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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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Henkel, Max Ditmar: Veränderungen und Neuerwerbungen der Haager Museen
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Simon, Karl: Zu Cranachs Darstellungen des Herkules unter den lykischen Mädchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0090

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i6i Zu Cranachs Darstellungen des Herkules unter den lykischen Mädchen 162

ein Bildnis des Malers Artsz und eine nur zum Teil
ausgeführte Darstellung einer Marktszene, die noch
ganz in der anekdotenhaften Manier der Genremalerei
der belgischen Schule um die Mitte des vorigen Jahr-
hunderts befangen ist; es ist dem Maler hier nicht
darum zu tun, den malerischen Effekt eines Gemüse-
marktes vor altertümlichen Häusern wiederzugeben,
sondern die Schilderung eines ganz bestimmten Vor-
ganges auf dem Markte, die Störung desselben durch
zwei Betrunkene, von denen einer einen Korb mit
Gemüse umgeworfen hat, ist dem Künstler die Haupt-
sache. Für Matthys Maris, der sich später immer mehr
von der bunten Wirklichkeit abwandte, bis er sich zu-
letzt ganz in seiner nebelhaften Traumwelt verlor und
diese auf der Leinwand festzuhalten suchte, ist dieses
in warmen dunkeln Tönen ausgeführte Genrebild ein
merkwürdiges Dokument. Von andern neuen Ge-
mälden seien erwähnt ein Atelierinneres von Suze
Bisschop-Robertson, ein aus schweren dunklen
Farben aufgebautes, sehr männliches Werk, ferner ein
ebenfalls in einer dunklen Farbenskala komponiertes
Interieur mit Kindern, die Bilder betrachten, von de
Zwart, und eine Winterlandschaft von Louis W.
Soest, in der der rötliche Schimmer in der Luft und
seine Reflexe auf dem Schnee an einem sonnigen Winter-
fage gut getroffen sind.

Zu einer sehr bedeutsamen Abteilung in dem
Museum hat sich durch Schenkungen und Ankäufe
die keramische Sammlung entwickelt. Vier große
Glasschränke füllen jetzt in dem Hauptsaal des Unter-
stocks die Delfter Fayencen des Legats v. d. Burgh,
worunter sich manches wertvolle und schöne Stück
befindet, so ein Satz von sieben Vasen mit blauem, rotem
und goldenem Dekor aus der Fabrik von Adriaen
Pynacker, auch je ein Beispiel für die seltenen Arbeiten
mit weißem Grund ohne jeden Dekor und die mit
schwarzem Grund mit Dekor in Blau, Grün, Rot und
Gelb. Durch Schenkung ist das Museum auch in den
Besitz einer kleinen Sammlung älteren chinesischen
Porzellans, einiger guter Beispiele Frankenthaler und
Meißener Porzellans, sowie eines sehr bemerkenswerten
Oud-Loosdrechter Services gekommen. Die wichtigste
Bereicherung der keramischen Sammlung betrifft das alte
Haager Porzellan, das man jetzt nirgends so gut
studieren kann, wie hier an dem Orte seiner Erzeugung.
Verschiedenes ist geschenkt worden, verschiedenes
wurde auf der Auktion Steengracht in Paris erworben,
zum Teil mit finanzieller Unterstützung eines unge-
nannt bleiben wollenden Haager Mäzens. Besonderer
Erwähnung wert ist ein mit Blumengirlanden im
Louis XVI.-Stil verziertes Teeservice aus den ersten
Jahren der Haager Fabrik (1771 — 1774), das mit Hin-
sicht auf Dekor und Masse mit den besten nichthol-
ländischen Arbeiten auf diesem Gebiet wetteifern kann;
dann eine Butterdose mit Deckel mit Louis XV.-Griff,
die durch den chinesischen Blumendekor in lebhaften
grünen und roten Farben, bei Haager Porzellan eine
große Seltenheit, merkwürdig ist. Aus der Sammlung
Steengracht stammen zwei Tassen und Unterschalen
mit Medaillons mit galanten Szenen, um die sich
Blumengirlanden winden; eine runde Schüssel mit

einem großen Medaillon mit einer Ruinenlandschaft,
das ebenfalls von Blumenguirlanden umgeben ist; drei
Deckeltassen, von denen zwei mit Tataren zu Pferde
und eine mit einen tanzenden Paar verziert ist; ferner
eine Tasse mit der feinen Silhouette eines weiblichen
Kopfes und dazugehöriger weißer Unterschale, die
an der unteren Seite von einem grünen Blattrand ein-
gefaßt ist. Sehr seltene Stücke derselben Herkunft
sind zwei Saucieren, die nach dem Vorbild Meißener
Schöpfungen einen Dekor von chinesischen Blumen
und Vögeln zeigen; vielleicht sind sie als Ersatz-
stücke für ein Meißener Service in der Haager Fabrik
hergestellt worden. Eine der schönsten Erwerbungen
aus der Sammlung Steengracht ist eine große Schüssel,
die nur an der Außenseite mit einem besonders fein
ausgeführten und angeordneten Blumenstraußmuster
versehen ist. Auffallend ist hier der Glanz der Farben,
die ganz mit der Glasur verschmolzen sind, so daß
wir es hier vielleicht mit Weichporzellan zu tun haben.
Ein kleines Teeservice mit Vogeldekor bildet eine glück-
liche Ergänzung zu den vorhandenen Eßservicen, die
denselben Dekor zeigen. Sehr verdienstlich ist, daß
das Haager städtische Museum bei seinen Ankäufen
auch moderne einheimische Keramik berücksichtigt;
so gehört zu den Neuerwerbungen der letzten Jahre
auch eine kleine Sammlung Fayencen aus der Haager
Fabrik »Rozenburg«, die nach den Entwürfen von
Colenbrander, einem der ersten holländischen Künst-
ler auf diesem Gebiet, angefertigt sind. Die Arbeiten
aus dieser Periode der Fabrik sind verhältnismäßig
selten und kommen nicht mehr im Handel vor. Einige
andere Stücke dieser Colenbrander-Keramik wurden
dem Museum geschenkt.

Daß der Aufschwung, den das Museum unter der
neuen tatkräftigen Direktion genonnen hat, auch von
der Stadt anerkannt wird, die diese Anstalt bisher
immer sehr stiefmütterlich behandelt hat, beweist die
erfreuliche Tatsache, daß die Mittel, die die Stadt für
Ankäufe bewilligt, für das laufende Etatsjahr verdoppelt,
das heißt, von 2500 auf 5000 fl. erhöht worden sind.

M. D. Henkel.

ZU CRANACHS DARSTELLUNGEN DES
HERKULES UNTER DEN LYKISCHEN MÄDCHEN

Von Karl Simon

Zu den Themen aus der Antike, die Cranach öfter
behandelt hat, gehört auch der Herkules und Omphale,
und es würde vielleicht auch nicht uninteressant sein, fest-
zustellen, wo diese Darstellung zum erstenmal auftaucht.
Unter den typischen, schon dem Mittelalter geläufigen
Beispielen für die Macht des Weibes findet sie sich nicht.

Drei Bilder mit diesem Vorwurf, die mit dem älteren
Cranach in Beziehung stehen, haben bis jetzt einige Be-
achtung gefunden. Eins im Besitz der Berliner Galerie
(z. Zt. in der Gemälde- und Kupferstichsammlung der Uni-
versität Göttingen), signiert mit dem Schlangenzeichen und
1532 datiert; ein zweites in der Braunschweiger Galerie,
datiert 1537, das dritte endlich an entlegenerer Stelle, im
Kopenhagener Museum, bezeichnet und datiert 1535. Dazu
tritt nun noch ein weiteres, bisher nicht beachtetes viertes
Bild mit der gleichen Darstellung im Besitz des Towar-
zystwo przyjaciol nauk (Verein der Freunde der Wissen-
 
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