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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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Berliner Ausstellungen
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Verschiedenes / Inserate
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Nekrologe — Personalien

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paar Hindenburgporträts und die üblichen Schlachten-
bilder nicht fehlen, an dieser Stelle Erwähnung ver-
dient. Die Reihe der Liebermannbilder bei Gurlitt
beginnt mit dem Jahre 1865. Sie reicht nicht bis in
die jüngste Zeit. Aber mit dem Husarenobersten, der
jetzt in der Akademie steht, vollendet sich das halbe
Jahrhundert eines Schaffens, in dem nirgends ein Nach-
lassen der schöpferischen Kraft fühlbar wird. Von
Corinths frühesten Studien aus dem Ende der sieb-
ziger Jahre bis zu dem Blumenstilleben, das jetzt frisch
aus der Werkstatt kam, führt nicht nur kein so deut-
lich vorgezeichneter Weg, man empfindet auch, als
sei eine Höhe überschritten, die im ersten Jahrzehnt
unseres Jahrhunderts erreicht war mit Werken, die
dem Namen ihres Meisters seinen Platz in der Ge-
schichte der Malerei unserer Zeit sichern werden.

Zwei andere Künstler sind in einer Ausstellung des
Königlichen Kupferstichkabinetts einander ge-
genübergestellt. Im Rahmen einer Ausstellung skandi-
navischer Graphik ragen Münch und Zorn so weit
empor, daß neben ihnen das wenige, was andere sonst
geschaffen haben, in den Hintergrund rückt. Und
wiederum verschwindet des Schweden elegante tech-
nische Routine neben der tiefen Innerlichkeit und der
meisterlichen Ausdruckskraft des Norwegers. Zorns
früheste Arbeiten stehen Herkomer bedenklich nahe,
und die glänzende und bestechende Handschrift, die
er fand, verdeckt nur ein Virtuosentum, das wiederum
an andere englische Radierer gemahnt. Man braucht
nur den eitlen Strindberg, den Zorn radierte, mit dem
geistig gesteigerten Bildnis zu vergleichen, das Münch
auf den Stein zeichnete. Beide mögen recht haben.
Aber in der Art, wie der eine und der andere den
Dichter sah, offenbart sich der ganze Gegensatz ihres
Wesens. Ein Hinweis auf die Ausstellung genügt an
dieser Stelle, da beide Künstler zur Genüge bekannt
sind. Es mag nur erwähnt werden, daß aus den
Mappen des Kupferstichkabinetts eine große Reihe der
seltenen und kostbaren Drucke Zornscher Radierungen
und eine stattliche Sammlung der in Technik und
Darstellung so erstaunlich vielseitigen Arbeiten Münchs
zur Schau gestellt sind. Auf schwedischer Seite kommt
eine kleinere Zahl von Radierungen Larssons, auf
norwegischer eine Reihe von Blättern Werenskiolds
hinzu, während Dänemark im wesentlichen nur durch
Kroyer repräsentiert wird, der als Radierer nicht eben
bedeutende Leistungen aufzuweisen hat. G.

NEKROLOGE

Der Tod Josef Kohlscheins (am 29. März) erinnert
an die ehemalige Blüte der Düsseldorfer Kupferstecher-
schule. Ihre Tradition erhält jetzt nur noch Akademie-
Professor Ernst Forberg aufrecht. Kohlschein, minder
begabt als sein Lehrer Josef von Keller, war, wie die Stang,
Dinger, Glaser, ein tüchtiger Vertreter der klassischen
Manier der Stechkunst und hat die Freude erlebt, seine
Werke dank besonders der .Fürsorge des »Kunstvereins
für die Rheinlande und Westfalen« in unzähligen deutschen
Häusern verbreitet zu sehen. Er war am 21. September 1841
in Warburg (Westfalen) geboren, besuchte von 1856 bis
1870 die Düsseldorfer Kunstakademie unter Keller und
machte Reisen nach Österreich, Frankreich und Italien.

Seine Hauptblätter sind die hl. Nacht nach Correggio, die
Hochzeit von Kana nach Veronese, die Unbefleckte Emp-
fängnis nach Murillo, ferner die hl. Cäcilia, die Vierge
au hnge und die Sixtina nach Raffael. Das letztgenannte
Blatt ist freilich weit davon entfernt, der Nachschöpfung
Kellers den Rang abzulaufen. Auch die Werke von
Düsseldorfer Künstlern hat Kohlschein nachgestochen;
auch hier bevorzugte er religiöse Motive, z. B. Ittenbachs
hl. Familie. Trotzdem ist ein sehr profanes Blatt sein aller-
volkstümlichstes geworden: der Stich nach Hasenclevers
unverwüstlicher »Weinprobe«. — Zwei Söhne Kohlscheins,
beide in Düsseldorf lebend, sind Künstler geworden: Hans
malt Historien und versucht sich im Fresko, Josef ist ein
begabter Schilderer der niederrheinischen Landschaft, c.

Der Archäologe Dr. Sebastian Wenz, wissenschaft-
licher Hilfsarbeiter am Provinzialmuseum in Trier, ist am
21. März infolge der Verwundung, die er im Kriege er-
halten hat, gestorben.

In Wien starb der Bildhauer Ferdinand Schmutzer,
Vater des gleichnamigen bekannten Radierers. Beide sind
Nachkommen des im 18. Jahrhundert tätigen österreichischen
Kupferstechers Jakob Mathias Schmutzer.

PERSONALIEN

Zum provisorischen Leiter der K. K. Staatsgalerie
in Wien wurde Dr. Franz Martin Haberditzl ernannt,
der für die einjährige Dauer des Provisoriums die Leitung
der Kupferstichsammlung der K. K. Hofbibliothek weiter-
führen wird. Der noch jugendliche Gelehrte hatte diese
Stelle inne, seit Dr. Dörnhöffer im Jahre 1909 die Direktion
der modernen Galerie übernommen hatte. Die Tätigkeit
Haberditzls an dieser Anstalt kann in jeder Hinsicht als
eine sehr ersprießliche bezeichnet werden. Seine Neu-
erwerbungen, die teils aus dem dazu bestimmten Fonds,
teils durch Schenkungen gedeckt wurden, erwiesen sich
als durchweg der alten Bestände würdig. Auf den großen
graphischen Auktionen, namentlich bei Gutekunst in Stutt-
gart und Boerner in Leipzig konnten wichtige Vergröße-
rungen und Verbesserungen der Oeuvres der alten Meister,
vor allem der Primitiven des 15. Jahrhunderts, wie Dürers
und seines weiteren Kreises, vorgenommen werden. Zu
erwähnen ist hier in erster Linie die überaus seltene erste
Ausgabe der Ehrenpforte, die von einem vortrefflichen
gleichzeitigen Künstler koloriert ist. Von Burgkmair wurde
der große Entwurf für das Reiterbildnis Kaiser Maximilians
erworben. Auch die reichhaltige Sammlung architekto-
nischer Zeichnungen konnte durch eine größere Anzahl
von Blättern, meist von Italienern und Österreichern des

18. Jahrhunderts, bereichert werden. Bei der modernen
Graphik wurde das Hauptgewicht natürlich auf die Öster-
reicher gelegt, aber auch von Franzosen konnte eine Reihe
von vorzüglichen Drucken der führenden Meister des

19. Jahrhunderts erworben werden. Ebensowenig wurde
die Schwarzweißkunst von Deutschland und England und
der japanische Farbholzschnitt gänzlich vernachlässigt. Es
wurde ferner ein eigener Restaurierraum errichtet und eine
geschulte Kraft mit dieser heiklen Aufgabe betraut. Mit
den meisten alten Kabinetten hat auch die Sammlung der
Hofbibliothek den Nachteil gemein, daß ihre Bestände in
Klebebänden, die den wertvollen Schätzen nicht genügen-
den Schutz vor Beschädigung verleihen, untergebracht sind.
Es wurde nun mit diesem Prinzip gebrochen und nicht
nur die Erwerbungen moderner Graphik auf Kartons einzeln
aufgezogen, sondern auch das gesamte graphische Werk
Dürers in dieser moderneren Art der Aufbewahrung um-
montiert.
 
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