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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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Maas, Max: Archäologische Nachlese, [3]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6191#0203

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387

Nekrologe — Personalien — Wettbewerbe — Ausstellungen

388

sind die bedeutsamsten Resultate aus dem Gebiete
der Prähistorie, aber auch ein kleines Mausoleum bei
Ladschane ist bemerkenswert wegen der reliefierten
Architekturglieder und Sarkophagfragmente und wegen
Einzelfunden von Plastik. Eine ähnliche Orabanlage
zu Balcik ergab 78 Einzelfunde. Zu Kopilovtzi wurde
das kleine Zeus- und Heraheiligtum weiter unter-
sucht, ebenso ein Heiligtum des thrakischen Reiters
zu Hamsalare. Zwölf Stück silberne Gefäße wurden
beim Dorfe Radüvene, Regierungsbezirk Lovetsch, ge-
funden. Sie gehören wahrscheinlich ins 4.—3. Jahr-
hunderts v. Chr. Aus Karanovo stammt die Marmor-
büste eines jungen Mannes aus der ersten Hälfte des
3. Jahrhunderts n. Chr. und aus Dragizevo ein kleiner,
sehr interessanter mittelalterlicher Schatz, der durch
seine genauen Datierungsmöglichkeiten von großer Be-
deutung für die bulgarisch-byzantinische Tracht des
14. Jahrh. ist. — In Rumänien wurden an sieben
verschiedenen Stellen Funde gemacht, aus denen von
V. Parvan (Bukarest) 33 ausführlich beschrieben werden.
Wir erwähnen daraus den Venustorso, Erotenfiguren,
Bronzegegenstände, ein Mithrasrelief, das Fragment
eines Marmorreliefs aus Romula (männliche Figur auf
einer von vier Rossen bespannten Quadriga), eine
Bronzestatuette des Jupiter Dolichenus und einen voll-
gegossenen Bronzeadler, der wohl von einer Standarten-
stange herrührt.

Hiermit sind wir am Ende dieser weiten Wan-
derung angelangt, durch die der unübertreffliche
Archäologische Anzeiger geführt hat, aus dem wir
noch nur eine Auslese geben wollten, während wir
die Spezial-Interessenten auf die Originalberichte des
Anzeigers und die daselbst gegebene Literatur ver-
weisen. —

NEKROLOGE

In London starb im Alter von fast 94 Jahren der be-
rühmte Karikaturist Sir John Tenniel. Er hat ein halbes
Jahrhundert lang für das bekannte englische Witzblatt
»Punch« seine Karikaturen gezeichnet, im ganzen ungefähr
3000 Blätter. Viele davon sind auch in Deutschland be-
rühmt geworden, wie die Zeichnung »Dropping the Pilot«,
die Bismarck als den Lotsen darstellt, der das Reichsschiff
verläßt, nachdem er es durch alle Fährnisse gesteuert hat.

PERSONALIEN

Professor Max Seliger, der Direktor der Kgl. Aka-
demie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig,
ist anläßlich der Jubiläumsfeier der genannten Anstalt durch
den Titel Geheimer Hofrat ausgezeichnet worden.

WETTBEWERBE

Zu dem engeren Wettbewerb um das Botschafter-
palais in Washington sind Martin Dülfer (Dresden),
Geheimrat v. Ihne und Professor Möhring in Berlin vom
Auswärtigen Amt aufgefordert worden, bis zum 31. Mai d. J.
nach Maßgabe der im Gutachten der Akademie des Bau-
wesens niedergelegten Gesichtspunkte neue Entwurfskizzen
einzureichen. Jeder Architekt erhält eine Vergütung von
5000 Mark. Mit der Bedingung, daß das Botschaftsgebäude
frei stehen soll, hat sich das Auswärtige Amt auf den
Boden des Möhringschen Vorschlages gestellt.

© Vor dem Rathause in Stendal soll ein Reiterstand-
bild Kaiser Wilhelms des Großen errichtet werden.
Ein Preisausschreiben wurde erlassen, und das Ergebnis
zeigt jetzt eine Ausstellung im Berliner Landes-Ausstellungs-
gebäude. Ein erster Preis wurde nicht erteilt, dafür zwei
zweite an Constantin Stark und Peter Breuer. Das hat
einen besonderen Sinn, denn so ist das Denkmalkomitee
noch weniger an den Spruch der Jury gebunden, da nur
dem Träger des ersten Preises die Ausführung in Aussicht
gestellt wurde. Leicht kann das Amt nicht sein, aus der
Überzahl der Einsendungen einen Entwurf zu wählen,
denn es herrscht ein so ödes Mittelmaß landläufigerDenkmal-
fabrikation, daß es schwer fällt, Unterscheidungen zu treffen.
Man sollte für solche Aufgaben lieber auf den Apparat der
Konkurrenzausschreibung verzichten und bei einem Künstler,
den man kennt, bestellen, was man will. Denn darauf
läuft schließlich ja auch die Tätigkeit der Jury hinaus: zu
wählen, was am besten den Wünschen entspricht, nicht
die künstlerisch höchststehende Leistung zu finden. Darum
ist es auch unnütz, hier auf Breuer hinzuweisen im Gegen-
satz zu Stark, und Hermann Hosäus, der den dritten Preis
erhielt, insbesondere hervorzuheben. Denn unter den
Namenlosen sind nicht wenige, deren Leistung das gleiche
Durchschnittsmaß erreicht, aber es ist keine, die es so weit
übersteigt, daß man sagen müßte, nur diese eine sei der
Ausführung wert.

AUSSTELLUNGEN

Die Berliner Kunstsalons haben für den Monat März
eine ganze Reihe von Sonderausstellungen aufgeboten, von
denen einige eingehenderes Interesse beanspruchen. Eine
Thoma-Ausstellung bei Schulte lehrt nicht eben viel Neues
über die Kunst des nun bald Fünfundsiebzigjährigen. Noch
immer erfreut man sich am meisten der unbefangenen
Schöpfungen, die in den siebziger Jahren entstanden, und
folgt mit geteilten Empfindungen der weiteren Entwicklung,
die Ideen einer pointiert archaisierenden Heimatkunst nicht
immer günstig gelenkt haben. Thoma ist nachgerade zu
viel ausgestellt worden, Lesser Ury zu wenig. Diese Zurück-
haltung gab seiner Kunst einen Nimbus, den sie nicht in
vollem Umfange rechtfertigt, und die ständige Kontrolle
an der Öffentlichkeit hätte vielleicht förderlich gewirkt.
Urys beste Arbeiten entstammen den achtziger Jahren. Da-
mals stand er in einer Reihe in Deutschland mit Lieber-
mann, Uhde, Skarbina. In den neunziger Jahren schon
beginnt eine Eigenbrödelei, die nicht von einer genügend
starken Persönlichkeit getragen wird. Erinnerungen an
Corot tauchen auf, zugleich aber denkt man an Hermann
Hendrichs falschen Feuerzauber. Ideen einer neuen Farbig-
keit sind früh verarbeitet, aber sie führen nicht zu einem
starken künstlerischen Ausdruck. Vielleicht ist eine zweite
Entdeckung Lesser Urys nicht mehr fern, vielleicht wird
man ihn sogar als einen Vorläufer der modernen Ideen in
der Malerei verkünden. Beziehungen zu Nolde, dessen
Schicksal ja auch merkwürdige Analogien aufweist, sind
nicht leicht zu übersehen. In die Reihe der Großen gehört
Ury aber nicht, wenngleich seinem künstlerisch ernsthaften
Streben die späte Anerkennung nicht weniger als etwa
Karl Hagemeister zu gönnen ist.

Der Vergleich mit Friedrich Kallmorgen, von dem eben-
falls eine Sonderausstellung bei Schulte steht, zeigt, auf
wie vielen Wegen eine ursprünglich tüchtige Begabung
und gute Schule ins Banale zu führen vermag. Da sind
wieder aus den achtziger Jahren Bilder, die ebenfalls die
gute Tradition ihrer Zeit verraten, und mit vollen Segeln
geht es dann in eine gleichgültige Vedutenmalerei, in der
kaum mehr ein Rest der früheren künstlerischen Absichten
zu spüren ist.
 
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