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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Daun, Berthold: Nicht Veit Stoss, sondern Meister Paul
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6189#0186

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359

Personalien — Museen — Vermischtes

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reicht sei, wegen des breit gezogenen, nach unten
spitzen Mantelstückes; in der Gewandung des Schwa-
bacher Täufers fehlen indes gerade die für Meister
Paul charakteristischen scharfkantigen und unruhigen
Falten. Dagegen finden sich diese Motive bei den
Figuren Johannis des Evangelisten im Hauptaltar zu
Leutschau und im dortigen kleinen Johannisaltar ebenso
wie bei den Radeiner Figuren wieder. Ähnlichkeit
der Berliner Halbfiguren mit den Reliefs auf den
Schwabacher Flügeln, worauf Vöge verweist, vermag
ich jedoch gar nicht zu erkennen. Gerade die wenig
durchgeistigten Züge der äußerlich realistischen Köpfe
der Berliner Johannisgestalten, die den Apostelfiguren
im Krakauer Marienaltar oder den Gestalten im Bam-
berger Altar des Veit Stoß fern genug stehen, ent-
sprechen so sehr den Figuren Meister Pauls, daß
jeder Zweifel über ihren Meister schwinden muß.

PERSONALIEN
Dresden. Der akademische Rat hat dem Ministerium
des Innern vorgeschlagen, als Nachfolger Hermann Prelis
zur Leitung des Meisterateliers für Monumentalmalerei
Ludwig von Hof mann, zur Leitung des Malsaals aber
an Stelle von Robert Sterl (der Kühls Nachfolger geworden
ist) und Oskar Zwintscher (f) Georg Lührig in Dresden
und Robert Breyer in Stuttgart zu-berufen. In Ludwig
von Hofmann (* 1861 zu Darmstadt), der einst seine erste
künstlerische Ausbildung an der Dresdner Kunstakademie
empfing, gewinnt die Dresdner Akademie einen hervor-
ragenden, allgemein anerkannten Künstler, dessen Phan-
tasiekunst in Dresden einen guten Boden finden wird.
Robert Breyer (* 1866 in Stuttgart) ist ein ausgesprochener
Farbenkünstler voll Kraft und Eigenart und wird als Leiter
des Malsaals am rechten Platze sein. Er ist Mitglied der
Münchner und der Berliner Sezession. Georg Lührig
(* 1868 in Göttingen, seit 1893 in Dresden) würde seine
großen Fähigkeiten noch besser entfalten können, wenn er
zur Leitung des Aktsaals und einer Meisterwerkstatt für
Graphik bestellt worden wäre. Aber ein solches kann jetzt
nicht neugegründet werden, und so begrüßen wir es mit
Genugtuung, daß dieser hervorragende Künstler überhaupt
endlich durch Berufung an die Königl. Kunstakademie die
ihm gebührende amtliche Anerkennung gefunden hat. Man
geht vielleicht nicht fehl mit der Annahme, daß die Be-
rufungen an die Dresdner Akademie noch nicht als ganz
abgeschlossen zu betrachten sind.

Zu Mitgliedern der Königl. Kunstakademie zu Dresden
wurden an Königs Geburtstag, 25. Mai, ernannt: der Ber-
liner Bildhauer Prof. Tuaillon und der Wiener Maler
Prof. Gustav Klimt.

MUSEEN

Ein neuer Frans Hals im Ryksmuseum in Amster-
dam. Das Ryksmuseum ist in den Besitz eines bisher
völlig unbekannten männlichen Bildnisses von Frans Hals
gekommen. Es ist ein flüssig und doch sorgfältig auf Holz
gemaltes Werkchen von schönem warmen Ton, das in
den vierziger Jahren des 17. Jahrhunderts entstanden sein
dürfte; die Abmessungen sind 37x29,8, Kopf 10%. Wie
bei so vielen Bildnissen dieses Bildnismalers par excellence
ist der Dargestellte eine unbekannte Person, ein Mann von

Inhalt: Fritz Burger f. Von A. L. M. —

im Ryksmuseum in Amsterdam. —

mittleren Jahren, Halbfigur, den Beschauer aus seinen leb-
haften Augen scharf anblickend, mit kräftiger Nase, deren
kurze Flügel die Nasenlöcher unbedeckt lassen; die etwas
vorspringende Unterlippe von frischem starken Rot — die
Oberlippe wird von einem Schnurrbart beschattet — ist ein
wenig verzogen; darunter sitzt ein kurzes Ziegenbärtchen.
Das runde Gesicht, das eine gesunde Fleischfarbe zeigt,
wird von kurzem dunkelbraunem Haar umrahmt; den Kopf
bedeckt ein kleines dunkles Käppchen. Er trägt schmalen
anliegenden Kragen; der Mantel ist nur lose umgeworfen
und von demselben Schwarz wie sein Rock; die besonders
flott gemalten Hände, über denen der schmale blendend
weiße Hemdstreifen unter dem Ärmel hervorleuchtet, hält
er vor dem Bauch zusammen. Die Figur steht vor grau-
braunem, ziemlich hellem Hintergrund; rechts etwas unter
halber Höhe befindet sich das Monogramm des Künstlers;
der Körper ist ein ganz klein wenig nach rechts gewandt;
das Gesicht ist ganz in Vorderansicht. Der Ausdruck in
dem energischen, klein scheinenden Kopf ist voller Leben;
in den Augen liegt etwas Schelmisches; man "kann sich
vorstellen, wie sich nach Beendigung der Sitzung, zu der
man sich etwas Haltung gegeben hat, das volle Gesicht
zu einem fröhlichen, jovialen Lachen verzogen haben wird.
Das Bildnis stammt aus dem Besitz eines Herrn J. B.
Luyckx in Hilversum, wo es mit einem ewigen Kalender
beklebt war. Die Rembrandtgesellschaft erwarb es für
30000 fl, ein in Anbetracht der schönen Qualitäten und
der guten Erhaltung des Werkchens nicht zu hoher
Preis. Die Münchener Pinakothek bezahlte 1906 für ihr
Porträt des Willem Croes von Frans Hals, das sie auch
aus holländischem Privatbesitz erwarb, 85000 Mark. —
Das Werk hat in einem der kleinen östlichen Kabinette
zwischen zwei Terborchs seine Aufstellung gefunden. Er-
wähnt sei, daß sich eine vorzügliche Abbildung (Kupfer-
tiefdruck, Photogravure 26x20) in Nummer 39 der von A.W .
Sythoff in Leiden herausgegebenen illustrierten Wochen-
schrift »Panorama« (Preis l1/, Cents) befindet, m. d. h.

VERMISCHTES
Notizen aus italienischen Zeitungen. Das Erd-
beben in Rimini hat an dem dortigen Palazzo Comunale
die allerschwersten Schäden angerichtet. Die nordwest-
liche Grundmauer und eine Reihe innerer Mauern sind
zerstört; ebenso ist die Colonella-Kirche teilweise ein-
gestürzt. — Der verstorbene Herbert Home hat (wie schon
in der vorigen Nummer der Kunstchronik mitgeteilt) sein
Haus mit allen seinen Kunstsammlungen dem italienischen
Staate vermacht; das Geschenk ist aber noch nicht ange-
nommen worden, weil zunächst eine Katalogisierung und
Schätzung notwendig ist, auf Grund deren die von Hörne
dem italienischen Staat zugunsten des englischen auferlegte
Erbschaftstaxe festgestellt werden muß. — Dem Maler
Carlo Moroni in Mailand wurde kürzlich ein Bild zur
Restaurierung übergeben, in dem er ein Gemälde des
Mantegna erkannte. Das Bild war vertrödelt worden und
durch mehrere Hände gegangen. Die rückläufige Nach-
forschung hat ergeben, daß es sich um ein einstmals der
Brüderschaft der Carita in der Stadl Correggio gehöriges
Gemälde handelt, das dort mit einigem alten Gerümpel
versehentlich verkauft worden ist. Der Staat hat das Bild
beschlagnahmt und läßt jetzt die Rückgabe an die ursprüng-
lichen Besitzer betreiben. Näheres über die Darstellung
und die Art dieses Mantegna wird in den Zeitungsnotizen
l nicht gesagt.

Personalien. — Ein neuer Frans Hals

Nicht Veit Stoß, sondern Meister Paul. Von Berthold Daun. —
Notizen aus italienischen Zeitungen.

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstraße IIa
Druck von Ernst Hedrich Nachf., G.m.b.H., Leipzig
 
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