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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 27.1916

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Münchner Glaspalast 1916
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXVII. Jahrgang 1915/1916 Nr. 41. 11. August 1916

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E.A.Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11 a.
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Während der Sommermonate erscheinen wie üblich »Kunstchronik Kunstmarkt in größeren Zwischen-
■= räumen; die nächste Nummer (42) wird Ende August ausgegeben werden

MÜNCHNER GLASPALAST 1916

Die diesjährige Ausstellung der Münchener Künst-
ler-Genossenschaft im Glaspalast gehört unstreitig zu
den interessantesten und wertvollsten, die die Ver-
einigung in neuerer Zeit geboten hat. Sie verdient
alle Anerkennung, nicht nur als eine höchst beachtens-
werte organisatorische Leistung in dieser Kriegszeit,
sondern sie ist auch ungemein lehrreich für die Kenntnis
des gegenwärtigen allgemeinen künstlerischen Niveaus
in München. Der Hauptnachteil der Ausstellung ist
wie immer ihr allzu großer Umfang, erklärlich aus
dem Streben, den zur Verfügung stehenden Raum
auszunutzen und gerade auch solchen Bildern Zutritt zu
gewähren, die, wenngleich von offensichtlich mäßiger
künstlerischer Qualität, eine sichere Verkaufsmöglichkeit
in sich bergen. Es wäre zweifelsohne für die Veran-
staltung künstlerisch von größtem Vorteil, wenn sie die
Zahl der ausgestellten Kunstwerke mindestens um ein
Drittel kürzen wollte. Dieses Drittel, das im Glaspalast
nur schädlich wirkt, könnte ja ruhig in den Räumen,
wo die Genossenschaft ein ständiges Ausstellungs- und
Verkaufslokal unterhält, zur Ausstellung gelangen. Das
beste freilich wäre, wenn der Staat den Glaspalast
so teilen könnte, daß bei getrennten Eingängen Ge-
nossenschaft und Sezession darin Platz fänden. Daran
scheint man aber nicht denken zu dürfen, da der
Sezession vom Staat bereits ein eigener Bauplatz zur
Verfügung gestellt wurde und auch schon detaillierte
Baupläne vorliegen. Hierüber dürfte an anderer Stelle
ausführlich zu sprechen sein. Wäre in diesem Jahr eine
solche Verteilung der Räumlichkeiten des Glaspalastes
vorgenommen worden, so hätte der Besucher noch
stärker den Eindruck empfangen, der sich aus einem
Vergleich zwischen der heurigen Sezessions-Ausstellung
und dem künstlerisch ernsthaften und wichtigen Teil
der Glaspalast-Ausstellung ergibt, nämlich, daß die
Künstlergenossenschaft in ihren besten Gruppen voll-
ständig aufgeholt hat und heute ebenso modern ist
wie die Sezession.

Was der Glaspalast-Ausstellung besonderes Interesse
verleiht, sind die Kollektiv-Ausstellungen von sieben
untereinander recht verschiedenen Künstlern. Man
fragt sich natürlich nach einem Programm, das der
Ausstellungsleitung bei der Wahl dieser Kollektionen
vorgeschwebt haben mag. Es scheint, daß man be-
sonderen Nachdruck auf das solide, technische Können
hat legen wollen, sonst vermag ich kein einigendes
Band zu erblicken. Die Ausstellung von zum Teil un-
fertig gebliebenen Werken des verstorbenen Marine-
malers Hans von Petersen war eine selbstverständliche

Ehrenpflicht der Künstler-Genossenschaft gegenüber
ihrem langjährigen verdienten Präsidenten. Eine saubere,
aber etwas starre Atelierkunst enthüllt sich in diesen
Seestücken. Sehr umfangreich geraten ist die Kollektiv-
Ausstellung von Werken des verstorbenen Richard
von Poschinger, der ein recht begabter Lier-Schüler,
aber bei all seiner Liebenswürdigkeit doch nur ein
Talent zweiten Ranges gewesen ist. Auf ähnlichem
Niveau steht die Kunst des stets auf sauberer Durch-
führung seiner Bilder bedachten Landschaftlers und
Tiermalers Otto Strützel. Poschinger und Strützel
erscheinen wohl der Ausstellungsleitung so etwas wie
das Ideal des ehrlichen, sorgsam feilenden Münchener
Künstlers, ebenso wie die Ausstellung der Kollek-
tionen Friedrich Stahl und Otto Maria Porsche be-
weist, daß in diesen Münchener Kreisen die Lenbachschen
Traditionen noch keineswegs in Vergessenheit geraten
sind, daß man noch immer im stillen für solche, im
schlechten Sinn kunsthistorisch orientierte, mit Fälscher-
künsten kokettierende Malerei schwärmt. Dabei soll
nicht geleugnet werden, daß Stahl ungleich begabter
und geschmackvoller ist, als Porsche, daß Bilder, wie
der »Hl. Sebastian« bei aller inneren Unselbständigkeit
doch eines feineren koloristischen Reizes nicht ent-
behren. Bei Porsche dagegen macht sich eine Ober-
flächlichkeit jeder Art in solchem Maß unangenehm
bemerkbar, daß man sich doch verwundert fragt, warum
ihn die Aussellungsleitung mit einer solchen Kollektiv-
schau geehrt hat. Einen ungetrübten Genuß vermittelt
dagegen die Ausstellung von 34 Werken Karl Hage-
meisters, die vor allem aus den siebziger und achtziger
Jahren stammen und in der Mehrzahl schon früher
einmal bei Heinemann zu sehen waren. Sie geben
ein gutes Bild von der Entwicklung dieser starken
in sich geschlossenen künstlerischen Persönlichkeit
und sind reich an besonders gelungenen Meister-
werken des Künstlers, von denen hier namentlich das
»Reh in der Schneelandschaft«; und die große »Welle«
(»Von der Ostsee«) hervorgehoben seien.

Das gleiche wie von Hagemeister gilt von Josef
Wenglein. Die nahezu zwei Dutzend ausgestellten
Bilder aus der früheren Zeit des Künstlers offenbaren
in überraschender Weise, daß dieser Lier-Schüler eine
Zeitlang so etwas wie ein Münchener Hagemeister
gewesen ist. Nach etwas weichlichen Anfängen zeigt
er sich 1871 ganz im Banne Liers, erinnert in den
nächsten Jahren in seinen groß gesehenen Hügelland-
schaften mit den olivgraugrünen Tönen etwas an
Daubigny und Burnitz und kommt in der zweiten
Hälfte der siebziger Jahre zu einer auf kraftvoller
 
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