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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Nekrologe — Persona

lien — Denkmalpflege

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NEKROLOGE

Der Bildhauer Kaspar v. Zumbusch ist 85jährig in
Wien gestorben. Er stammte aus Herzebrock in West-
falen, wo er 1830 geboren wurde. Seine künstlerische
Ausbildung empfing er in München, wo er zugleich in
Hermann Eggers seinen ersten Gönner fand, der ihm zu
einer zweijährigen Studienreise nach Italien verhalf. Nach
seiner Rückkehr entfaltete Zumbusch in München eine
umfangreiche Tätigkeit. König Ludwig [. schenkte ihm
seine Gunst und wandte ihm bald die wichtigsten Auf-
träge zu. Hier entstand vor allem das Denkmal Maxi-
milians II., das 1875 errichtet wurde. Der Künstler selbst
war bereits zwei Jahre vorher nach Wien übergesiedelt,
wo er die Professur für Bildhauerkunst an der Akademie
übernahm. Sein Beethoven-Denkmal am Schwarzenberg-
platz und das Denkmal Maria Theresias sind die bekannte-
sten Werke, die er in Wien geschaffen hat. Künstlerisch
stand Zumbusch in der Tradition der Rauchschule, der er
Zeit seines Lebens die Treue hielt. So überlebte er gleich-
sam zwei Generationen, und die Jüngeren finden zu seinem
Werke leichter den Weg als zu der neuzeitlichen Denk-
malsplastik, deren breiter Betrieb sich neben ihm ent-
faltet hatte.

Wiederum ist der Tod eines Kunstforschers auf dem
Schlachtfelde zu beklagen, wenn nicht, wie wir es ja auch
im Falle des Dr. Willrich noch immer hoffen möchten,
etwa der Vermißte doch noch wieder auftaucht. Es handelt
sich um Dr. Johannes Kramer, einen Schüler von Gold-
schmidt, der seit 1912 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter
an der Biblioteca Hertziana in Rom tätig war. Wie wir
hören, hat er sich dort mit außerordentlichem Pflichteifer
um die Katalogisierungsarbeiten dauernde Verdienste er-
worben. Bald nach Kriegsausbruch stellte er sich als
Freiwilliger und zog gegen Rußland, wo er vermutlich
Anfang August gefallen ist.

Hans Roßmann f. Der Maler Hans Roßmann ist
am 29. September in München einem langen Leiden er-
legen. Er war Professor an der Akademie für Kunst und
Kunstgewerbe in Breslau, aber dieses Leidens wegen
schon seit 1912 beurlaubt. In seiner bayrischen Heimat
— er ist am 14. Mai 1868 in Vohenstrauß geboren — wo
er Heilung von seiner Krankheit suchte, hat er die letzte
Ruhe gefunden. Ein bleibendes Denkmal hat er sich in
der nicht allzu langen Zeit seines stillen Schaffens in Breslau
gesetzt in der außerordentlich gelungenen dekorativen Aus-
malung des »Herrenstübels« der Schweidnitzer Kellerei im
altberühmten Breslauer Rathause, ein bleibenderes vielleicht
in den Herzen seiner Schüler, die ihm viel verdankten und
ihn sehr verehrten. Auch bei seinen Kollegen war er als
Künstler wie als Mensch gleich hoch geschätzt. Er war
ein Schüler der Münchener Akademie und hatte sich durch
Beiträge für die »Jugend« bekannt gemacht, als er 1902 nach
Breslau berufen wurde. Sein »Werk« ist nicht allzu um-
fangreich, denn er schuf bedächtig, mit Ernst und Liebe.
Am vollständigsten war es zusammengestellt in der ersten
Ausstellung des »Künsterbundes Schlesien« in Breslau 1909.
Es waren Gemälde, farbige Zeichnungen, Holzschnitte;
Landschaften wie Bilder aus dem Leben der Bauern und
Feldarbeiter. Das meiste, wenn nicht alles, besitzt Herr
Karl Rosner in Zeitz. Es sind treuherzige, biedere, herzens-
einfältige Bilder, fein in der Zeichnung, voll größter Sorg-
falt in der Technik, »gekläubelte« Bilder, doch groß in der
Wirkung. Roßmann gehörte zur Zunft der alten, gut
deutschen Meister. Als Sohn eines Historien- und Glas-
malers beherrschte er auch die alte gute Technik der Glas-
malerei; Entwürfe für solche sind ausgeführt im Rathause

in Löwenberg in Schlesien, das Hans Poelzig einen vor-
bildlichen Erweiterungsbau verdankt, und einige kleinere
Scheiben in Privatbesitz in Breslau. Bw.

PERSONALIEN

Melchior Lechter ist 50 Jahre alt geworden. Der
Name des Künstlers ist bekannt genug. Insbesondere wird
er im Zusammenhange mit dem Dichterkreise der Blätter
für die Kunst immer genannt werden, deren Bücher er
besorgte und schmückte. Als Maler gehört er in die Nähe
der englischen Präraffaeliten, wie ja auch der Dichter
Stefan George der Sonettenkunst des Rossetti und Brow-
ning nicht ganz fern steht. Es ist eine künstliche Pflanze,
die zumal auf deutschem Boden nicht ganz leicht gedeihen
will. Wie seine englischen Vorläufer, so hat auch Lechter
sich in der Erneuerung des Handwerks im mittelalterlichen
Sinne bemüht, am ehesten mit Glück auf dem Gebiete der
Glasmalerei. Seinen Kölner Pallenbergsaal wird man heut
nicht leicht mehr ohne ein gewisses Gruseln sehen, und
auch die Gußeisengotik seiner Buchornamente will uns
einigermaßen abgeschmackt erscheinen. Aber ein Buch wie
Maeterlincks Schatz der Armen, das Lechter für Diederichs
besorgte, hat immerhin Charakter und bewahrt seinen Wert
zum mindesten als Dokument seiner Zeit. Und mit ihm
wird Lechter seinen Platz in der Geschichte beanspruchen
dürfen.

Professor Dr. Josef von Karabacek vollendete am
22. September sein 70. Lebensjahr. Der Gelehrte, der seit
1899 als Direktor der Wiener Hofbibliothek vorsteht, stammt
aus Graz und studierte dort und in Erlangen orientalische
Sprachen. 1869 habilitierte er sich in Wien für das Fach
der arabischen Palaeographie. Wenn seiner an dieser
Stelle gedacht wird, so ist es vor allem um der reichen
Ergebnisse willen, mit denen seine Forschungen unsere
Kenntnis der mittelalterlichen Kunst bereicherten. So
deutete er die arabischen Inschriften der liturgischen Ge-
wänder in der Danziger Marienkirche und gab wertvolle
Aufschlüsse zur Geschichte der morgenländischen Textil-
kunst. Zugleich dankt die wissenschaftliche Welt Kara-
bacek als Leiter der Wiener Hofbibliothek die Zugänglich-
machung der großen Schätze, die seiner Leitung anver-
traut sind. Das Publikum wurde erst durch seine wech-
selnden Ausstellungen in Fischer von Erlachs berühmtem
Saale mit den kostbaren Handschriften und Miniaturen
vertraut, die in der Wiener Bibliothek bewahrt werden.

DENKMALPFLEGE

Die Wiederherstellungsarbeiten im Innern der
ehemaligen Papstburg in Avignon, die durch den Krieg
eine nur geringe Verzögerung erlitten hatten, sind jetzt
bis zu dem bei Beginn der Arbeiten zunächst ins Auge
gefaßten Abschluß gediehen. Während die Kommission
zur Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler in Frankreich
beschlossen hatte, vorerst die von den Päpsten bewohnt
gewesenen Gemächer in ihrem bisherigen Zustande zu
belassen, sollen die Räumlichkeiten der päpstlichen Käm-
merer genau in dem Zustande wiederhergestellt werden,
in dem sie sich im vierzehnten Jahrhundert befanden.
Dieses Werk ist jetzt, wie »Der Burgwart« schreibt, voll-
endet und der öffentlichen Besichtigung zugänglich ge-
macht worden. Wann die Arbeiten, zu deren Weiter-
führung die Kammer vor dem Kriege die erforderlichen
Mittel bewilligt hatte, wieder aufgenommen werden, wird
von der Finanzlage des Landes abhängen.
 
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