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Nekrologe — Denkmäler
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keit der Auffassung wohltuend wirken. Am glück-
lichsten scheinen mir diese guten Eigenschaften in dem
»Porträt des Schwiegervaters des Künstlers« (Nr. 272)
vereinigt zu sein, dessen Noblesse durch die altvate-
rische Glätte der Malweise keineswegs Schaden er-
leidet. Auch in den großen Genrebildern, den »Neujahrs-
gratulanten« (Nr. 267) oder der »Börse in der Grün-
angergasse« (Nr. 286), in denen sich für den heutigen
Geschmack das Anekdotische etwa zu selbstgefällig in
den Vordergrund drängt, schlägt der malerische Sinn
an mancher Stelle rein und stark durch, die eines Dan-
hauser nicht unwürdig wäre; den Rest des Reizes bieten
die alten trauten Bauten und Sitten, denn wer ver-
möchte diesen geschweiften Zylindern und breiten Hals-
binden, diesen Korkzieherlocken und türkischen Shawls
zu widerstehen? HANS TIETZE.
NEKROLOGE
Fritz Boehle t- Am 20. Oktober verschied, der Mit-
welt ganz unerwartet, der Frankfurter Maler Fritz Boehle,
erst 43 Jahre alt. Nicht nur der gleiche frühe Tod auf
der Mittagshöhe des Lebens gemahnt an den jäh hinge-
rafften Otto Oreiner: auch die eigentümliche Stellung und
die Art der Schätzung, die beide Künstler, jeder auf seine
Art und jeder in ganz anderer Weise, genossen haben,
haben etwas Gemeinsames. Auch Boehle erfaßte seine
Aufgaben mit bewundernswertem, durch keine Rücksicht
geblendetem Ernst; mit einer Hartnäckigkeit, die staunens-
wert war und ihm die unendliche Bewunderung einer
kleinen Gemeinde und die kritisch abwägende Schätzung
der weiteren Kunst weit eingetragen hat.
Stark unterschieden waren allerdings Greiner und
Boehle in ihrer persönlichen Umgänglichkeit: Greiner be-
haglich und gemütlich, Boehle von geradezu berüchtigter
Menschenscheu und Abgeschlossenheit. So sah man auch
selten und spärlich Gemälde von Boehle auf Ausstellungen,
bis im Jahre 1908 im Städelschen Institut auf einmal 25
Bilder von ihm gezeigt wurden, die meist erst 1906 und 1907
entstanden waren und als eine geschlossene Boehle-
Sammlung für die neugegründete städtische Frankfurter
Galerie um eine beträchtliche Summe erworben wurden.
Die Bilder machten damals einen sehr starken Eindruck;
man kann aber nicht sagen, daß beim öfteren Wiedersehen
sich dieser Eindruck vertieft hätte. Das altertümelnde, aus
zweiter Hand empfangene, das Boehles Gemälde an sich
haben, macht sich doch mit der Zeit störend bemerkbar,
Seine großen eigenen Gaben und seine bedeutenden Fähig-
keiten sollen darüber aber nicht vergessen werden. Man hat
manchmal bei diesen allegorischen Bildern (Die Lebensalter,
Adam und Eva, Christus am Kreuz, St. Georg, Die Entführung
der Europa usw.) das Gefühl, als wenn hier eine Mitte
zwischen Marees und Thoma gesucht wäre. Dennoch:
Boehle war ein Künstler von vielen Graden und bedeu-
tenden Fähigkeiten. Eines seiner besten Bilder ist jeden-
falls sein Selbstporträt in' der Karlsruher Kunsthalle. —
Auch als Plastiker hat sich Boehle versucht durch den Ent-
wurf zu einem Reiterdenkmal für Karl den Großen und
durch einen sehr eindrucksvollen Stierbändiger.
Am stärksten aber ist er in seinen Radierungen, die
das Leben der Landleute seiner engeren Heimat und der
Mainschiffer in derber, kraftvoller, mit viel Gefühl f ürdie Linie
und das Dekorative vorgetragener Gestaltung widerspiegeln.
Geboren war Fritz Boehle am 7. Februar 1873 zu Emmen-
dingen in Baden; seine künstlerische Ausbildung hat er
1886 bis 92 als Schüler des Städelschen Instituts genossen;
dann hat er später noch in München bei Diez gearbeitet
und war seit 1897 dauernd in Frankfurt ansässig. Sein
früher Tod ist tief zu beklagen.
Am 20. September fiel vor Verdun, erst 24 Jahre alt,
ein junger rheinischer Maler, Ewald Malzburg (geb. am
20. September 1892 in Neuss). Auf den Kunsigewerbe-
schulen von Düsseldorf und Essen, wo ihn Direktor Alfred
Fischer in jeder Weise förderte, hat Malzburg durch ein
prächtiges Talent ganz besondere Hoffnungen erweckt, denen
nun die Erfüllung versagt bleibt. Wie Macke und Issel-
mann, die ihm im Tode vorausgingen, gehörte dieser junge
Neusser zu den rheinischen Künstlern, die abseits von der
Düsseldorfer Tradition ihren eigenen Weg gingen.
Hermann Lang f. Am 12. Oktober wurde in Mün-
chen der Bildhauer Hermann Lang begraben, der sich be-
sonders auf dem Gebiet der religiösen Plastik wie durch
seine Kinderbüsten einen Namen von bestem Klang ge-
schaffen hatte. Er stammte aus Württemberg, war in
Heidenheim 1856 geboren und studierte an der Stuttgarter
Kunstgewerbeschule. 1892 ging er nach München und
wurde dort besonders von Hildebrand lebhaft angeregt.
Von seinen Arbeiten seien besonders das kraftvolle Hoch-
relief »Christus und Thomas« an der Schwabinger Erlöser-
kirche, das Kreuz in der neuen Markuskirche zu Stuttgart,
die beiden großen Juristenfiguren am neuen Justizpalast in
Nürnberg und die Grabdenkmäler von Martin Greif und
Karl Haider genannt. a. l. m.
Frankfurt a. M. Am 18. Mai d. J. starb hier im Alter
von 66 Jahren der Kgl. Baurat Ludwig Neher, der in
Stuttgart am 9 Juli 1850 als Sohn des bekannten Historien-
malers Bernhard von Neher geboren war. Er studierte
1869—1873 am Polytechnikum seiner Vaterstadt unter Leins
und Gnauth und kam 1873 nach Frankfurt zu Paul Wallot.
Im selben Jahre noch trat er in das Architekturbüro von
Mylius & Bluntschli ein, leitete in dessen Auftrag von
1876—1879 umfangreiche Bauten in Turin und ließ sich
1881 dauernd in Frankfurt nieder. Hier schuf er eine Reihe
von Villen, aber auch Geschäftshäuser und Fabriken, wie
die Chemische Fabrik Griesheim-Elektron. Am bekannte-
sten ist er geworden durch den zusammen mit F. v. Hoven
ausgeführten Rathausneubau, sowie durch die Monumental-
bauten des Senckenberg-Museums und der Akademie für
Sozial- und Handelswissenschaften (jetzt Universität) in
Frankfurt — Bauten, die durch ihre Verbindung von
Protzigkeit und Kleinlichkeit ein nicht unbezeichnender
Ausdruck einer Epoche waren.
DENKMÄLER
Ein Riesendenkmal für unsere Krieger. »Über die
geplante Errichtung eines monumentalen Denkmals zur
bleibenden Erinnerung an den Weltkrieg werden nunmehr
der Öffentlichkeit zum ersten Male Einzelheiten unterbreitet,
nachdem die Anregung hierzu in aller Stille einen eifrig
tätigen Freundeskreis gefunden hat, der den Beginn der
für das gewaltige Bauwerk nötigen Vorarbeiten bald nach
Friedensschluß erwarten läßt. Dem Breslauer General-
Anzeiger zufolge soll das riesenhafte Denkmal, als ein
Seitenstück zum Leipziger Völkerschlachtdenkmal gedacht,
im Herzen Schlesiens an althistorischer Stelle zur Ausführung
kommen, auf der Kuppe des zum Zobtengebirge gehörenden
Engelberges, an dessen Fuße sich 1813 die Bildung des
Lützowschen Freikorps vollzog. Nach den vom Architekten
Max Heinrich in Berlin gefertigten Entwurf ist gedacht, den
Engelberg in einem Viertel seines Bestandes in terrassen-
förmigen Gliederungen auszubrechen, und über der dann
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keit der Auffassung wohltuend wirken. Am glück-
lichsten scheinen mir diese guten Eigenschaften in dem
»Porträt des Schwiegervaters des Künstlers« (Nr. 272)
vereinigt zu sein, dessen Noblesse durch die altvate-
rische Glätte der Malweise keineswegs Schaden er-
leidet. Auch in den großen Genrebildern, den »Neujahrs-
gratulanten« (Nr. 267) oder der »Börse in der Grün-
angergasse« (Nr. 286), in denen sich für den heutigen
Geschmack das Anekdotische etwa zu selbstgefällig in
den Vordergrund drängt, schlägt der malerische Sinn
an mancher Stelle rein und stark durch, die eines Dan-
hauser nicht unwürdig wäre; den Rest des Reizes bieten
die alten trauten Bauten und Sitten, denn wer ver-
möchte diesen geschweiften Zylindern und breiten Hals-
binden, diesen Korkzieherlocken und türkischen Shawls
zu widerstehen? HANS TIETZE.
NEKROLOGE
Fritz Boehle t- Am 20. Oktober verschied, der Mit-
welt ganz unerwartet, der Frankfurter Maler Fritz Boehle,
erst 43 Jahre alt. Nicht nur der gleiche frühe Tod auf
der Mittagshöhe des Lebens gemahnt an den jäh hinge-
rafften Otto Oreiner: auch die eigentümliche Stellung und
die Art der Schätzung, die beide Künstler, jeder auf seine
Art und jeder in ganz anderer Weise, genossen haben,
haben etwas Gemeinsames. Auch Boehle erfaßte seine
Aufgaben mit bewundernswertem, durch keine Rücksicht
geblendetem Ernst; mit einer Hartnäckigkeit, die staunens-
wert war und ihm die unendliche Bewunderung einer
kleinen Gemeinde und die kritisch abwägende Schätzung
der weiteren Kunst weit eingetragen hat.
Stark unterschieden waren allerdings Greiner und
Boehle in ihrer persönlichen Umgänglichkeit: Greiner be-
haglich und gemütlich, Boehle von geradezu berüchtigter
Menschenscheu und Abgeschlossenheit. So sah man auch
selten und spärlich Gemälde von Boehle auf Ausstellungen,
bis im Jahre 1908 im Städelschen Institut auf einmal 25
Bilder von ihm gezeigt wurden, die meist erst 1906 und 1907
entstanden waren und als eine geschlossene Boehle-
Sammlung für die neugegründete städtische Frankfurter
Galerie um eine beträchtliche Summe erworben wurden.
Die Bilder machten damals einen sehr starken Eindruck;
man kann aber nicht sagen, daß beim öfteren Wiedersehen
sich dieser Eindruck vertieft hätte. Das altertümelnde, aus
zweiter Hand empfangene, das Boehles Gemälde an sich
haben, macht sich doch mit der Zeit störend bemerkbar,
Seine großen eigenen Gaben und seine bedeutenden Fähig-
keiten sollen darüber aber nicht vergessen werden. Man hat
manchmal bei diesen allegorischen Bildern (Die Lebensalter,
Adam und Eva, Christus am Kreuz, St. Georg, Die Entführung
der Europa usw.) das Gefühl, als wenn hier eine Mitte
zwischen Marees und Thoma gesucht wäre. Dennoch:
Boehle war ein Künstler von vielen Graden und bedeu-
tenden Fähigkeiten. Eines seiner besten Bilder ist jeden-
falls sein Selbstporträt in' der Karlsruher Kunsthalle. —
Auch als Plastiker hat sich Boehle versucht durch den Ent-
wurf zu einem Reiterdenkmal für Karl den Großen und
durch einen sehr eindrucksvollen Stierbändiger.
Am stärksten aber ist er in seinen Radierungen, die
das Leben der Landleute seiner engeren Heimat und der
Mainschiffer in derber, kraftvoller, mit viel Gefühl f ürdie Linie
und das Dekorative vorgetragener Gestaltung widerspiegeln.
Geboren war Fritz Boehle am 7. Februar 1873 zu Emmen-
dingen in Baden; seine künstlerische Ausbildung hat er
1886 bis 92 als Schüler des Städelschen Instituts genossen;
dann hat er später noch in München bei Diez gearbeitet
und war seit 1897 dauernd in Frankfurt ansässig. Sein
früher Tod ist tief zu beklagen.
Am 20. September fiel vor Verdun, erst 24 Jahre alt,
ein junger rheinischer Maler, Ewald Malzburg (geb. am
20. September 1892 in Neuss). Auf den Kunsigewerbe-
schulen von Düsseldorf und Essen, wo ihn Direktor Alfred
Fischer in jeder Weise förderte, hat Malzburg durch ein
prächtiges Talent ganz besondere Hoffnungen erweckt, denen
nun die Erfüllung versagt bleibt. Wie Macke und Issel-
mann, die ihm im Tode vorausgingen, gehörte dieser junge
Neusser zu den rheinischen Künstlern, die abseits von der
Düsseldorfer Tradition ihren eigenen Weg gingen.
Hermann Lang f. Am 12. Oktober wurde in Mün-
chen der Bildhauer Hermann Lang begraben, der sich be-
sonders auf dem Gebiet der religiösen Plastik wie durch
seine Kinderbüsten einen Namen von bestem Klang ge-
schaffen hatte. Er stammte aus Württemberg, war in
Heidenheim 1856 geboren und studierte an der Stuttgarter
Kunstgewerbeschule. 1892 ging er nach München und
wurde dort besonders von Hildebrand lebhaft angeregt.
Von seinen Arbeiten seien besonders das kraftvolle Hoch-
relief »Christus und Thomas« an der Schwabinger Erlöser-
kirche, das Kreuz in der neuen Markuskirche zu Stuttgart,
die beiden großen Juristenfiguren am neuen Justizpalast in
Nürnberg und die Grabdenkmäler von Martin Greif und
Karl Haider genannt. a. l. m.
Frankfurt a. M. Am 18. Mai d. J. starb hier im Alter
von 66 Jahren der Kgl. Baurat Ludwig Neher, der in
Stuttgart am 9 Juli 1850 als Sohn des bekannten Historien-
malers Bernhard von Neher geboren war. Er studierte
1869—1873 am Polytechnikum seiner Vaterstadt unter Leins
und Gnauth und kam 1873 nach Frankfurt zu Paul Wallot.
Im selben Jahre noch trat er in das Architekturbüro von
Mylius & Bluntschli ein, leitete in dessen Auftrag von
1876—1879 umfangreiche Bauten in Turin und ließ sich
1881 dauernd in Frankfurt nieder. Hier schuf er eine Reihe
von Villen, aber auch Geschäftshäuser und Fabriken, wie
die Chemische Fabrik Griesheim-Elektron. Am bekannte-
sten ist er geworden durch den zusammen mit F. v. Hoven
ausgeführten Rathausneubau, sowie durch die Monumental-
bauten des Senckenberg-Museums und der Akademie für
Sozial- und Handelswissenschaften (jetzt Universität) in
Frankfurt — Bauten, die durch ihre Verbindung von
Protzigkeit und Kleinlichkeit ein nicht unbezeichnender
Ausdruck einer Epoche waren.
DENKMÄLER
Ein Riesendenkmal für unsere Krieger. »Über die
geplante Errichtung eines monumentalen Denkmals zur
bleibenden Erinnerung an den Weltkrieg werden nunmehr
der Öffentlichkeit zum ersten Male Einzelheiten unterbreitet,
nachdem die Anregung hierzu in aller Stille einen eifrig
tätigen Freundeskreis gefunden hat, der den Beginn der
für das gewaltige Bauwerk nötigen Vorarbeiten bald nach
Friedensschluß erwarten läßt. Dem Breslauer General-
Anzeiger zufolge soll das riesenhafte Denkmal, als ein
Seitenstück zum Leipziger Völkerschlachtdenkmal gedacht,
im Herzen Schlesiens an althistorischer Stelle zur Ausführung
kommen, auf der Kuppe des zum Zobtengebirge gehörenden
Engelberges, an dessen Fuße sich 1813 die Bildung des
Lützowschen Freikorps vollzog. Nach den vom Architekten
Max Heinrich in Berlin gefertigten Entwurf ist gedacht, den
Engelberg in einem Viertel seines Bestandes in terrassen-
förmigen Gliederungen auszubrechen, und über der dann