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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0213

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407

Vereine — Vermischtes

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diesmal außer dem künstlerischen Wert auch die Rücksicht
auf den in der Akademie vorhandenen Raum sein. Auf
der Ausstellung wird der Julius Helfftsche Preis von
4200 Mark für einen deutschen Landschaftler verteilt werden,
voraussichtlich stiftet auch die Stadt Berlin wieder Geld-
preise oder kauft Kunstwerke an.

Bismarck-Gedächtnis-Ausstellung. Der Bismarck-
monat hat der Bismarckstadt auch eine Bismarckausstellung
gebracht, zu deren Unterbringung das Hamburger Kunst-
und Gewerbe-Museum einige Säle hergeliehen hat. Sie
enthält Familiendokumente, photographische Abbildungen
wichtiger Erinnerungsstätten, Handschriften, Bücher, eine
Uniform der Halberstädter Kürassiere, wie sie der Fürst
im Felde getragen, und einen fast landpastorlichen Anzug,
in dem er sich in seinem Friedrichsruher Heim am lieb-
sten bewegte, endlich die beiden Pistolen, die er den
Mordbuben Kulmann und Blind nach ihren mißglückten
Anschlägen auf ihn aus der Hand gerungen hat. Auch
der Kunst ist einiger Raum zugewiesen, doch sind hier
die Grenzen nicht allzu weit gezogen.

Bismarck hat einmal zu einem seiner Porträtisten sich
bedauernd darüber ausgesprochen, daß seine Zeit es ihm
nicht gestattet habe, sich mit den Künsten solcherart^zu
beschäftigen, wie er es gerne gemocht hätte. Man hat
dem auf unserer Ausstellung Gebotenen gegenüber das
Empfinden, als ob die Kunst das gemerkt und auch ihrer-
seits es unterlassen habe, die Wege des großen Kanzlers
allzu oft zu kreuzen. Einige Ölbildnisse und Kohlezeich-
nungen von Lenbachs Hand, ein figurenreiches, kleines
Genre »Bismarck als Gast im Hause des Bürgermeisters
Mönckeberg« von Gottfried Hof er, das den Fürsten im
Mittelpunkte zeigt einer angeregten abendlichen Unter-
haltung, und ein landschaftliches Genre von Gustav Marx,
das das patriarchalische Verhältnis widerspiegelt, in dem
der Fürst als Gutsherr zu seinen Dienstleuten gestanden,
macht die Summe aus der malerischen Darbietungen.
Hierzu kommen einige mit Porträt-Medaillen und -Plaketten
gefüllte Vitrinen, unter denen eine große Profilmedaille
von A. von Hildebrand auf einsamer, wahrhaft künstlerischer
Höhe steht, und die bekannten Allersschen Zeichnungen
aus Friedrichsruh, deren Wiedererscheinen das gleich bei
ihrem ersten Hervortreten geweckte Bedauern über das
Haftenbleiben ihres Schöpfers an der Oberfläche der Er-
scheinungen nur wieder verstärkt hervortreten läßt. Die
in Postkartenformat zusammengestellten photographischen
Abbildungen der Bismarckdenkmäler in deutschen Landen,
die einige dickleibige Bände füllen, und eine in Ton ge-
arbeitete Modellskizze des für die Bingener Elisenhöhe
geplanten Nationaldenkmals zeigen jedenfalls, um wieviel
intensiver die bildende Kunst sich mit dem toten Kanzler
beschäftigte, als sie es mit dem lebenden getan.

Was man vor allem vermißt und wofür die bekannten
Wernerschen Historien aus den Jahren 1870—71 (die hier in
photographischen Nachdrucken mit ausgestellt sind) keinen
ausreichenden Ersatz abgeben, das sind künstlerische Hin-
leitungen zu jenen großen Lebenstaten, in denen der
Altreichskanzler den Schmiedehammer zur Herstellung
jenes Eisenringes geschwungen, der seine völkerverbindende,
unüberwindliche Kraft gerade in unseren Tagen so herr-
lich erprobt. Hier liegt ein Schuldkonto offen, auf dessen
Begleichung nach Wiederkehr des Friedens uns die^deutsche
Künstlerschaft hoffentlich nicht allzu lange wird warten
lassen. In negativer Weise zu dem Lebenswerke des
großen Reichseinigers hin leitet eine kleine Auslese von
englischen und französischen Karikaturen, unter denen
einige durch die jetzigen Ereignisse ein geradezu seherisches
Relief erhalten. So zeigt ein Blatt den Geist Bismarcks drohend
gegen die aus dem Dunkel aufragenden Kreidefelsen Eng-

lands heranschweben, ein anderes zeigt zwei mit den
Köpfen Bismarcks und Faures gezeichnete, friedlich neben-
einandergelagerte Wachthunde, die ein megärenhaftes Weib
— England — vom gesicherten Hintergrunde aus mit
dem verhetzenden Zuruf »kß! kß!« gegeneinander zu
bringen sucht. Schade, daß dieses Blatt, das in den
achtziger Jahren im Pariser »Don Quichote« erschienen
ist, nicht an der französischen Front des Herrn Joffre
herumgereicht werden kann. Im großen und ganzen ist
jedoch der an diese Karikaturen gewandte Witz nicht allzu
weit her geholt. In ihrer Mehrheit sieht man, wie die
Rücksicht auf die Neigungen ihrer Auf traggeber den Zeichnern
die Griffel geführt hat. Satire als Geschäft ist aber immer
eine üble Sache. Vorab wenn es sich um politische Satire
handelt.___H. E. Wallsee.

VEREINE

© In der Aprilsitzung der Berliner Kunstgeschicht-
lichen Gesellschaft hielt Herr Fischel einen Vortrag über
bildende Kunst und Bühne. Einleitend gab er ausführliche
Hinweise auf die vielfachen Beziehungen, die seit dem
frühen Mittelalter zwischen dem geistlichen und weltlichen
Schauspiel und der künstlerischen Darstellung bestanden
haben. Er erwähnte zahlreiche berühmte Maler, Bildhauer
und Architekten, die mit der Bühne in naher Beziehung
standen und für das Theater gearbeitet haben, wie anderer-
seits diese Beschäftigung sich auch in ihren Werken spiegelt.
An Mantegnas Tätigkeit am Hof der Gonzaga, an den
Modeneser Bildhauer Guido Mazzoni, der als Regisseur
auftrat und farbige Wachsmasken fertigte, an Bramantes
Bühnenarchitekturen und den von ihnen abzuleitenden Chor
von S. Satiro mit der täuschenden Perspektive wurde er-
innert und Wustmanns Hinweis auf Rembrandts Beziehungen
zur Amsterdamer Schouburgh aufgenommen. Der Grund-
riß der Mysterienbühne in Luzern und die Aufnahme des
Bühnenplatzes in Valenciennes geben eine Anschauung der
Anordnung einer Reihe kleiner Behausungen, die dem Gange
der Handlung folgend nacheinander ins Spiel kamen. Die
ganze Kunst des 15. Jahrhunderts ist erfüllt von Erinne-
rungen an diese Form der Vorführung. Am unmittelbarsten
schloß sich Fouquet in einer Miniatur mit dem Martyrium
der heiligen Apollina an die Bühnendarstellung an. Hier
ist der Schauplatz mit allen seinen Requisiten deutlich er-
kennbar. An einem besonderen Beispiel verfolgte der Vor-
tragende alsdann die Tätigkeit des Brunellesco für das Fest
der Verkündigung in Florenz. Einen ausführlichen Bericht
darüber gibt ein russischer Bischof, der 1438—39 in Florenz
weilte. Der Text des Schauspiels ist ebenfalls erhalten.
Eine dritte Nachricht findet sich bei Vasari, der im Leben
des Brunellesco die Maschinerie für die Annunziata in ge-
nauer Ubereinstimmung mit der Darstellung des russischen
Zuschauers beschreibt. Und endlich ist die merkwürdige
Kuppel, die Michelozzo an S. Eustorgio in Mailand erbaute,
offenbar das architektonische Abbild von Brunellescos Fest-
spieldekoration. Schließlich wurde an einer langen Reihe
von Beispielen gezeigt, wie aus der antiken Imperatoren-
statue in der Renaissancezeit das Kostüm des typischen
Bühnenhelden hervorgeht, das trotz der vielfältigen Mode-
wandlungen, denen es im einzelnen unterworfen war, bis
an die Schwelle des neunzehnten Jahrhunderts auf dem
Theater und auch in der Kunst maßgebend bleibt und noch
in unserer Zeit seine Wirkung übt.

VERMISCHTES
Burg Kreutzenstein bei Korneuburg, in der Nähe
von Wien, das berühmte Schloß des Grafen Wilczek mit
seinen herrlichen Sammlungen, ist von einem schweren
Schadenfeuer ergriffen worden, dem kostbare Bestände,
besonders Kupferstiche zum Opfer gefallen sind.

Inhalt: Das Marktbild von Ypern. Von Max Eisler. — Dr. Heinrich Kohl t; Dr. Eduard Brenner f i Karl Bitter f. — Personalien. — Wettbewerb um eine
Brunnenkolonnade in Franzensbad. — Aufträge für kirchliche Kunst als Notstandsarbeiten. — Robert-Koch-Denkmal in Berlin. — Krieg und
Kunst. — Ausstellungen in München, Berlin; Bismarck-Gedächtnis-Ausstellung. — Berliner Kunstgeschichtliche Oesellschaft. — Vermischtes.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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