten und mit feierlichen Tempelhallen oder düsteren
mausoleumsartigen Rundgebäuden die thronende Erz-
figur des Kanzlers umschlossen. Manchmal ist es ein
Zeus-Bismarck, manchmal ein Wotan. Selten ist es
der Bismarck der Volksvorstellung, am seltensten der
Bismarck von Friedrichsruh, der uns doch am näch-
sten steht. Die symbolischen Verkleidungen, zu denen
der Roland-Bismarck der Hamburger wohl den ersten
Anstoß gab, sind so zahlreich und oft von so ver-
blüffender Natur, daß eine Aufzählung der Komik
nicht entbehren würde. Von den preisgekrönten Bau-
künstlern sind der Kölner Franz Brantzki, der Er-
bauer des Schnütgen-Museums, Richard Riemerschmid,

Wilhelm Kreis und Max Läuger besonders hervor-
zuheben. Abänderungen im einzelnen würden bei
Ausführung eines dieser Entwürfe nicht zu vermeiden
sein. Eine zwingende Gestaltung, die aller Anerkennung
auf sich vereinigte, fehlt auch hier.

Im ganzen sind auf den Aufruf des Denkmal-
komitees 379 Projekte eingelaufen. Welche Unsumme
von Arbeit, auch von nationalem Vermögen, ist jetzt
im Kunstpalaste aufgespeichert. Der Gedanke an so
viel vergebliches Mühen kann traurig stimmen. Am
peinlichsten wird empfunden, wie jetzt nach dem
Spruche des Preisgerichtes für einzelne Entwürfe
Stimmung gemacht wird. Wir wollen die Juroren
nicht für unfehlbar erklären. Ob jedoch den kon-
kurrierenden Künstlern durch die Mitarbeit des »Volkes«
im weitesten Sinne ein Gefallen geschieht, mag dahin-
gestellt bleiben. WALTER COHEN.

NEKROLOGE

Der ganz außerordentliche, erschütternde Verlust, den
die deutsche Kunst durch den Tod von Fritz von Uhde
am 25. Februar erlitten hat, ist zu groß, um hier noch
rasch vor Redaktionsschluß die Worte eines Nekrologes
zusammen zu bringen. Einer unserer Mitarbeiter, der mit
Uhdes künstlerischer Persönlichkeit intim vertraut ist, wird
in ruhigerer Stunde versuchen, hier von Uhdes Wesen und
Wert zu sprechen.

In München starb am 20. Februar der Bildnismaler
Franz Pernat (geboren ebenda am 4. Juli 1853), e'n
Schüler von Diez und Lindenschmit. Seine Bilder, die
den Einfluß Lenbachs zeigen, zeichnen sich durch scharfe
Charakteristik aus.

Henry Coleman, der Maler der römischen Campagna,
ist in Rom, 64 Jahre alt, gestorben. Fast alle Galerien
Europas und Amerikas besitzen seine zahlreichen Arbeiten
in Öl und Aquarell, die das charakteristische Landschafts-
bild mit großer Treue und poetischem Schimmer umkleidet
wiedergeben.

PERSONALIEN

□ Stuttgart. Die Kunstmaler Karl Schickhardt und
Robert Weise wurden an Königs Oeburtstag zu Professoren
ernannt, die Professoren Hoelzel und Pankok durch Orden
ausgezeichnet.

Hendrick Willem Mesdag wurde am 23. Februar
80 Jahre alt. Der berühmte holländische Meister, der
Maler der Nordsee, lebt seit Jahrzehnten im Haag.

Pierre Auguste Renoir, der Führer des französischen
Impressionismus, vollendete am 25. Februar sein siebzig-
stes Lebensjahr.

Felix Ziem, der kürzlich totgesagte Doyen der Pariser
Maler, konnte vor einigen Tagen seinen neunzigsten Ge-
burtstag feiern. Der Künstler ist am 25. Februar 1821 in
Beaune im Departement Cöte d'Or geboren.

WETTBEWERBE
Beim Wettbewerb um ein König-Albert-Denkmal
für Bautzen sind 69 Entwürfe eingegangen. Es wurden
drei gleiche erste Preise verteilt an die Bildhauer Ernst Born-
Dresden, Walter Hauschild-Berlin und Professor Oeorg
Wrba-Dresden. Es handelte sich um ein Wanddenkmal
an einem alten Turm.
 
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