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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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Baldass, Ludwig: Friedrich Dörnhöffer und die k. k. Staatsgalerie in Wien
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Verschiedenes / Inserate
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Nekrologe — Personalien

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durch den wundervoll vergeistigten Mahler-Kopf ver-
treten.

Als im Jahre 1912 die »moderne Galerie« in
k. k. Staatsgalerie umgetauft wurde, war diese Neu-
benennung verbunden mit einer Erweiterung des Pro-
gramms, zu der der alte Name nicht mehr passen
wollte. Es sollte das junge Institut nicht nur eine
rege Sammeltätigkeit über moderne Kunst entwickeln,
sondern auch die altösterreichische Malerei und Plastik
des 15.—18. Jahrhunderts sollte hier eine Pflegestätte
finden. Während das kunsthistorische Hofmuseum
immerhin einen wertvollen Bestand an österreichischer
Barockmalerei und eine Reihe von Salzburger und
— seit neuester Zeit — auch Tiroler Bildern des
15. Jahrhunderts besitzt, war die österreichische Plastik
in Wien — abgesehen von wenig glücklichen Ein-
zelbestrebungen des österreichischen Museums und
von Privatsammlungen wie die Dr. Figdors — so
ziemlich heimatlos. Daß das neugeplante Unter-
nehmen mit den größten Schwierigkeiten verbunden
war, dessen war man sich ohne weiteres klar. Denn
abgesehen davon, daß die österreichischen Gebiete
keine geschlossene Kunstprovinz bilden — bayrische
Kunstwerke z. B. sind oft kaum zu unterscheiden von
tirolern einerseits, von salzburgern andrerseits, während
wieder die Kunst der Sudetenländer nach ganz ande-
ren außerhalb der Monarchie gelegenen Zentren
gravitiert wie die der Alpenländer — ist der über-
wiegende Teil des wirklich Guten aus österreichi-
scher alter Kunst teils im festen Besitz von Klöstern,
Kirchen und Adelsitzen, teils bereits ins Ausland
gewandert. Immerhin sollte das bis jetzt schließ-
lich Vernachlässigte endlich nachgeholt und vor-
läufig wenigstens der Grundstock gelegt werden für
eine Sammlung, von der die Hoffnung bestehen kann,
daß sie noch mehreren Generationen ein leidliches
Bild von Österreichs künstlerischer Vergangenheit
geben werden. Wie recht man hatte, sich an leiten-
der Stelle der Größe des Wagnisses, heute noch an
die Gründung dieses Unternehmens zu schreiten, be-
wußt zu werden, läßt sich vor allem daraus erkennen,
daß unter der für die kurze Sammelzeit Dörnhöffers
erstaunlich großen Zahl von Plastiken und Malereien,
die dieser mit größtem Fleiße zusammentrug, sich
unter kunsthistorisch mehr oder weniger interessanter
Handwerksware nur ein einziges wirklich hervor-
ragendes Kunstwerk befindet: eine südböhmische
Steinmadonna mit Resten alter Bemalung aus den
ersten Jahren des 15. Jahrhunderts, voll reichster und
edelster Schönheit, die in ihrer Zartheit des Ausdrucks
und in dem Reichtum und der Geschlossenheit der
Faltenmotive an die besten burgundischen Skulpturen
der Zeit erinnert. Aus dem 18. Jahrhundert sind
Skizzen von Maulpertsch und Wink zu nennen.

Noch ist bis heute die Stelle Dörnhöffers nicht
wieder besetzt worden und die Galerie ohne Leitung
eines Fachmannes, ja ohne kunsthistorischen Be-
amten geblieben. Des Nachfolgers harren vor allem
zwei große Aufgaben, Unternehmungen, die vonDörn-
höffer bereits gesichert wurden, die aber noch nicht
einmal ins Anfangsstadium getreten sind. Die

erste ist die Vereinigung der Gemäldesammlung
in der Akademie der bildenden Künste, diesem
wüstesten, unkünstlerischsten aller Bilderdepots, das
größte Meisterwerke und wertlose Kopien, sie nivel-
lierend, gemeinsam verschluckt hat, mit der Staats-
galerie. Diese Vereinigung wäre nicht nur ein Glück für
die Akademiegalerie, der eine neue wissenschaftliche
Leitung wohl erst die Gewähr böte für eine Heraus-
hebung des Wesentlichen und eine würdige Auf-
stellung der reichen Niederländersammlung und der
schönen Guardi, auch für die Staatsgalerie bedeutete
sie eine Ergänzung der modernen Abteilung (Wald-
müller, Amerling,Rahl, Canon, Schleich, Ludwig Schnorr,
Knaus, Courbet, Leibi sind z. B. mehr oder weniger
gut in der Galerie vertreten) und eine wertvolle Be-
reicherung des retrospektiven Teiles durch den alten
Bestand an österreichischen Gemälden des achtzehnten
Jahrhunderts. Diese Vereinigung brächte dann auch
die Unterstellung der reichen Handzeichnungssamm-
lungen der Akademie unter die neue Leitung der
Staatsgalerie mit sich. Dörnhöffer hatte ja bereits seine
Ankäufe auf diesem Gebiet (zu erwähnen sind vor
allem Zeichnungen von Leibi und von Jungöster-
reichern) mit Rücksicht auf diesen Bestand gewählt.

Die zweite Aufgabe ist der Neubau eines Museums-
gebäudes, der finanziell bereits sichergestellt war und
mit Rücksicht auf große Ausdehnungsmöglichkeiten
in den nächsten Jahrzehnten als ein provisorisches
anbaufähiges Gebäude für ein bis zwei Generationen
auf den der Staatsgalerie gehörigen Gründen im Prater
nach Plänen Josef Hoffmanns im Herbst 1914 be-
gonnen werden sollte. Leider hat der Krieg auch
hier einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Hoffen wir, daß das Ministerium einem Manne
die Leitung übertragen wird, der mit scharfem Quali-
tätsurteil und gediegener kunsthistorischer Schulung
Initiative und sicheres Auftreten vereint, der mit junger
Tatkraft an die großen Unternehmungen herantritt und
dem es gelingt, auch weitere Kreise für die ihm unter-
stellten Sammlungen zu interessieren.

Ludwig von Baldass.

NEKROLOGE
Regierungsbaumeister Wilhelm Bohnsack ist in

der Gegend von Arras an der Spitze seiner Kompagnie
gefallen. Die bedeutendste Leistung des Architekten steht
in Berlin. Als Hilfsarbeiter im Bauten-Ministerium leitete
er den Neu- und Erweiterungsbau der preußischen Zentral-
Genossenschaftskasse. Der Bau, der unter Fortgang des
Geschäftsbetriebes ausgeführt werden mußte, zeigt ebenso
künstlerischen Feinsinn wie eine ausgezeichnete Anpassung
an die praktischen Erfordernisse eines Bankbaues. Bohn-
sack, der ein Alter von 39 Jahren erreichte, war der Sohn
des bekannten Braunschweiger Professors der Architektur
und hat bis zum Jahre 1913 im Bauten-Ministerium ge-
arbeitet. Seitdem leitete er das neugeschaffene Hochbauamt
in Kattowitz.

PERSONALIEN

Die Sachverständigen - Kommissionen bei den
Berliner Museen sind jetzt für die Zeit vom 1. April 1915
bis 31. März 1918 gebildet worden. Im allgemeinen hat
sich gegen die bisherige Zusammensetzung wenig geändert.
 
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