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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Bode, Wilhelm von: Denkmalpflege und Museen: eine Erwiderung
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0044

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ac*o.Les£h.

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XXIII. Jahrgang

1911/1912

Nr. 5. 10. November 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst* erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Veiiagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

DENKMALPFLEGE UND MUSEEN
Eine Erwiderung
von Wilhelm Bode

Auf dem letzten Denkmalpflegetag in Salzburg hat
Professor Dehio einen Vortrag über »Dankmalpflege
und Museen« gehalten, der darin gipfelte, daß die
Stärkung der Landes- und Provinzialmuseen die Auf-
gabe der Zukunft sei. Die großen Kunstmuseen mit
internationalem Programm aber seien von Übel,
wenigstens in Deutschland, das »heute nicht eine
Kulturhauptstadt habe«. Es ist, was auch schon auf
dem Salzburger Tag K. Koetschau in seiner Entgegnung
auf Dehios Ausführungen behauptet hat, ganz zweifel-
los, daß dieser nur den »Wasserkopf« Berlin gemeint
haben kann, daß all diese Ergüsse über Raub und
Plünderung der Kirchen, Klöster und Rathäuser, daß
die Gleichstellung mit den Räubern der Mona Lisa
nur dem Berliner Kaiser-Friedrich-Museum und mir
persönlich galten, wie dies auch von allen Zeitungen
ohne weiteres angenommen wurde. Dehio hatte
freilich Namen auszusprechen weislich vermieden.
Das veranlaßt mich, zumal er den Vortrag in der »Kunst-
chronik« nunmehr besonders und schon vor Erschei-
nen des offiziellen Berichtes, damit man ihn ja nicht
übersehe, abdrucken ließ, die Frage der Berechtigung
jener Angriffe etwas näher zu erörtern.

Ist die Behauptung, daß wir vorn »Kirchenraub«
lebten und »im Prinzip außerhalb der Denkmalpflege
stünden«, daß die Provinzialmuseen von ihrem Beruf
nur eine »blasse Ahnung« hätten, berechtigt? Haben
die Berliner Museen, habe ich selbst der Entwicklung
unserer deutschen Lokal- und Provinzialmuseen ent-
gegengearbeitet oder ihnen bestenfalls nur »ohne Be-
wußtsein gelegentlich einen Dienst geleistet«? Gerade
das Gegenteil ist der Fall. Was Dehio für die Zu-
kunft verlangt, habe ich schon seit einem Menschen-
alter gepredigt, daß nämlich die Stärkung der Partikular-
sammlungen, in denen Deutschlands Stolz und Größe
auf dem Gebiete der Kunstsammlungen besteht,
richtig zur Geltung gebracht, die Provinzialmuseen
so zentren £jer Kunst ihrer Provinz werden
ist e" Unc* aui'<aufen sollten, was von ihr noch zu haben
jCn ^nd ich habe das nicht nur gefordert, sondern
anrl e ke' £'er Ausführung mitgeholfen wie kein
c .,erer- Selbst Kleinstädter, kenne ich die schlimmen

n des Partikularismus in Deutschland, aber auch

die segensvollen. Schon vor 40 Jahren habe ich in
Braunschweig das angestrebt, was Dehio jetzt ver-
langt; ich habe bald darauf, schon als Berliner Museums-
beamter, den Grund legen helfen zu der reichen
Sammlung des Braunschweigischen Porzellans aus der
Fürstenberger Fabrik. Für Magdeburg, das einer
Sammlung völlig entbehrte, habe ich ein Programm
auf provinzieller Basis in Vorschlag gebracht und zur
Ausführung vorbereitet; es ist ohne meine Schuld nicht
zur Ausführung gekommen. In Köln, in Münster,
in Hannover, in Hamburg habe ich, meist in sehr
ausgiebiger Weise, den Kollegen beim Sammeln be-
hilflich sein können und habe immer gerade auf die
Pflege der heimischen, der provinziellen Kunst den
größten Wert gelegt. So weit bin ich hier von Kon-
kurrenz oder gar von »Raub« entfernt gewesen, daß
ich für diese Museen Werke ihrer provinziellen Kunst
nicht nur im Auslande angekauft, sondern sie ihnen
auch aus unseren preußischen Museen und Kirchen,
aus den Sammlungen meiner Freunde und meiner
eigenen Familie verschafft habe. Für keine Stadt aber
habe ich mehr getan als gerade für Straßburg. Seine
Städtische Galerie, deren Leiter jetzt Professor Dehio ist,
durfte ich zusammenbringen, und ihr auch von Dehio
gebilligtes Programm sah die oberrheinische Kunst
ausdrücklich als den Kern der Sammlung vor. Daß
ich darüber hinaus, nicht am wenigsten gerade für
den Universitätsunterricht, gute Bilder aus allen Schulen
und Zeiten zu erwerben suchte, hatte damals gleich-
falls Professor Dehios Zustimmung. Irgend einen Raub
oder eine Plünderung habe ich aber dabei nicht be-
gangen, da sämtliche Bilder, soweit sie nicht Geschenke
waren, zu denen ich unsere Museumsgönner bestimmte,
aus dem internationalen Kunsthandel stammen.

Wie sehr ich darauf bedacht bin, die Provinzial-
museen zu stärken und ihnen im Sammeln und Er-
halten der provinziellen Kunst beizustehen, das habe
ich u. a. auch durch die Ablehnung eines großen
zentralen Volkskundemuseums in Berlin bewiesen,
die mir dann von gewisser Seite so viele Freundlich-
keiten eingebracht hat und noch bei jeder passenden
oder unpassenden Gelegenheit einbringt. Die Kenntnis
der deutschen Volkskunde kann nur in den Lokal-
und Provinzialmuseen gefördert werden, nur hier
kann mit Erfolg gesammelt werden, was an Ort und
Stelle nicht mehr zu erhalten oder gar schon nach
auswärts gewandert ist.
 
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