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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Franz Marc
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0040

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Nekrologe — Ausstellungen

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Elemente seiner früheren, simplen Darstellungsform,
Andeutungen von Vogelköpfen und Leibern, Reste von
Pferden oder Ochsen, die wie verloren in dem Wirbel
von Formen und Farben stehen.

Im Grunde aber ward nicht viel geändert. Die
Farbe behält auch jetzt eine materielle Buntheit, die
— es sei ein scharfes Wort gestattet — an Jahrmarkt-
budeneffekte gemahnt. Auch jetzt glänzt und kreischt
die Bildfläche. Man wird einen dekorativen Geschmack
in all dem vielseitigen Auf und Ab lebhaft erregter
Formen nicht leugnen wollen. Aber das Bild bleibt
doch nur Dekoration. Die Wege zu einer neuen Mo-
numentalmalerei, die andere hier zu erblicken meinten,
vermögen wir nicht zu erkennen.

Marcs Kunst ist ein Münchner Gewächs, im Guten
wie im Bösen. Sie vermochte dem Schauenden manche
Lust zu gewähren, und wer sie auf die Dauer erträgt,
mag sich ihrer, als eines heiteren Wandschmucks, freuen.
Aber neben dem, was uns Malerei scheint, ist sie nicht
imstande, ernstlich zu bestehen. Man hänge im Geiste
einen Frans Hals und einen Cezanne, einen Poussin
und einen Liebermann, einen Rubens und einen Renoir,
ja einen Tizian und einen Münch in den gleichen
Raum, und man versuche einen Marc zu ihnen. Er
wird sie für einen Augenblick alle übertönen. Aber
wenn die Augen den ersten Eindruck verwunden haben,
wird er gleichsam in der Wand verschwinden wie ein
offenes Fenster, während seineUmgebung in dem wahren
Lichte der Kunst erstrahlt. GLASER.

NEKROLOGE
Tina Blau f. Am 31. Oktober ist die Landschafts-
malerin Tina Blau-Lang in Wien gestorben, wo sie am 15. No-
vember 1845 geboren war; sie lernte zuerst in ihrer Vaterstadt
bei August Schäffer, später 1869—73 bei W.Lindenschmit in
München. Hier hat sie dann auch noch seit ihrer Ver-
heiratung mit dem Schlachtenmaler Heinrich Lang 1883
ständig gelebt und erst 1894 ihren Wohnsitz wieder nach Wien
zurückverlegt. Um die Mitte der 70er Jahre geriet sie unter
den Einfluß von Jakob Emil Schindler, der damals den
Wiener Landschaftsmalern die Errungenschaften der Schule
von Barbizon vermittelte und eine Reihe der Begabteren
unter ihnen zu liebevollem Versenken in die intimen Reize
heimatlicher Natur anregte. Seine Anregungen hat niemand
kräftiger aufgenommen und treuer gepflegt als T. Blau, die
in den duftigen Stimmungen der Praterauen, der versonnenen
Lieblichkeit der Wiener Vorstadtgärten und Weinberge ein
unerschöpfliches Studienfeld fand. Dabei ist sie niemals in
die süßliche Sentimentalität verfallen, zu der die spezifischen
Wiener Landschafter die Schindlerschen Anregungen bald
verflacht haben, sondern erschien bis zuletzt, wenn sie unter
Kollegen ausstellte, immer herber und männlicher als diese;
die alte Dame hat — zuletzt inmitten der zunehmenden
Verweichlichung ihres Fachs fast allein — die Kraft be-
sessen, ein Stück guter bodenständiger Tradition fruchtbar
lebendig zu erhalten. Ein Hauptwerk, einen großen Prater-
frühling, besitzt das Wiener Hofmuseum; die meisten Bilder
sind in Wiener und Münchner Privatbesitz verstreut, h. t.

* Moritz Meurer In Dresden in einer Privatklinik
ist in der Nacht zum 3. November der Maler Prof. Moritz
Meurer gestorben, der von 1884 bis zum Ausbruche des
Krieges in Rom gelebt hat. Durch Erneuerung und Ver-
tiefung des Studiums der Pflanze hat er sich seiner Zeit
große Verdienste erworben. Er wurde am 9. März 1839

zu Waldenburg i. S. geboren, besuchte die Akademien zu
Dresden und München — als Schüler von Schnorr — und
wandte sich dann in Berlin dem Kunstgewerbe zu. Von
1873—83 war er Lehrer der Dekorationsmalerei an der
Schule des Kgl. Kunstgewerbemuseums zu Berlin. Damals
führte er im Kultusministerialgebäude, im Gericht zu Moabit
und in andern öffentlichen Gebäuden Berlins dekorative
Malereien aus; 1874 und 1875 bereiste er im Auftrage der
preußischen Regierung mit seinen Schülern Italien, um
dort in Kirchen und Palästen dekorative Malerei zu stu-
dieren und aufzunehmen. Im Jahre 1884 ließ er sich in
Rom nieder und unternahm von hier aus Studienreisen
nach Frankreich, Griechenland und dem Orient. Im Jahre
1891 errichtete er in Rom eine Lehrwerkstätte; das Kgl.
preußische Handelsministerium entsendete zu ihm Lehrer
an kunstgewerblichen und Baugewerkenschulen, die seine
neue Pflanzenornamentik studieren sollten. Meurer lenkte
die Aufmerksamkeit vor allem auf die Wachstums- und
Entwicklungsformen der Pflanzen und öffnete damit die
Augen für viel bis dahin unbeachtetes Schöne in der Natur.
Er erregte damit viel Aufsehen und gab mit Anlaß zum
erneuten und vertieften Studium der Pflanze; namentlich
für die plastischen Formen hat er damit fruchtbare neue
Anregungen gegeben. Niedergelegt sind seine Studien in
mehreren Werken, besonders zu nennen sind: Pflanzen-
bilder, ornamental verwertbare Naturstudien; die Ursprungs-
formen des griechischen Akanthusornaments und ihre natür-
lichen Vorbilder, vor allem der Vergleichenden Formenlehre
der Ornamentik und der Pflanze mit einem Wandtafelwerk
von 250 Tafeln. Meurer stand mit seinen Renaissance-
studien und mit der gleichzeitigen Erneuerung des Natur-
studiums auf dem Übergang vom alten zum neuen deko-
rativen Stil, ohne sich aber der Moderne zuzuwenden. In
Rom gehörte er zu den beliebtesten und angesehensten
deutschen Künstlern; er war auch eine Zeitlang erster
Vorsitzender des deutschen Kunstvereins. Er wird unver-
gessen bleiben. Eine treffliche und fabelhaft ähnliche
Lithographie von ihm hat Otto Greiner 1914 geschaffen;
sie ist dem Dezemberheft des Jahres 1914 unserer »Zeit-
schrift für bildende Kunst« beigegeben.

Henry Muhrmann f. In Meißen, wo er die letzten
sechzehn Jahre seines Lebens verbracht hat, starb am 30. Ok-
tober der Maler Henry Muhrmann. Er war 1854 zu Cin-
cinnati geboren, bereiste Frankreich, England und Deutsch-
land und lebte nacheinander in München, London und
Meißen. Die Londoner Nationalgalerie besitzt eins seiner
Bilder. Er malte u. a.: Am Münchener Bahnhof, Winter-
spielplatz in Hampstead Heath. In der Galerie Arnold zu
Dresden war von ihm ein gutes Blumenstück zu sehen.

AUSSTELLUNGEN
In der Kunsthalle zu Düsseldorf findet z. Z. die
vorher in Köln und in anderen Städten des Westens ge-
zeigte Wanderausstellung von Handzeichnungen Menzels
aus dem Besitze der Nationalgalerie statt. Daß gleichzeitig
der an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule wirkende
Lehrer für Malerei Prof. L. Heupel-Siegen ein riesengroßes
für das neue Rathaus in Siegen bestimmtes Wandbild aus
der Zeit des Großen Kurfürsten ausstellt, wirkt durch den
Vergleich weder für den Künstler noch für die Düsseldorfer
Kunstgesinnung günstig. Es ist kaum mehr zu loben, als
der auch durch zahlreiche ausgestellte Studien bewiesene
Fleiß. Von den Landschaftsmalern Eugen Kampf und Wil-
helm Fritzel sieht man zahlreiche niederrheinische und
flandrische Motive in ihrer bekannten, soliden Art. Ein jün-
gerer Künstler, Willy Kukuk, von dem auch die städtische
Galerie einige Gemälde besitzt, beweist in einer Reihe von
 
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