Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 26.1915

DOI Artikel:
Haendcke, Berthold: Das jüngste Gericht an der Hauptpforte der Kathedrale zu Ferrara und seine Beziehungen zu Frankreich
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6190#0239

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
459

Nekrologe — Personalien — Ausstellungen

460

il nostro pensiero, forse etrascorrendo nel tempo, corre
al richiamo delle scolture di Jacopo della Quercia in
San Petronio a Bologna«. Daß Nicolo in Verbindung
mit einem solchen Werke genannt werden kann, hat,
sobald die rein künstlerische Seite in Frage kommt,
nur in der starken Überschätzung dieses, den zeit-
genössischen Künstlern im Norden gegenüber recht
mittelmäßigen Bildhauers ihre Begründung. Es sollten
hier in der Tat einmal die historisch interessanten
und die künstlerischen Teile recht säuberlich getrennt
werden. Der Hinweis auf Jac. d. Quercia ist nicht
ohne Wert. Agnelli kann namentlich für den Pro-
pheten in den Archivolten eine gewisse Ähnlichkeit
in der Auffassung geltend machen. Haar, Bart und
Qewandbehandlung läßt an verwandte Figuren in
Bologna denken. Da Quercias Stil besonders in Bo-
logna an französische bez. französisch-niederländische
Arbeiten die Erinnerung wachruft, so ist das Tympanon
in' Ferrara in doppeltem Hinblick an Frankreich ge-
fesselt. Der Künstler hat ohne Zweifel die Portale
französischer Kathedralen irgendwie kennen gelernt
und meiner Ansicht nach am meisten von denen in
Amiens und Reims (Chartres, die Mandorla) und
St. Omer genommen. Man spürt unmittelbar zweierlei
Kunstauffassung, die gebundenere, ältere, in Christus
und Begleiter, in den Streifen mit dem Jüngsten Ge-
richt, und eine jüngere, dem Verfertiger gleichzeitige
in den Archivoltenfiguren wie in Einzelheiten der
Gewand- und Haarbehandlung, in den Bewegungen
überall. Der Bildhauer hat ohne jedes feinere Ver-
ständnis für Raumbehandlung die fünf Figuren in
das Dreieck hineingestellt; gerade darin empfindet
man am schärfsten den aus Studien oder »Muster-
büchern« (?) zusammensetzenden Künstler. Neu ist
das aufgeschlagene Buch und die Bewegung der
rechten Hand, den französischen Portalen gegenüber.
Hier kommt der Bildner italienischen Motiven näher;
ebenso vielleicht in der Mandorla, welche den vor-
geschrittenen Arbeiten in Frankreich, Paris, Reims usw.,
bereits fehlt. Das Motiv der Handauf Weisung ist inFrank-
reich allerdings ähnlich dargestellt; dürfte aber zunächst
dem Meister von Ferrara zugewiesen werden müssen.

Das ganze Werk ist in seiner Komposition wie
auch in seiner Einzelbehandlung ein wertvoller Hin-
weis auf die im späten 14. Jahrhundert engen Be-
ziehungen der vom Norden ununterbrochen intensiv
beeinflußten italienischen Bildhauerei. Insbesondere
darf in diesem Falle noch auf die Reliefbehandlung
mit der Bevorzugung der Vorderansicht hingedeutet
werden. Nebenbei bemerkt möchte ich auch auf die
sehr erkennbaren Beziehungen zur nordischen Plastik
in der Madonna des Cristoforo da Firenze (1427)
hinweisen. Ich denke z. B. an die Madonnen in Ulm
und Augsburg (Südportal), ohne gewisse Unterschiede
zu verkennen. Ich will nur die noch immer wirk-
samen nordischen Einflüsse hervorheben, die in Italien
zugunsten der Antike gar zu oft übersehen werden.
Auch hier möchte ich betonen, daß ich eine irgendwie
nennenswerte Einwirkung der italienischen Trecento-
kunst auf die nordische nicht anerkennen kann.

Sommer 1914.

NEKROLOGE
Alfred v. Wurrbach ist neunundsechzigjährig in Wien
gestorben. Sein Name wird dauernd verknüpft bleiben mit
niederländischer Kunstforschung, um die er sich durch eine
Übersetzung von Houbrakens »Schauburg« wie durch sein
dreibändiges »Niederländisches Künstlerlexikon«, das in
den Jahren 1904—1911 erschien, verdient gemacht hat. Wer
in diesem »Lexikon« eine bloße sachliche Aufreihung von
Daten vermutet, wird sich bald enttäuscht finden durch
den humorvollen und oft recht saftig derben Ton, mit dem
der Verfasser seine wissenschaftlichen Widersacher traktiert.
Dabei verdankt ihm selbst mehr als eine wenig glückliche
Hypothese ihre Entstehung. Aber das Verdienst des Buches
kann weder durch seinen Ton noch durch seine Fehler
gemindert werden, und es wird auch über die Vollendung
von Thiemes Werk hinaus seinen Wert behalten, um so
mehr, als Wurzbach versuchte, für jeden Künstler eine Liste
seiner Werke aufzustellen. Das Unterfangen überstieg
nach unseren heutigen Begriffen die Kräfte eines Einzelnen.
Vielleicht wird es auch für lange Zeit das letzte seiner
Art bleiben. Die Zusammenarbeit vieler Spezialkräfte trat
wie auf allen Gebieten, so auch auf dem der Kunst-
geschichte an die Stelle weitschauender Oesamtübersichten,
deren Wert immer in der einheitlichen, persönlichen Durch-
dringung eines Stoffgebietes bestehen wird.

Am 28. Mai fiel bei den Kämpfen im Westen der viel-
versprechende Düsseldorfer Maler Sebald Wirz, Leutnant
in einem bayrischen Reserve-Infanterie-Regiment und In-
haber des Eisernen Kreuzes. Der junge Künstler (geb. in
Düsseldorf am 20. Mai 1887) war bei Ausbruch des Krieges
einer der tüchtigsten Schüler der Meisterklasse des Akademie-
professors Adolf Münzer. Auf einer Ausstellung in der
Düsseldorfer Kunsthalle im Juli 1914 fand ein schwungvoll
komponiertes Gemälde, das eine nackte Frauenfigur in einem
großen Segelboote darstellte, viel Beachtung.

PERSONALIEN
Joseph Neuwirth hat am 5. Juni das 60. Lebensjahr
vollendet. Sein Name ist in der Kunstforschung bekannt
genug. Insbesondere um die Kunstgeschichte Böhmens
hat er sich große Verdienste erworben. Während der Zeit
seiner Tätigkeit in Prag, wo er seit 1885 Privatdozent, seit
1894 außerordentlicher, seit 1897 ordentlicher Professor der
Kunstgeschichte war, widmete er sich der Erforschung
böhmischer Malerei. Dürers Rosenkranzfest im Kloster
Strahow machte er zum Gegenstand einer eigenen Ab-
handlung, eine zweite Schrift zur Dürerforschung trägt den
Titel: »Rudolf II. als Dürersammler.« Daneben galten seine
Studien in der Hauptsache der mittelalterlichen Architektur-
geschichte. Als Kenner mittelalterlicher Kunst bewährte
sich Neuwirth in der Bearbeitung des zweiten Bandes von
Anton Springers Handbuch der Kunslgeschichte. 1899 wurde
der Gelehrte an die technische Hochschule in Wien be-
rufen, wo er auch jetzt noch wirkt. Neuwirth ist Mitglied
des Kunstrates im Unterrichtsministerium und General-
konservator der Zentralkommission für Kunst und histo-
rische Denkmalspflege, außerdem Mitglied der kunsthisto-
rischen Landeskommission des Königreichs Böhmen.

AUSSTELLUNGEN

Den am 9. April verschiedenen Kupferstecher und
Radierer Ernst Forberg ehrte eine in der städtischen
Kunsthalle zu Düsseldorf veranstaltete,annähernd 100Num-
mern zählende Gedächtnisausstellung. Außer den im
Nekrolog (s. Nr. 30 der »Kunstchronik«) hervorgehobenen
Kunstblättern sei eine fast unbekannt gebliebene Folge
kleiner Künstlerbildnisse in Radierung aus dem Jahre 1878
 
Annotationen