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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 23.1912

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Römischer Brief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5954#0269

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Nekrologe

516

Sammlungen Roms einzurichten. Die ungeheure Zahl
der Scherben, die um die Falerii- Tempel gefunden wurde,
erklärt sich dadurch, daß diese Art der Dekoration
höchst zerbrechlich war und immer wieder in einzelnen
Teilen erneuert werden mußte. So kommt es, daß,
wenn man die Scherben prüft und nebeneinander
stellt, man eine fast vollständige Serie von kunstge-
werblichen Erzeugnissen aus einer langen Serie von
Jahrhunderten vor sich hat.

Ein Raum enthält die Ergebnisse der Ausgrabungen
von Satricutn; lauter Gegenstände verschiedenster Art,
vom 7. Jahrhundert vor Christus an. Darunter ist
äußerst wichtig eine große Schale mit einer Lotus-
blumendekoration ganz orientalischen Charakters.

In einem der schönsten Räume der Villa, dessen
Decke von Taddeo Zuccari mit Darstellungen aus der
Calypsosage bemalt worden ist, sind jetzt die kost-
baren Gegenstände des barberinischen Schatzes unter-
gebracht, die einst den Bibliothekraum dieser fürst-
lichen Familie schmückten und die vor drei Jahren vom
Staat für 350000 Lire gekauft worden sind. So hat
Rom diese unvergleichlichen Produkte der alten la-
teinischen Kultur vom 7. bis zum 2. Jahrhundert vor
Christus bewahren können. Die Gegenstände stammen
aus Gräbern, welche in Palestrina, dem alten Praeneste,
entdeckt wurden. Aus dem ältesten Grab, welches
die Archäologen in das 7. Jahrhundert vor Christus
setzen, stammen der prachtvolle Schmuckpanzer aus
Gold, mit Tierköpfen dicht besetzt, und die elfenbeinernen
kurzen Stäbe in Form von Vorderarmen, über die so
manches gelehrte Wort geschrieben worden ist, und
deren Deutung doch noch immer ein Rätsel ist. Die
Bronzegegenstände, welche aus diesen prenestinischen
Gräbern kommen, haben fast alle ägyptische und assy-
rische Ornamente. Die Zisten der barberinischen
Sammlung stammen aus dem 3. und 2. Jahrhundert
und sind alle köstlich mit Graffiti geschmückt.

Durch die großen Sammlungen und die geschmack-
volle Restaurierung des Baues ist das Museum wirklich
zu neuem Leben erstanden und es wäre schade, wenn
die Rombesucher es noch immer wie in vergangener
Zeit vernachlässigten, denn in keiner anderen Samm-
lung der ewigen Stadt wird ihnen wie dort ein Ein-
blick möglich sein in das Leben der alten Bewohner
des Latium und des benachbarten Etruriens. Die
großen Sammlungen alter Kunst des Vatikans, des
Kapitols, des Laterans und des Thermenmuseums werden
durch dieses Museum der Kleinkunst vervollständigt.

In diesen Tagen sind auch die Arbeiten der so
viel und so oft besprochenen Passeggiata archeologica
in ihren großen Linien beendet worden, und nun er-
wartet der neue Park nur noch, daß seine Bäume
heranwachsen und die etwas eintönigen Wiesen be-
leben. Man braucht aber auch jetzt nur den Blick
zu erheben und weiter schweifen zu lassen, um
sich an der großen Schönheit des Ganzen zu er-
freuen. Im Süden die Caracallathermen und die
alten mittelalterlichen Kirchen von San Cesareo und
von SS. Nereo ed Achilleo, im Norden der Palatin.
Es ist schade, daß dem ganzen Revier der etwas wilde,
urwüchsige Charakter genommen worden ist, und

daß man alle die gewaltigen Monumente mit steifen
Eisengittern umgeben hat. Aber man hat doch einen
Platz geschaffen, der trotz seiner etwas gar zu ordent-
lichen Frisur großartig wirkt wie wenig anderes in
Rom. Es wäre wohl nirgends anders möglich ge-
wesen, so viel Bauterrain einer modernen Stadt zu
entziehen. Dieser Gedanke genügt, um sich in die
jetzigen Einrichtungen hineinzufinden, denn die Gefahr
der häßlichen Mietskasernen und überhaupt von jedem
störenden Bau ist zwischen Forum Romanum, Colos-
seum, Caracallathermen und Palatin für immer ge-
setzlich entfernt. Schon wachsen hart an den Grenzen
des großen archäologischen Schutzgebietes neue Stadt-
teile empor. Trotz allem, was man der Passeggiata
archeologica vorwerfen kann, hat man damit doch Rom
eine Verhäßlichung erspart, die nimmer gut zu machen
gewesen wäre. Die Mauern, welche die Allee, die
vom Colosseum nach der Passeggiata archeologica
führt, begrenzten, sind gefallen und die zwei Reihen
Ulmen stehen jetzt mitten zwischen den grünen Ab-
hängen des Palatins und des sogenannten Qiardino
poveruomini, wo das Antiquarium Municipale ist. Nicht
billigen kann man, daß der Constantinsbogen wieder
in eine Art von vertiefter Wanne, die ihn schützen soll,
gemauert worden ist, so daß man an die Stiche zwischen
dem Jahre 1820 und 1840 zurückdenken muß, um sich
eine ebenso häßliche wie unnötige Fürsorge am gleichen
Monument erklären zu können. Giacomo Boni macht
das, was vor Jahr und Tag Gregor XIV. geplant und aus-
geführt hatte. Um den Leser aber mit einer guten
Nachricht zu erfreuen, werde ich noch erwähnen, daß
man schon Projekte schmiedet, die häßliche Miets-
kaserne, welche am Abhänge des Oppius, gerade neben
dem Colosseum vor ungefähr zwanzig Jahren gebaut
wurde, zu kaufen und abzutragen.

Die Ausgrabungen in der Basilica Aemilia auf dem
Forum Romanum haben durch Dr. A. Bartoli einen
neuen Aufschwung genommen, aber darüber will ich
die Leser der Kunstchronik in einem besonderen
Aufsatz benachrichtigen. FED. H.

NEKROLOGE

Sir Lawrence Alma-Tadema verstarb am 25. Juni in
Wiesbaden, woselbst er sich in Begleitung seiner Familie
zur Kur befand. Er war der Sohn von Pieter Tadema,
eines Notars in Leuwarden in Friesland, und wurde am
8. Januar 1836 in dem benachbarten Dorfe Douryp geboren.
Tadema erreichte mithin ein Alter von 76 Jahren. Nach-
dem sein Vater früh verstorben war, wünschte die Mutter,
daß der Knabe der Laufbahn des Vaters folgen möchte,
aber da der Widerstand desselben gegen diese Absichten
sich als unbesiegbar erwies, so blieb schließlich nichts
weiter übrig als dem Knaben seinen Willen zu tun und
ihn Maler werden zu lassen. — Seine Jugendgeschichte ist
die so vieler Künstler. Verschiedene Unterrichtsanstalten
verweigerten ihm die Aufnahme, bis er endlich glücklich
genug war in der Kunstakademie von Antwerpen ein Unter-
kommen zu finden. Hier studierte er zuerst unter Wappers,
dem Führer einer Art von Reaktion und der sich bildenden
nationalen Schule im Gegensatz zu den pseudoklassischen
Idealen der Gefolgschaft J. L. Davids. Hier schritt Tadema
zwar gut vorwärts, aber erst unter der Leitung von Leys,
seinem nächsten Lehrer, entwickelte sich das wirkliche und
 
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