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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0177

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335

Institute

Vermischtes

336

worben. Es sind einmal eine Folge von Radierungen aus
dem Zoologischen Garten, von denen die Sammlung die
frühesten Abdrücke im ersten Zustande erwarb: Löwen
und Löwinnen, Tiger und Jaguare. Dann sind unter den
Neuerwerbungen eine Anzahl Blätter von der Trabrennbahn,
eine steingedruckte Tischkarte für Francesco d'Andrade,
steingedruckte Darstellungen zum »Verlorenen Sohn«, zum
»Reineke Fuchs«, Buchstaben zum »Lederstrumpf« und
Exlibris.

INSTITUTE

Florenz. Kunsthistorisches Institut. Italienische
Sitzung vom 20. Februar 1915. — Prof. Poggi sprach über
das Datum des Verkündigungsfreskos von Botticelli in San
Martino della Scala zu Florenz, das sich durch eine vom
Vortragenden gefundene Zahlungsurkunde im Archiv des
zu der Kirche gehörigen ehemaligen Klosters auf das Jahr
1481 festlegen läßt, während es bisher in die neunziger
Jahre des 15. Jahrhunderts versetzt wurde. Das Werk ge-
winnt dadurch in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht eine
erhöhte Bedeutung. Zusammen mit dem fast gleichzeitigen
Augustinus in Ognissanti stellt es den Übergang von den
Frühwerken zu den Fresken in der Sixtinischen Kapelle
dar, die im Jahr 1481 begonnen wurden.

Dr. Giacomo de Nicola sprach über zwei bisher
wenig beachtete Terrakottareliefs im Bargello, die ein »Noli
me tangere« und den hl. Augustinus in Halbfigur inner-
halb einer Lünette darstellen. Er,wies überzeugend nach,
daß diese Arbeiten mit den Reliefs eines von Vasari als
Werk des Giov. Franc. Rustici erwähnten Altars identisch
sein müssen, der sich ursprünglich in Santa Lucia in Via
di San Gallo befand. Bisher glaubte man diesen Altar in
einem dem Sansovino nahestehenden Terrakottarelief im
Collegio della Quiete wiederzuerkennen. Ein Vergleich
mit den Bronzefiguren Rusticis über dem Portal des Bap-
tisteriums zeigt aber, daß jene Reliefe zweifelsohne von
Rustici sein müssen und demnach sicher dem von Vasari
erwähnten Altar entstammen.

Dr. Odoardo Giglioli führte im Lichtbild drei von
ihm neu aufgefundene Marmorskulpturen des Quattrocento
vor: zwei Leuchterengel des Mino da Fiesole und ein
Madonnenrelief des Antonio Rossellino. Die Arbeiten
wurden von dem Vortragenden in der Kirche S. demente
a Sociana (Comune di Reggello) bei Rignano im Arnotal
für das Inventar der Soprintendenza dei Monumenti auf-
genommen und bestimmt. Keines der Werke ist doku-
mentarisch festgelegt. Der Stil der beiden Meister ist jedoch
unverkennbar. Außerdem verhilft die nahe Verwandtschaft
der Leuchterengel mit den bechertragenden Engeln am Taber-
nakel der Cappella del Miracolo in S. Ambrogio und mit
den Inschriftplattenträgern am Grabmal des Grafen Hugo
in der Badia zu Florenz zu dem annähernden Datum:
um 1481. Das Madonnenrelief zeigt noch deutlich den Einfluß
Desiderios da Settignano unddürfte daher als ein Jugend-
werk Ant. Rossellinos angesehen werden müssen, das noch
vor dem Grabmahl des Kardinals von Portugal (1461 in
Auftrag gegeben) entstand.

Dr.G. Battelli sprach über die wenig bekannte Cister-
zienserabtei Chiaravalle della Colomba bei Alseno (Prov.
di Piacenza). Diese bedeutende Klosteranlage ist schon
im Jahre 1135 gegründet worden. Die heute noch erhaltenen
Teile aber gehören der frühgotischen Zeit an. Eine große,
mit Kreuzgewölben eingedeckte dreischiffige Kirche mit
rechtwinkligem Chorabschluß ist im Wechsel von Backstein
und Haustein gebaut. Ihr ist eine in Rundbogen sich
öffnende Eingangshalle vorgelegt. An das rechte Seiten-
schiff schließt sich ein Kreuzgang, der zu den bedeutendsten

Anlagen dieser Art in Oberitalien gehört. Auch er ist mit
Kreuzgewölben eingedeckt. Nach dem Hof öffnet sich in
spitzbogigen Arkaden, die von gekuppeltem, aus dem
schönsten roten Veroneser Marmor gemeißelten Säulchen
getragen werden. Bemerkenswert ist auch die Sakristei,
die achteckigen Grundriß zeigt und erst vor kurzem von
einem klassizistischen Einbau von quadratischem Grundriß
befreit worden ist. An einigen Details von Kapitalen zeigte
der Vortragende, daß hier Bildhauer der lombardischen
Schule tätig gewesen sein müssen. Nach der Lombardei
oder nach Verona weist auch ein Fresko mit der Darstel-
lung der Keuzigung, das sich in der Sakristei befindet.
Der Vortragende schloß mit dem Wunsche, das dieses be-
deutende, heute arg vernachlässigte Denkmal bald eine
umfassende Restaurierung erfahren möchte. Er wies dabei
auf die Bemühungen hin, die der derzeitige Pfarrer der
Kirche Don Gugliemo Bertuzzi nach Kiäften dem ihm unter-
stellten Gebäude angedeihen läßt.

Dr. Biehl führte im Lichtbild eine Marmorstatue des
hl. Sebastian aus der Cappella del Crocifisso im Dom zu
Como vor, die von einer unbegründeten Lokaltradition dem
Donatello zugeschrieben wird, die aber wegen ihrer nahen
Beziehungen zu den Sebastiansstatuen Andrea Sansovinos
in Monte San Savino und in Berlin diesem zugeschrieben
werden darf. Die ausgeprägt antikisierende Haltung der
Statue stellt sie in Parallele zu den Figuren der Kardinals-
gräber in S. Maria del Popolo zu Rom. Für den Kopf hat
offenbar die unter den Namen des sog. »sterbenden Alex-
ander« bekannte Gigantenbüste der Uffizien als Vorbild
gedient. Da diese Büste nach Pellis überzeugender Ver-
mutung dieselbe ist, die Ulisse Aldrovandi 1550 in der
Sammlung des Kardinals Ridolfi da Carpi sah, so kann sie
von Sansovino in den ersten Jahren des römischen Aufent-
haltes sehr wohl studiert worden sein. Die Richtigkeit
dieser Datierung scheint auch eine verwandte Terrakotta-
statue des Heiligen aus der Robbiawerkstatt in S. Francesco
zu Montalcino (Gebiet von Siena) zu beweisen, die zweifel-
los unter dem Einfluß Sansovinos steht und wegen ihrer
nahen stilistischen Beziehungen zu einem auf das Jahr
1507 datierten Robbiaaltar der gleichen Kirche zu gleicher
Zeit entstanden sein muß. Das Jahr 1507 dürfte demnach
einen Terminus ante für den Sebastian von Como abgeben.

VERMISCHTES

Dresden. In der Kunsthandlung Richter hielt Dr.
Karl Adrian vier Vorträge über Dresdner Kunst (Graphik,
Landschafts- und Innenbild, Bildnismalerei, Plastik). In
freiem, warmem und lebendigem Vortrag schilderte der
Redner an der Hand einer großen sorgfältig ausgewählten
Zahl Lichtbilder die Entwicklung und den Stand der Dresdner
Kunst. Nicht nach einem von außen an die Bildwerke heran-
getragenen Maßstab aus der Kunstgeschichte, sondern aus
ihnen selbst, ihren formalen Zusammenhängen heraus
charakterisierte er das Schaffen der Künstler und ihre Be-
deutung. Er führt die von Fiedler, Wölfflin und Burger be-
gonnene Linie der Kunstbetrachtung in selbständiger und
bedeutender Weise weiter und gibt überraschende und
tiefe Einblicke in das Wesen der Kunst.

Was diese Vorträge vor anderen Kunstinterpretationen
auszeichnete, war weniger das große Materialwissen des
Vortragenden als sein instinktsicheres, schöpferisches Nach-
erleben der Kunstwerke.

Besprochen wurden u. a. der Graphiker Otto Lange,
die Maler G. Kuehl, Dorsch, Buchwald-Zinnwald, Gußmann,
Sterl, Dreher; die Plastiker: Paul Walther, Etha Richter,
Wrba, Moeller. Dr. M. St.

Inhalt: Aus den Vlünchener Museen. - Personalien. — Denkmal Ernst von Wildenbruchs in Weimar vollendet. — Verbringung belgischer Kunstwerke nach
England. — Ausstellungen in Charlottenburg, Frankfurt a. M. — Berliner Kupferstichkabinett. — Florenz, Kunsthistor. Institut. — Vermischtes.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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