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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Gronau, Georg: Raffaels Zeichnungen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0169

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319

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe

320

Textband eröffnet, und die von grundlegender Be-
deutung sind. Die erste behandelt die Geschichte der
Zeichnungen, die zweite, wichtigste — »Zur Be-
urteilung der Zeichnungen« betitelt — legt die Grund-
sätze des Herausgebers dar und läßt an hervorragen-
den Beispielen aus allen Epochen Raffaels im voraus
ahnen, wie revolutionierend für unsere seit Morelli
geltenden Vorstellungen die Publikation im ganzen
sein wird. Was hier über Raffael-Zeichnungen gesagt
ist, hat für die Beurteilung von Zeichnungen über-
haupt grundsätzliche Bedeutung, so daß ich allen Fach-
genossen, den jüngeren besonders, das sorgfältigste
Studium dieser sehr knapp gehaltenen Darlegungen
ans Herz lege. Eine kurze dritte Einleitung behandelt
endlich zusammenfassend die Zeichnungen dieser ersten
Abteilung.

Wenn uns der zeichnerische Nachlaß eines Künst-
lers geschlossen vorgelegt wird, so darf unser Fach
stets die einfache Tatsache als eine Bereicherung dank-
bar begrüßen. Bedeutet aber, wie in diesem Fall, die
Publikation eine gewaltige Vermehrung des bisher
bekannten Materials (ist doch aus der Oxforder Samm-
lung von mehr als 100 unbestrittenen Zeichnungen
kaum die Hälfte zuvor publiziert worden), so darf
man sagen, daß für das Studium eines Meisters da-
mit eine ganz neue Grundlage geschaffen wird. Wenn
im Anschluß an Fischeis fortschreitendes Raffaelwerk
die Forschung über den Urbinaten eine neue Blüte
erlebt, so werden die Herausgeber, der Autor wie der
Verleger, einen bedeutenden Teil des Verdienstes für
sich in Anspruch nehmen dürfen.

GEORG GRONAU.

NEKROLOGE

Mit dem in seinem achtzigsten Lebensjahre hingeschie-
denen Filippo Carcano verliert die mailändische Maler-
schule den letzten Vertreter der alten naturalistischen
Richtung, die sich besonders im Atelier von Hayez in den
sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gebildet hatte.
Carcano war direkt Schüler von Hayez und wäre wohl
gern gleich in die Spuren des Meisters getreten, um be-
sonders Genrebilder zu malen, mußte aber statt dessen
seine besten jungen Kräfte großen historischen Komposi-
tionen widmen, denn nur durch solche konnte man damals
Prämien bekommen, und so gelang es ihm, sich gute
Stipendien zu sichern. Die ersten Bilder, in denen seine
wirkliche Natur zum Vorschein gelangen konnte, waren
die, mit1 welchen er in den Jahren 1873 und 1874 nach
einem Aufenthalt in Paris auftrat: lebendige Darstellungen
vom Spieltisch und aus dem Ballettleben. Der naturalisti-
sche Charakter der Bilder war so stark und überraschend,
daß man ihn anklagte, nach photographischen Aufnahmen
gemalt zu haben; was lächerlich erscheint, wenn man die
genauen, lebhaften, direkt der Natur abgelauschten Zeich-
nungen, die der Meister sein ganzes Leben lang ausführte,
kennt. Aber eigentlich erreichte er die Höhe seiner Kunst
erst in den Landschaftsbildern, in denen er die einfachen,
schlichten Reize der lombardischen^Ebene und die melancho-
lischen Schönheiten der venezianischen Lagunen schilderte.
Auch als Lehrer wirkte er, und bis zu einem gewissen
Grade gehörte auch Giovanni Segantini seiner Schule an.
Man sagt, daß der große lombardische Alpenmaler den
gleichen; kammartigen Spachtel gebrauchte und damit ganz
in Carcanos Art seine Himmel bearbeitete. Fed. H.

PERSONALIEN
Dr. Walter Cohen übersiedelt am 1. April nach Düssel-
dorf als Direktorialassistent an den städtischen Museen.
Durch die Neuordnung der Gemäldegalerie, durch die Ab-
fassung des kleinen praktischen »Führers« und durch die
Bearbeitung des (im Erscheinen begriffenen) wissenschaft-
lichen Kataloges hat sich Dr. Cohen in seiner bisherigen
Stellung im Bonner Provinzialmuseum so bewährt, daß man
seine Berufung nach Düsseldorf durch Koetschau mit besten
Erwartungen begrüßen kann.

Rom. Professor F. Hermanin, Direktor der Königl.
Nationalgalerie und des Kupferstichkabinetts im Palazzo
Corsini, ist zum Soprintendente der Galerien der mittelalter-
lichen Museen und Kunstsachen für Rom, das Latium und
die Abruzzen ernannt worden.

WETTBEWERBE

Künstlerwettbewerbe, die mit einem Mißklang enden,
indem der Auftraggeber den Spruch der Jury, die er selbst
eingesetzt hat, beiseite schiebt, sind so sehr an der Tages-
ordnung, daß sie fast zu einer ständigen Rubrik werden.
Der Verein deutscher Motorfahrzeug-Industrieller hat eine
Konkurrenz für eine Ausstellungshalle in Berlin ausge-
schrieben, die durch ihre Dimensionen allein alle ähnlichen
Bauten in den Schatten stellen soll. Das Preisgericht ent-
schied sich für den Entwurf des bekannten Architekten
Stoffregen. Aber sein Plan soll nun verurteilt werden, auf
dem Papier zu bleiben, zur Ausführung wird ein anderer
Entwurf bestimmt. Der zweite Fall hat sich in Schweden
ereignet und ähnelt auf ein Haar dem Züricher Wettbewerb,
von dessen Ausgang hier kürzlich berichtet wurde. Wie
dort Huber und Bodmer, so trug in Stockholm ein junger
Maler mit Namen Grünewald den ersten Preis in der Kon-
kurrenz für den Schmuck des Trauzimmers im Rathause
davon. Er wird sich voraussichtlich mit diesem Erfolge
zu begnügen haben. Die Ausführung soll ihm nicht über-
tragen werden. Dänemark besitzt die monumentalen Wand-
gemälde Joachim Skovgaards. In Norwegen ist die Hoff-
nung noch nicht aufgegeben, daß Münchs Entwürfe in der
Aula der Universität von Kristiania zur Ausführung gelangen.
Schweden wird es nicht leicht sein, Schritt zu halten,
und es lohnt wohl das Wagnis eines Jungen anstatt der
sicheren Mittelmäßigkeit, die man eintauschen würde.

Der in Aussicht gestellte neue, interne Wettbewerb um
das Botschafterpalais in Washington ist nun zur Tatsache
geworden. Die Architekten Dülfer, v. Ihne und Möhring
sind zu einer Umarbeitung ihrer Entwürfe auf Grund der
von der Akademie des Bauwesens ausgearbeiteten Ab-
änderungsvorschläge aufgefordert worden. Die Erteilung
des Bauauftrags soll nach einer nochmaligen Prüfung
durch die Akademie erfolgen. Man hat Grund, mit diesem
vorläufigen Ausgang der Angelegenheit, die schon endgültig
erledigt zu sein schien, zufrieden zu sein.

In ähnlicher Form soll nun auch die Frage des Opern-
hausneubaues in ein letztes Stadium eintreten, nachdem
der Versuch, Hoffmanns Entwurf stillschweigend als end-
gültige Lösung hinzustellen und die Öffentlichkeit durch
ein paar Besprechungen in Tageszeitungen zu beruhigen,
gescheitert ist. Die Vereinigung Berliner Architekten hat
Hoffmanns Projekt so ungünstig beurteilt, daß auch das
preuß. Abgeordnetenhaus die geplante Eingabe wird berück-
sichtigen müssen. Wie verlautet, sollen wieder der Akademie
des Bauwesens die im Wettbewerb ausgezeichneten und
der Hoffmannsche Entwurf zur Prüfung vorgelegt werden.
Ein ähnlicher Ausgang wie im Falle des Botschaftergebäudes
in Washington wird sich auch hier als die natürliche Lösung
ergeben. Ein engster Wettbewerb mit Benutzung der bisher
 
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