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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Leitschuh, Franz F.: Hans Schwarz, Johannes Secundus und Jan van Scorel
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0052

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AeAO, LESEH.

25M0V1911

KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13
Neue Folge. XXIII. Jahrgang 1911/1912 Nr. 6. 24. November 1911.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« monatlich dreimal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 40 Nummern.
Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt
eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlagshandhing keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an e. A. Seemann,
Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen an.

HANS SCHWARZ, JOHANNES SECUNDUS
UND JAN VAN SCOREL
Von Prof. Dr. Fr. Friedrich Leitschuh

In seinen »Studien zur Deutschen Renaissance-
medaille« (Jahrbuch der preuß. Kunstsammlungen,
27. Bd., S. 30) behandelt Georg Habich eingehend
die umfangreiche Tätigkeit des Augsburger Medailleurs
Hans Schwarz und beklagt dabei den Umstand, daß
sein Lebensbild, wie das so mancher anderen bedeu-
tenden Medailleure, fragmentarisch bleiben müsse. Wir
sind bei einer Feststellung seines Werdens fast aus-
schließlich auf die Untersuchung seiner Werke ange-
wiesen. Eine wichtige Stelle befindet sich jedoch
bei Neudörfer (S. 124 ed. Lochner): »Als Herr Mel-
chior Pfinzing, Probst zu St. Sebald, vom Kaiser
Maximilian I. den Hans Schwarz von Augsburg,
welcher in Holz zu schneiden damals der best Conter-
fakter geacht ward, herkam, und gedachter Ludwig
Krug im Pfarrhof war, sagt er zu diesem Schwarzen,
er sollt ihn conterfeyen in Holz, so wollt er ihn da-
gegen einwärts in Stahl conterfeyen.« Auch eine
Stelle in Dürers Tagebuch der Reise in die Nieder-
lande erwähnt den Meister: »Ich hab 2 Oulden an
gold dem Hans Schwarzen für mein angesicht bei
den Fockerischen von Antorf (Antwerpen) in einem
brief gen Augsburg geschickt.« In Nürnberg wurde
er, wie aus den Ratsverhältnissen hervorgeht, in böse
Händel verwickelt und mußte 1520 die Stadt ver-
lassen. Habich schildert Hans Schwarz mit Recht als
den nirgends ansässigen fahrenden Porträtisten, der
mit Stift und Skizzenbuch in den Landen umherzog
und Aufträge sammelte. Die späteste Medaille, die
Habich ihm zuzuschreiben können glaubt, ist 1527
entstanden. Von da ab verlieren sich die Spuren des
Augsburger Meisters im Dunkel. Hat ihn, von dem
man sagen darf, daß er der Modeporträtist von Augs-
burg

und Nürnberg war, ein dunkles Geschick dem
Ziel seines Ehrgeizes ferngehalten? Hat ihn der
glänzende Erfolg des Elsässers Friedrich Hagenauer,
^er als neuer Stern auftauchte, von Augsburg ver-
trieben?

Diese und ähnliche Fragen drängen sich unwill-
Ur'ich auf; andere Rätsel werden durch den Umstand
gegeben, daß Hans Schwarz gelegentlich auch aus-
fische Herren porträtierte, deren Anwesenheit in
eutschland schwerlich bewiesen werden kann.

Nun ist bekanntlich der mobile Charakter der
Medaille eine besondere Eigenschaft ihres Wesens,
und auch die Medailleure des 16. Jahrhunderts dürfen
zu den reiselustigsten aller Künstler gerechnet werden.
Dazu gesellt sich noch die Tatsache, daß sich im
16. Jahrhundert auch ein künstlerischer Dilettantismus
der Pflege der Medaille bemächtigte, und zwar nicht
in Gestalt einer Kunstgeschäftigkeit, die sich unfrucht-
bar am Boden abflatterte, sondern die sehr wohl im-
stande war, den Berufsmedailleuren eine wirtschaft-
liche Konkurrenz zu bereiten. Staatsbeamte, Gelehrte,
Dichter und Maler versuchten sich mit Glück und
Erfolg auf diesem künstlerischen Gebiete. So der
Bibliothekar des Kardinals Grarvella, Antoine Morillon,
der Stadtsekretär Jaques Zagar von Middelburg u. a.,
von den Malern, wie Dürer, Cranach, Metsys ganz zu
schweigen. Unter den Dichtern, die als Medailleure
sich Ruhm und Namen erworben haben, muß an
erster Stelle Johannes Secundus genannt werden. Jan
Nicolai Everaerts ist gerade vor 400 Jahren, am
10. November 1511, als Sohn des damaligen Conseils-
präsidenten von Holland im Haag geboren. Als sein
Vater 1527 als Präsident des großen Rates Karls V.
nach Mecheln versetzt wurde, eröffneten sich dem
jungen Johannes die glänzendsten Aussichten durch
die sich von selbst ergebenden Beziehungen zu dem
Hofe der kunstliebenden Erzherzogin Margareta von
Österreich. Die Niederlande standen damals auf
einem Gipfel ihrer wirtschaftlichen Blüte, recht in der
Mitte des eigentlichen Weltverkehrs, und aus allen
Kulturländern strömte hier eine wunderbare Fülle der
reichsten Anregung zu ernstem wissenschaftlichen
Streben wie zu heiterstem Lebensgenuß, zur Ent-
fesselung der Kräfte der Volkswirtschaft wie der künst-
lerischen Bildungstriebe zusammen.

Johannes Secundus, der unter diesen, die Phan-
tasie weckenden Einflüssen die vielseitige Ausbildung
seiner geistigen Anlagen empfing, tritt uns als ein
seltenes, frühgereiftes Talent entgegen, bei dem der
künstlerische und der poetische Trieb mit selbständiger
Kraft sich vordrängte. Dem 16jährigen Jüngling ge-
lang bereits die Modellierung einer Porträtmedaille
seines Vaters und der Achtzehnjährige, der selbstver-
ständlich im Banne der klassischen Dichter steht,
wußte sein eigenes poetisches Empfinden in vollendet
klassischer Form, aber in urwüchsiger Frische der
Gedanken auszudrücken. Dabei war er leider nur
 
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