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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Hermanin, Federico: Römischer Brief, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0010

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXV. Jahrgang 1913/1914 Nr. 1. 1. Oktober 1913

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

SAN FRANCISCO
UND DIE DEUTSCHE KUNST

Die Regierung hat eine Beteiligung an der Welt-
ausstellung in San Francisco abgelehnt. In den
Kreisen der Industrie ist eine Bewegung im Gange,
ohne staatliche Beihilfe eine Deutsche Ausstellung zu
organisieren.

Der Künstlerschaft bietet sich hier eine Gelegen-
heit. Zum ersten Male könnte sie auf einer der großen
Weltmessen und an weithin sichtbarer Stelle ohne
die Fesseln offizieller Bevormundung vertreten sein.

Die Gelegenheit darf nicht versäumt werden. Die
unabhängigen Künstlervereine sollten sich der Sache
annehmen. Den »Deutschen Künstlerbund« zuerst
geht es an. Hier ist eine Aufgabe, für die sich ein-
zusetzen die Mühe verlohnen sollte.

Aber es dürfte nicht die Angelegenheit einer Ver-
einigung bleiben, auch wenn ihr Rahmen noch so
weit gespannt ist. Sie sollte die erste Agitation leiten,
die Ausführung aber einem kleinen Kreise von Ver-
trauensmännern in die Hände legen. Am besten Nicht-
künstlern, die dem Streit der Parteien fernstehen.

Nicht groß dürfte der Umfang sein. In strengster
Sichtung müßte das Beste aus den sämtlichen Jahres-
ausstellungen gewählt werden. Von tausend Bildern
nicht mehr als zehn.

Von Liebermann bis zu den Jüngsten sollte das
Stärkste und Lebenskräftigste gezeigt werden. Kein
Stück toten Ballasts, der sonst die Repräsentations-
räume füllt, dürfte zugelassen werden.

Eine Qualitätsausstellung, wie diese sein sollte,
ist innerhalb Deutschlands noch nicht versucht worden.
Sie würde in jeder Stadt auf besondere Widerstände
stoßen, und sie ist in der Heimat nicht so notwendig
wie in der Fremde, weil das Publikum viele Aus-
stellungen sieht und selbst aus jeder das Gute wählen
mag.

Im Auslande hat man nirgends eine Vorstellung
von den tatsächlichen Leistungen deutscher Kunst.
Hier ist es notwendig, an einer Stelle einmal eine
solche Elite-Ausstellung zu schaffen. Und es müßte
ermöglicht werden, um durch den Erfolg zu beweisen,
daß ein anderes System als das staatlicher Protektion
der Allgemeinheit dient und die deutsche Sache
fördert.

Es handelt sich nicht nur darum, einen neuen
Markt zu erschließen, sondern einem idealen Zweck
zu dienen. Auch für die Folgezeit gilt es, ein Bei-
spiel aufzustellen. Und darum vor allem sollte diese
Gelegenheit nicht versäumt werden.

RÖMISCHER BRIEF

Die Verbindungsgänge aus Eisen, Holz und Mörtel
zwischen den kapitolinischen Palästen, welche zwei
Jahre lang den Kapitolsplatz in einen Hof verwandelt
hatten, sind seit einigen Monaten verschwunden und
mit Freuden sieht jeder Romfreund wieder den alten
Senatorenpalast auf dem freien blauen Himmel sich
abzeichnen. Alle sind der Meinung, daß der ehr-
würdige Bau, dessen mittelalterlichen Kern Michel-
angelo mit großen Renaissancelinien umgeben hat,
endlich wieder sozusagen von einem drückenden
Alb befreit dasteht, nur der Bürgermeister Nathan,
welcher ungern den Anordnungen des Ministeriums
nachgegeben hat, denkt immer noch an die ständige
Verbindung und hat eine Konkurrenz mit hohem
Preis ausgeschrieben, damit die besten Architekten
sich an das schwierige Problem machen. Michelangelo
soll auf jeden Fall Nathanio consule korrigiert und
verbessert werden. Es wird jedenfalls interessant sein,
zu sehen, was die Baumeister herausschwitzen werden
und nicht weniger interessant wird das Resultat der
anderen, auch von Nathan ausgeschriebenen Kon-
kurrenz sein für die Verbindung zwischen Piazza
Navona und der Straße, die zum neuen Justizpalast
führt. Gerade an dieser Stelle der Stadt ist der Ver-
kehr minimal, aber man muß eben dem alten Platz
auf jeden Fall zu Leibe rücken. Um die alte Form
des Circus Agonalis, der sich die mittelalterlichen
Häuser angepaßt hatten, nicht zu zerstören, soll am
nördlichen Ende des Platzes, der neuen Tiberbrücke
gegenüber, ein halbmondförmiges Haus gebaut werden.
Die Form wird also bleiben, aber dennoch wird ein
neues Haus nur störend wirken, da wo jetzt alte
Winkelbauten stehen, über die der kleine Turm vom
Palazzo Altemps seine eigentümliche, als Steinbock
geformte Spitze gegen den Himmel hebt. Was die
Niederlegung des ganzen alten Quartiers von Campo-
marzio betrifft, von der man wie von einer abge-
machten Sache sprach, so scheint doch ein derartiges
Veto dagegen erhoben worden zu sein, daß wohl
nichts daraus werden wird.

Noch größere Probleme beschäftigen aber die
römischen Stadtväter, die es sich nicht nehmen lassen,
überall, wo es ihrem Geschmack richtig scheint, kleine
Gärtchen anzulegen. Erst kamen die grünen Rasen
mit Bäumchen vor der Hinterfassade von Santa Maria
Maggiore und nun ist die Reihe an San Giovanni
in Laterano. Aber wie gesagt, es gibt größere Fragen
zu erledigen, deren Lösung für eines der wichtigsten
und schönsten Stadtbilder entscheidend sein kann. Es
handelt sich um die Regulierung des südlichen Ab-
 
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