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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Rheinischer Kunstbrief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0183

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Nekrologe — Personalien — Denkmalpflege

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in ihm steckte, als man die schöne Serie seiner Bil-
der auf der Sonderbundausstellung sah, aber man
mußte erst abwarten, wie weit er sich von den frem-
den Einflüssen, denen er noch allzusehr erlag, frei
machen würde. Jetzt sah man, daß es ihm gelungen,
und wo man seine ganze Entwickelung überblicken
konnte, erkannte man erst, welche Kraft und Gesund-
heit in dieser Persönlichkeit steckt. Vor allem über-
raschend ist es, wie schnell er alles Akademische
abgeworfen hat. In Düsseldorf nahm er mit 16 Jahren
mit seinen Studien seinen Ausgang, ging darauf nach
München und dann nach Stuttgart. Höchstens in dem
frühen Bilde mit der Ansicht Laethems, dem kleinen
belgischen Dorfe, wohin er sich zurückzog, dürfte
man neben belgischen Einflüssen vielleicht noch Er-
innerungen der Karlsruher-Stuttgarter Schule wieder-
finden. Der entscheidende Wendepunkt trat ein durch
die Berührung mit van Gogh, der auf Jahre hin sein
Schaffen bestimmte, so weit, daß er sich schließlich
selbst vergaß und Bilder malte, die unter der Flagge
des großen Niederländers segeln könnten. In dem
Erntebilde, dem Hauptstück der ersten Ausstellung
der Kölner Sezession vor einigen Jahren — diese
Gruppe scheint auch nicht mehr zu existieren — ließ
er aber schon ahnen, wohin er aus dieser Schulung
kommen würde: Das Bild war von unglaublicher
Kraft in der Linie und wunderschön in der Glut der
Farbe, die wie geschmolzenes Erz über die Bildebene
hinfloß. Ob er es der Bekanntschaft mit den moder-
nen Franzosen, vor allem Matisse zu danken hat,
wenn er von van Goghs Abhängigkeit sich freimachte,
die ihn bis an die Grenze der Manier geführt hatte,
das war auf Grund des ausgestellten Materials nicht
zu entscheiden. Es war ein großes Glück für ihn,
daß er nun, wo er seine erste Entwickelung abge-
schlossen hat und der Reife entgegengeht, große
Wandflächen fand, worauf seine ganze Kunst gerade-
zu eingestellt ist, indem ihm für die Suermondtsche
Burg Drove in der Eifel ein Zyklus von Wandge-
mälden in Auftrag gegeben wurde. Der ganze Zyklus
mit zahlreichen vorbereitenden Studien und Skizzen
war in Düsseldorf zu sehen, wohl eins der inter-
essantesten Ereignisse im rheinischen Kunstleben der
letzten Monate. Die Düsseldorfer Künstlerschaft
schien nicht zu wissen, was ihr hier geboten wurde,
denn man sollte meinen, sie wäre scharenweise her-
beigeströmt, um hier zu sehen, was malen heißt, wie
man Farben verwenden muß. Den Höhepunkt stellt
das Bild der Beweinung dar, glänzend komponiert
mit den vier mächtigen leuchtenden Farbenmassen
der klagenden Frauen, braun mit rot, blau, dunkel-
violett, grün mit Karmin, zwischen denen als Diago-
nale des Bildes der langgestreckte Körper Christi hin-
durchfließt. Es ist dazu so echt, stark und groß in
der Empfindung, daß man hier endlich wieder einen
Künstler begrüßen darf, der fähig scheint, unsere
Kirchenwände mit Werken dauernden Wertes zu
schmücken. Und seine Kunst ist deutsch in ihrer
urtümlichen Kraft der formalen Gestaltung und des
Gefühls. Die übrigen Wandbilder stehen bei weitem
nicht auf der Höhe dieser Beweinungsgruppe, um-

schließen aber in den Einzelheiten eine Fülle des
Schönen, zumal das lebensprühende Bild der Ama-
zonen. Der ganze Wert des Künstlers zeigt sich vor
allem in den geradezu glänzenden Pferdestudien zu
diesem Bilde, ein Extrakt der Natur, schwungvoll und
elastisch. Man muß diese Tiere sehen, wie sie sich
bäumen und den Kopf rückwärts werfen, dann glaubt
man, die Kurve von Rücken und Hals müsse durch
die Anspannung und die Lebensfülle gesprengt wer-
den. Das hat selbst Delacroix selten so monumental
zu geben gewußt und mit so wenigen Mitteln. Denn
nur in der einen Linie liegt hier das ganze Leben
und die überquellende Kraft. Bei solchen Stücken
darf man Nauen ohne Übertreibung zu unsern besten
und zukunftsreichsten Künstlern zählen. Gewiß ist
er noch lange nicht fertig, aber er ist ja auch erst
34 Jahre alt. Dazu zog er sich, um sicherer seinen
Weg zu gehen, in die Einsamkeit zurück, auf das
reizende Schlößchen Dilborn bei Brüggen, nicht weit
von Roermond, an der holländischen Grenze. a

NEKROLOGE

Hochbejahrt ist der Wiener Landschaftsmaler Franz
Alt, der Bruder des berühmteren Rudolf Alt, gestorben.
Ein echtes Glied der alten Malerfamilie verlegte er sich
schon bald nach seinen ersten Studien an der Wiener
Akademie auf die Architektur- und Landschaftsmalerei.
Viele Hunderte seiner trefflichen kleinen Aquarellveduten
befinden sich verstreut in Wiener privatem und öffent-
lichem Besitz. Einen besonderen Gönner fand er im Erz-
herzog Ludwig Viktor, der nicht nur zahlreiche seiner
Bilder erwarb, sondern ihn auch in den sechziger Jahren
auf einer Reise nach Spanien und Portugal begleitete. Erst
in seinen letzten Jahren wandte sich Alt der Ölmalerei zu.
Sein Name wäre bekannter, wenn er nicht durch den
Ruhm seines bedeutenderen Bruders verdunkelt worden
wäre. K M. s.

PERSONALIEN

An der Universität Bonn habilitierte sich Dr. Herbert
Koch für das Fach der Archäologie mit einer Antritts-
vorlesung über den Anteil der Griechen an der älteren
Kunst Italiens.

An der Kgl. Akademie der bildenden Künste in Stutt-
gart findet von Sommersemester 1914 an Unterricht in
künstlerischem Originalholzschnitt statt. Als Lehrer ist der
Maler und Graphiker Heine Rath-Berlin berufen worden.

DENKMALPFLEGE

Rom. Die Wiederherstellung der Kirche und
des Klosters der Santi Quattro Coronati auf dem
Coelius. In diesen Tagen sind die Arbeiten beendet
worden, mit denen die Soprintendenza ai monumenti die
Kirche und einen Teil des Klosters der Santi Quattro
Coronati restauriert hat, und das Resultat ist wirklich gut
und lobenswert. Dr. Antonio Mufioz hat die wichtigen
Arbeiten geleitet. Im vierten Jahrhundert gegründet, ge-
hört die Kirche zu den ältesten Roms. Papst Honorius I.
restaurierte sie im Jahre 625, aber im achten Jahrhundert
war sie so verfallen, daß Papst Leo IV. (847—855) sie fast
von den Fundamenten aus wieder aufbauen mußte. Er
liebte die Kirche, weil er als deren Kardinaltitular im
nahen Kloster gewohnt hatte und man ihm daselbst die
päpstliche Krone nach der Erwählung gebracht hatte. Er
errichtete in der Kirche eine prächtige Schola Cantorum,
 
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