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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Wettergren, Erik: Neuerwerbungen des Stockholmer Nationalmuseums
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0068

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117 Personalien j j 8

Stil beinahe etwas Affichenartiges an sich hat. »Karneval«
ist eine hübsche, aber keineswegs bezeichnende Probe
seiner sicher instrumentierten Kunst.

Zum Schluß zwei Bildnismaler: Richard Bergh ist einer
unserer Allerbesten, dem ein Porträt ein tiefes psycholo-
gisches Problem, der unmittelbare Ausdruck seiner eigenen
Lebensanschauung ist. Sonniges Licht tanzt zwischen
grünem Laub über das Bild seiner Tochter Ellen — ein
guter Typ des jungen schwedischen Mädchens mit ihrer
Mischung von Träumerei und keuscher Unerschrockenheit.
Richard Bergh, der ein für Künstler ungewöhnliches Interesse
auch für die Kunst anderer hat, erhält für das Museum
eine größere Bedeutung, wenn seine vortrefflichen Pläne zur
Anordnung der Sammlung zur Ausführung gelangen.

Das zweite Porträt ist ein großes Gruppenbild, das
von einer Frau, Hanna Pauli, unserer unzweifelhaft be-
gabtesten Malerin, gemalt ist. Das schwere künstlerische
Problem — viele Menschen um einen Gegenstand kon-
zentriert und in einem Halbdunkeln, von einer Lampe be-
leuchteten Zimmer versammelt — ist mit Hilfe der über-
legenen dänischen Vorbilder — Viggo Johanssen und P. S.
Kröyer — tüchtig gelöst. Die Menschen in diesem Zimmer
sind lauter Leute, die der im Lampenlicht lesenden Ellen
Key lauschen.

Auch die ausländische Kunst hat einige gute Zugänge
erhalten. Von den älteren Bildern ist das beste ein Vene-
zianer in der Art Giovanni Bellinis — genannt Art des
Basaiti — im Anschluß an die »Beweinung Christi« im
Berliner Museum. Es ist eine Pieta mit dem mager ge-
zeichneten Körper ein Zickzackornament gegen den Hinter-
grund von halbverwitterter Architektur und scharf detail-
lierter Vegetation beschreibend. Diese und das lionardisch
beseelte Gesicht sind die besten Partien des Gemäldes. Ein
venezianischer goldigwarmer Ton liegt über dem Ganzen.

In dem vorhergehenden Bericht über die Neuer-
werbungen des Museums (5. Sept. 1913) habe ich das neue
Blut, das, dank dem Verein »Freunde des Nationalmuseums«,
der französischen Abteilung zugeflossen ist, erwähnt. Auch
ein anderer Donator und die eigenen Mittel des Museums
haben es ermöglicht, dieser Abteilung einige schwerwiegende
Zuschüsse zu verschaffen. Der eine ist eine Jugendarbeit
von Millet, 1841 in Cherbourg gemalt, also in demselben
Jahre, in welchem die Bürger der Stadt ihrer Unzufrieden-
heit mit dem posthumen Porträt des Bürgermeisters Janin
Ausdruck gegeben haben. Der gegen letzteres gerichtete
Vorwurf der »Härte im Ausdruck« läßt sich jedenfalls nicht
auf das Porträt von Mme Frigot, die letzte Neuerwerbung
des Museums, anwenden. Es hat im Gegenteil die ganze
Intimität der Biedermeierzeit, und wenn man hört, daß
das in braunen, grauen und schwarzen Tönen stehende
Porträt eine Dankbezeugung für eine anspruchslose Helferin
ist, so merkt man das lange und liebevolle Studium inner-
halb der warmen Wände eines Heimes. Während es Millet
in Cherbourg schlecht erging, konnte er seinen Hunger
oft am Tische der Eheleute Frigot stillen; als Dank hierfür
schenkte er ihnen ihre beiden Porträts, und an der Wand,
wo sie — ohne Rahmen — hingen, blieben sie bis vor
kurzem, als der Haushalt in alle Winde zerstreut wurde
und die beiden Bilder in den Kunsthandel und nach Paris
kamen. Hier wurden sie von einem jungen schwedischen
Museumsbeamten, Dr. A. Gauffin, entdeckt, und für das
bessere schnell ein Mäzen gefunden. Es hängt jetzt im
Stockholmer Nationalmuseum zusammen mit einer luftigen
Landschaft desselben Meisters. Nach dem National-
museum ist kürzlich noch ein Beispiel dafür gelangt, wie
die Jugendarbeit eines großen Künstlers eine treffende
Empfindung von großer Kunst geben kann, obschon sie
anscheinend nichts mit seiner gereiften Produktion zu tun

hat. Ich denke an eine Arbeit aus den französischen
Studienjahren unseres Carl Larsson, ein Bildnis seines
Kameraden Carl Skanberg; Larsson zeigt sich hier als ein
Leibi verwandter Meister des Kolorits.

Der andere Franzose ist ein Renoir — ein entzückender
Renoir. »Lagrisette« heißt das Bild und stammt, wie die
beiden früher erwähnten Degas aus der Sammlung des
Prinzen von Wagram. Nach der Mitteilung des vermittelnden
Kunsthändlers ist es 1879 gemalt, in diese Richtung deutet
mehr die Kleidung der jungen Dame, als rein künstle-
rische Indizien. In seinem Schimmer von Blau, Grün und
Rosa erinnert es uns daran, daß Renoir aus der Porzellan-
malerei in die große Kunst hinübergerettet worden ist.
Ein klangvoller Schimmer von klarer Luft, voll von Renoirs
ganzer naiver Sinnlichkeit, umgibt die unschuldsvolle Gri-
sette, diese Luft ist jedoch still, sie hat nicht die wogende
Bewegung der gleichzeitigen Malerei.

Eine provenzalische Landschaft von Gauguin vom
Ende der achtziger Jahre zeigt eine schöne ornamentale
Linie und hellklingende Farben — beides eigentümlicher-
weise im Stile Carl Larssons — macht aber einen ge-
flickten Gesamteindruck.

Die deutsche Abteilung hat mit einem Max Liebermann,
einer späten Variante seines beliebten Motives »Reiter am
Strande«, einen erfreulichen Zuwachs erhalten. Obschon
1911 gemalt, steht es in der Komposition, mit Pferd und
Reiter im Profil und dem an dem Pferde hochhüpfenden
Hunde, dem von 1900 datierten, im Schlosse Ebenrod be-
findlichen Reiterbild am nächsten. In dem Bilde des
Museums hat das organische Leben der Bewegung jedoch
eine höhere -Vollendung erhalten, und schön ist die zu
gleicher Zeit sonnige und gewitterschwere Stimmung.
Liebermann ist hier mehr Kolorist als in vielen anderen
späteren Gemälden.

Eine andere deutsche Erwerbung ist eine Bronze:
Franz Stucks »Athlet«.

Die englische Gemäldesammlung wurde 1911 mit zwei
Bildnissen aus dem 18. Jahrhundert gegründet. Das eine
ist ein Reynolds und stellt einen seiner Freunde dar, dessen
Porträt in vielen Varianten von seinem Atelier in die Welt
hinausgewandert ist. Es ist Sir Thomas Hills, wir sehen
ihn in diesem Brustbild als einen jungen Mann in roter
Uniform und frisch lächelndem Gesichte. Das ganze Ge-
mälde hat, auch rein malerisch, etwas von biederer Alltags-
haltung.

Das zweite, nicht ganz intakte Porträt wird Hoppner
zugeschrieben und stellt in grauen und braunen Lasuren
eine junge Dame mit großem Hut dar — eine etwas de-
kadente Probe der großen englischen Porträtkunst. Dieses
Bild gehört zu der bedeutenden Schenkung, die dem Mu-
seum von dem Erben des feinsinnigen Sammlers, Bankier
C. A. Weber, überlassen worden ist, und deren wertvollster
Teil in der Kunstgewerbe-Abteilung Platz gefunden hat.

Zuletzt — ein moderner Britte, der englische Irländer
William Orpen, dessen Selbstbildnis als Jockey vom Mu-
seum angekauft ist. Es hat in seiner energischen Zeich-
nung und Lichtverteilung etwas von Zuloaga.

Die Handzeichnungssammlung ist mit Blättern von
Oudry, Bouchardon, Forain u. a. vermehrt worden. In der
graphischen Abteilung wird die schöne Zorn-Sammlung
jährlich komplettiert; außerdem sind Graphiken von Münch,
Brangwyn, Forain u. a., sowie alte Meister aus verschie-
denen Schulen angekauft worden. Erik Wettergren.

PERSONALIEN
Aus Anlaß der Großen Kunstausstellung Düsseldorf
1913 hat der Kaiser folgende Auszeichnungen an Künstler
verliehen: Die große goldene Medaille für Kunst erhielten
 
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