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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 24.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.6192#0330

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639

Denkmäler — Ausgrabungen — Ausstellungen

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und hat große Gemälderestaurationen ins Auge gefaßt.
So soll das riesige Deckengemälde (Ölbild auf Leinwand
in S. Pantaleone von Fumiani (17. Jahrhundert), welches
in gefahrvollem Zustande ist, einer durchgreifenden Wieder-
herstellung unterzogen werden. Auch soll dem trostlosen
Zustande der Wandgemälde das Varotari (Padovanino)
in der Scuola di Carmine ein Ende gemacht werden. —
Aus unserer Galerie der Akademie ist wenig zu berichten.
Die Aufstellung des aus einer Kirche in Feltre geraubten
und wiedergefundenen Altargemäldes von P. Luzzi, ge-
nannt »II morto da Feltre 1485—1519«, ist kein großes
Ereignis. Man sieht auf dem mäßig großen Bilde in
Figuren halber Lebensgröße oben in den Wolken die Halb-
figur des Auferstandenen, darunter die Madonna mit zwei
Heiligen. Alles ist sehr beschädigt und kraftlos in Form
und Farbe. Von besonderem Interesse jedoch dürfte der
Umstand sein, daß auf der Rückseite des Gemäldes einige
weibliche Aktfiguren in schöner Bewegung, der Kopf der
Madonna, sowie der des Christuskindes auf die ungrundierte
Leinwand gemalt sind. Die Zeichnung dieser flüchtigen
Studien übertrifft die des Hauptbildes bei weitem.

August Wolf.

DENKMÄLER

Hamburg besitzt zwar das größte zeitgenössische
Denkmal der Deutschen — das von Lederer geschaffene,
Zeit und Mann wie kein zweites widerspiegelnde Bismarck-
denkmal — aber an sich ist es keine Denkmalsstadt Die
stark säurenhaltige Luft ist dem Stein, die enorme Rauch-
niederschlagsmenge, die sich vom Hafen her über die Stadt
verbreitet, ist der Bronze nicht günstig. In neuerer Zeit
hat sich indessen in unseren führenden Theatern der er-
freuliche Brauch eingebürgert, hier in der Weise ergänzend
einzugreifen, daß sie Männern und Frauen, denen sie sich
verpflichtet fühlen, Standbilder in Form von Porträtbüsten
im Innern des Hauses aufrichten. In Weiterführung dieses
schönen Brauches hat das Deutsche Schauspielhaus in
Hamburg am 24. August, als dem Sterbetage seines vor
einem Jahre abgeschiedenen, ersten Direktors, Baron Alfred
von Berger, eine weiße Marmorbüste gesetzt, die vom
Aufsichtsrate gemeinsam mit der derzeitigen Leitung des
Theaters gestiftet wurde.

Berger gehörte zu jenen Modellen, die selbst starke
Künstler zur Verzweiflung bringen können, und es ist
durchaus glaubhaft, daß, wie Berger selbst erzählte, Max
Liebermann bei Herstellung seines für die Hamburger
Kunsthalle gemalten Halbbildnisses eine ganze Anzahl
Leinwanden unbefriedigt in die Ecke warf, bevor er an die
endliche Ausführung schritt. Und auch dieses Bildnis ist
Torso geblieben. Der massige Kopf mit den von Fett-
wülsten umlagerten Augen, dem faunischen Zug um den
spärlich behaarten Mund, der von einer Fettschicht ge-
tragenen, gleichfalls nur leicht beflaumten Kinnpartie und
die faltenreichen Hängebacken boten für den nachschaffen-
den Künstler um so weniger günstige Anhaltspunkte, als
der Gesichtsausdruck Bergers, je nach Stimmung, den merk-
würdigsten Wandlungen unterworfen war. Es kam bei
Berger immer darauf an, jenen einen glücklichen Augenblick
zu erfassen, in dem von allen Geistern, die in diesem geist-
vollsten Causeur unter den neuzeitlichen Literaturgelehrten
einander mehr bekämpften als ergänzten, der des künstle-
richen Gestalters am Worte war. Dann schwanden alle
Zufälligkeiten der äußeren Bildung und machten einem
Ausdruck Platz, der selbst anspruchsvolle Männer und
Frauen für diesen Mann geradezu schwärmerisch empfinden
lassen konnte. Es ist nicht anzunehmen, daß der mit der
Ausführung der Büste beauftragte Berliner Bildhauer R. An-
dresen Berger im Leben gekannt oder auch nur gesehen

hat. Sein Werk scheint vielmehr nach wenig mitteilsamen
Vorlagen nachgebildet und der Bildhauer könnte nur ge-
winnen, wenn diese Annahme recht behielte. Sie wäre
die einzige Erklärung für den nüchternen Konventionalismus,
als dessen Produkt diese Büste erscheint. h. e. Wallsee.

AUSGRABUNGEN
Ausgrabungen in Sevilla. Bei Ausgrabungen in
Sevilla unter der Leitung des englischen Archäologen
Wishaw sind, wie die »Orientalische Literalurzeilung«
meldet, eine Reihe übereinander liegender Schichten
festgestellt worden, von denen die oberste etwa 2,60 m,
die unterste etwa 5 m unter der heutigen Oberfläche liegt.
Die in den einzelnen Lagen aufgefundenen Mosaiken —
Fußbodenbelag der Bauten — geben genauen Aufschluß über
die Vorläufer des heutigen Sevilla. Die oberste Mosaik-
schicht zeigt deutlich römischen und zum Teil westgotischen
Charakter. Die zweite, also die nächstfolgende, ist rein
römisch, die dritte weist griechische Züge auf. Die vierte
bewohnte Schicht zeigt sehr primitiven Bodenbelag ohne
bestimmte Anordnung. Die fünfte wird von einer Art Zement
oder mit kleinen Steinchen untermischtem Mörtel gebildet,
wobei die Steine nach bestimmten Motiven angeordnet sind.
Zwischen den beiden letzten Schichten fanden sich zahlreiche
keramische Fragmente samischer (englische Bezeichnung für
römische terra sigillata-Gefäße) etruskisch-griechischer und
karthagischer Herkunft, besonders die letzten gewährten
einen schönen Anblick, da die Farben mit Glimmer unter-
mischt waren. Endlich noch tiefer fand man Überreste
glasierter Töpfereien und einen reichgeschmückten Becher,
auf dem drei Fische, Kleidungsstücke und Werkzeuge der
Bronzezeit abgebildet waren. Man meint nun, daß Sevilla,
bevor es das lateinische Hispalis wurde, ebenso wie Cadiz
eine bedeutende Stadt phönizischen oder griechischen Ur-
sprungs gewesen sei, die von den Karthagern zerstört,
später von den Römern wieder aufgebaut wurde, und wahr-
scheinlich mit dem berühmten Tharsis der Alten identisch
sei, welchen Schluß ein gleichnamiger Minendistrikt in der
Gegend zulasse. Dagegen ist eingewandt worden, daß nach
den historischen Überlieferungen Tharsis auf einer Insel
des Betis, nicht weit von der Mündung des heutigen Guadal-
quivirs, zu suchen sei, und nicht im Innern des Landes,
wogegen freilich wieder zu berücksichtigen ist, daß Sevilla
einst dem Meere weit näher gelegen hat. m.

AUSSTELLUNGEN
X Die Berliner »Juryfreie Kunstschau«. Zum vierten
Male tritt die »Vereinigung bildender Künstler«, in der
sich die Berliner »Independants« zusammengefunden haben,
mit einer »Juryfreien Kunstschau« hervor, und die eigen-
tümliche Situation des Berliner Kunstlebens hat bewirkt,
daß sie damit einen merklichen Schritt vorwärts rückte.
Von den einigermaßen wilden Ausstellungsräumen in der
Potsdamerstraße, wo sie sich früher, nomadenhaft herum-
ziehend, einquartiert hatte, ist sie in das Sezessionshaus
am Kurfürstendamm übergesiedelt, das zufällig verfügbar
war. Durch den Streit innerhalb der Sezession ist es ge-
kommen, daß zurzeit eigentlich niemand weiß, wem dieses
Gebäude untersteht. Offiziell befindet es sich im Besitz
der G.m.b.H. »Ausstellungshaus am Kurfürstendamm«,
die bisher mit der Sezession so eng verbunden gewesen,
daß man nicht recht erkennen konnte, wo die Grenze war.
Nun aber besteht ja seit der sommerlichen Krisis die Se-
zession in ihrer alten Form nicht mehr, es existiert vielmehr
nur eine Art »Rumpf-Sezession«, die aber das Ausstellungs-
haus noch nicht in Besitz genommen hat. Was daraus
werden wird, ist noch nicht zu übersehen. Vorläufig steht
nur fest, daß im November die seinerzeit Ausgeschiedenen,
 
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