Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

DOI Artikel:
Lilienfeld, Karl: Die Ausstellung alter Meister aus Leipziger Privatbesitz
DOI Artikel:
Clemen, Paul: Die Baudenkmäler im östlichen Belgien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0067

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
H5

Die Baudenkmäler im östlichen Belgien

116

italienischen Werken des Secento, das im all-
gemeinen von der Sammlerwelt noch immer nicht
genügend gewürdigt wird. Wir weisen an dieser Stelle
nur auf die durch ihre malerische, schwungvolle Technik
auffallenden Landschaften von Carracci (Nr. 24, Hr.
Eugen Platky) und von Pier Mola (Nr. 84, Dr. H.
Voss), ferner auf den durch die Kraft der Zeichnung
wirkenden Strozzi (Nr. 124, Hr. Eugen Platky), von
dem ein bedeutendes Gegenstück sich in Berlin be-
findet, und schließlich auf ein trotz seines kleinen
Formates bedeutendes Bild des Franzosen Nie. Poussin
(Nr. 105, Hr. Eugen Platky), das im Gegensatz zu den
genannten Werken den Einfluß des klassischen Roms,
der zweiten Heimat des Künstlers, verrät. —

Ins 18. Jahrhundert führt uns die allegorische Dar-
stellung des Sebastiano Ricci (Nr. 109, Hr. Eugen Platky).
Ihre flotte, breite Pinselführung bildet ein Charakteristi-
kum der venezianischen Malerei im 18. Jahrhundert, die
auf unserer Ausstellung noch durch ein Meisterwerk
ersten Ranges, die »Italienische Landschaft« (Nr. 52)
von Guardi, repräsentiert wird. Freiheit der Pinsel-
führung, Schwung der Komposition und Harmonie
des Kolorits wetteifern hier miteinander. Ähnliche Quali-
täten weist auch das andere Gemälde Guardis (Nr. 51,
Dr. Fritz von Harck) auf, dessen besonderer Reiz in der
poetischen Wiedergabe des Meeresspiegels liegt. — Die
Französische Schule dieser Epoche ist durch den »Ein-
gebildeten Kranken«, voll bezeichnet und dat. 1745,
des seltenen Stephane Jeaurat (Nr. 69, Herr Etienne
Plantier) und das allerdings später entstandene Genrebild
des Boilly (Nr. 12, Hr. Paul Meyer), ein Werk erster
Qualität, vertreten. In zwei dem Greuze zugeschrie-
benen »Weiblichen Phantasiebildnissen« (Nr. 48 und
49, Herr Eugen Platky) könnte man ebensogut eng-
lische Arbeiten aus der Nähe des Hogarth sehen.

Von den Niederländern des 18. Jahrhunderts sind
manche besonders wegen ihrer Seltenheit ausgestellt,
so der in der Art des H. Saftleven gehaltene J. van
Borckeloo (voll bezeichnet und 1707 datiert) (Nr. 14,
Hr. Etienne Plantier), das voll bezeichnete und 1701
datierte »Bildnis eines Gelehrten« von H. de Valck
(Nr. 132, Kammerherr von Stieglitz), der sehr hübsche
»Fischladen« von Thibout Regters (Nr. 108, Hr. Etienne
Plantier), schließlich die 1779 datierte, voll bezeich-
nete »Landschaft« (Nr. 75, Hr. Georg Thieme) des
Dirk van der Laan, sicher eine der frühesten Land-
schaften des 1759 geborenen Meisters, der hier noch
nicht, wie später gewöhnlich, das lustige, an Vermeer
erinnernde Kolorit hat. — Ein Beispiel, wie fruchtbar
die Werke des Jan van der Heyde auf die holländi-
sche Stadtmalerei des 18. Jahrhunderts gewirkt haben,
bildet die reizende, trotz feiner Zeichnung malerisch
wirkende, voll bezeichnete »Amsterdamer Ansicht«
(Nr. 35, Hr. Etienne Plantier) des Jan Ekels. Wie
hoch aber die Kunst des Jan van der Heyden selbst
über allen seinen Nachlolgern steht, beweist seine von
malerischen Feinheiten strotzende »Landschaft« der
Sammlung Thieme (Nr. 59). — Niederländischen Ur-
sprungs ist auch der Autor des so dekorativen »Bild-
nisses von Gustav III.«: C. F. Breda (Nr. 20, Kammer-
herr Dr. von Frege-Weltzien). Bekanntlich ging der

Künstler nach London und war, als er 1796 von da
nach Schweden zurückkehrte, gänzlich unter den Ein-
fluß des Reynolds gekommen. Diesen Einfluß zeigt
— im Gegensatz zu den glatten Frühwerken Bredas —
deutlich unser Bild, das ein Jahr nach seiner Rück-
kehr, also 1797, entstand.

Die übrigen Werke der Kunst nach 1700 ge-
hören größtenteils der deutschen Schule an. Vor allem
sind hier die farbig äußerst pikanten Genre-Gruppen-
porträts von Christian Wilh. Ernst Dietrich zu nennen,
die trotz ihrer Abhängigkeit von den Franzosen
hoch über dem meisten, was zu jener Zeit in dieser Art
bei uns gemalt wurde, stehen. — Wenn die Aus-
stellung auch nicht in Konkurrenz treten wollte mit
der Veranstaltung, die die Leipziger Bildniskunst
vorführte, so enthält sie doch drei bisher noch nicht
ausgestellte Werke dieser Gattung: das im Kolorit wie
im Ausdruck wirkungsvolle Bildnis des C. F. Kregel
von Sternbach, von der Hand Anton Graffs, datiert
1771 (Nr. 47, Herr Etienne Plantier) und zwei Oval-
bildchen (Nr. 129 und 130, Hr. Paul Meyer) die ich
glaubte, dem Jon. Fr. Aug. Tischbein zuschreiben zu
dürfen1). — Der deutschen Schule gehört ferner die voll
bezeichnete und 1787 datierte »Landschaft« (Nr. 143,
Hr. Georg Thieme) von Johann Heinrich Wuest und
das voll bezeichnete, 1750 datierte »Bildnis einer
vornehmen Dame« (Nr. 8, Dr. C. W. Naumann) von
E. Beckly an, der sonst nur durch einige Porträts in
Braunschweig bekannt ist. Sollte der Künstler etwa
mit einem der so zahlreichen Glieder der Braun-
schweigischen Künstlerfamilie Beck identisch sein? —
Die »Landschaft« (Nr. 72, Farn. Rud. Brockhaus) von
Joseph Anton Koch wurde wegen ihrer ganz exzep-
tionellen Schönheit und Qualität ausgestellt, ein Do-
menico Quaglio wegen des aktuellen Interesses am
Gegenstand, dem Löwener Rathaus. Dieses Gemälde
bildet zeitlich den Schluß der Ausstellung; sein Gegen-
stand ruft uns aus dem Reich der Kunst in die Wirk-
lichkeit zurück, mahnt uns an die ernsten Zeiten, in
denen wir leben. Diejenigen, denen in diesen Tagen
in den Räumen des Kunstvereins eine Stunde reinsten
Genießens zuteil wurde, werden dankbar derer ge-
denken, die durch Überlassung ihres schönsten Be-
sitzes der gemeinnützigen Sache halfen.

Die Ausstellung hat auch die Wirkung gehabt,
noch soviel interessantes altes Kunstgut aus Leipziger
Familien zum Vorschein zu bringen, daß eine zweite
Serie geplant ist.

DIE BAUDENKMÄLER IM ÖSTLICHEN BELGIEN

von Paul Clemen

Keinen Beitrag zu der unsere Tagesblätter füllenden
grundsätzlichen Erörterung über den Schutz der Denk-
mäler im Kriege und die Verpflichtung zum Schutze
der Denkmäler möchte ich hier geben. Diese Frage
sollte gar nicht zur Diskussion stehen. Auf die An-
feindungen und Angriffe, die aus zwei Welten

1.1) Diese Zuschreibung wurde von Leipziger Spezialisten
für diese Zeit bestätigt.
 
Annotationen