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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Die Münchner Kriegspinakothek
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0077

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133

Waldemar Rösler f — Nekrologe

134

höht, daß in dem sog. Rubensvorsaal die Scherwände
(die z. Z. Tschudi, ebenso wie die des Stiflersaales
aus leicht begreiflichen, hier nicht nochmals zu er-
örternden Gründen hatte einziehen lassen) entfernt
worden sind. Hier hängen neben einigen weniger
bedeutenden Rubensporträts verschiedene Arbeiten von
Rubens, die noch immer der Befreiung vor ent-
stellender alter Übermalung warten, wie die Susanna,
der Fall Sanheribs und die Bekehrung Pauli, sowie
zwei der schwächeren Medicizyklusskizzen. Im van Dyck-
saal hat vor allem das hervorragende frühe Meister-
werk Douffets »Die Aufrichtung des hl. Kreuzes durch
die Kaiserin Helena« Aufstellung gefunden, das eines
der eigenartigsten und stärksten Dokumente des Cara-
vaggio-Einflusses auf die vlämische Kunst bildet. Da-
neben zeugt der ausgezeichnet in diesen Saal passende
große Bockhorst »Dädalus und Ikarus« ebenso wie
die »Aschillesszene« im kleinen Rubenssaal den starken
Einfluß van Dycks auf diesen geschmackvollen Meister,
dessen Persönlichkeit noch immer nicht scharf um-
rissen genug uns vorgeführt worden ist. Die Streit-
frage ob der in jeder Hinsicht fesselnde »Martertod
der hl. Dympua« dem Gerard Zeegers oder einem
noch unbekannten vlämischen Meister um 1700 zu-
zuweisen ist, dürfte vielleicht jetzt eher gelöst werden.
Das gleichfalls aus Schleißheim stammende Bild »Amor
und Dido« von Lairesse zählt wohl zu den schönsten
Werken des Lütticher Meisters und gehörte eigentlich
dauernd in die Pinakothek. Überraschend gut wirken
neben der »Schlacht« von van Dyck die beiden großen
französischen Porträts von Goudreaux und Vivien. In
den vlämischen Kabinetten wird man als Ersatz für
Breughel und Brouwer (von dessen Kunst nur noch
ein Original eine Probe gibt) die hübschen Vleughel
und Kessel aus Schleißheim hinnehmen müssen. Eine
sehr starke Umänderung haben die beiden italienischen
Säle erfahren, da natürlich nicht nur alle Tizianbilder
sondern auch die Mehrzahl der Quattrocentobilder
den Weg ins Dunkel haben gehen müssen. Es ist
daher sehr verständlich, daß im hellen Quattrocento-
saal alle größeren Bilder aus "dem 15. und 17. Jahr-
hundert vereinigt wurden und der Venezianersaal vor
allem das Seicento aufnehmen mußte und einen mehr
dekorativen Charakter erhielt.

In dem Venezianersaal kommt jetzt Luca Giordano
stark zu Wort. Die Freunde der Barockmalerei werden
sich außerdem freuen, daß die lange Zeit deponierte
»Madonna« von Guercino und die »Magdalena« von
Schidone hier wieder Aufstellung gefunden haben. An
dem Platz des Kaiser Karl von Tizian hängt das noch
immer nicht genau bestimmte große Porträt des Admirals
Mocenigo, das so viele spanische Elemente aufweist,
flankiert von zwei religiösen Darstellungen Domenico
Tiepolos aus Schleißheim. Von kleineren italienischen
Bildern haben in den Kabinetten der Salvator Mundi
von Boccaccino, eine weitere lombardische Erlöser-
Halbfigur, sowie Madonnenbilder aus dem Francia-
Kreis Aufstellung gefunden, ferner Marattas Porträt
des Kardinals Rospigliosi sowie die bisher noch nie
gezeigte prachtvolle Skizze Piazettas zu einer großen
Himmelfahrt Mariä.

Im französischen Kabinett sieht man das entzückende
Porträt einer bayerischen Herzogin im weißen Domino,
eine schwarze Larve in der Linken, eine der sympa-
thischsten Schöpfungen von Demarees, die ebenso wie
die interessante, klassizistische »Szene aus dem alten
Sparta« des Genfer St. Ours aus Schleißheim stammt.
Endlich sei noch bemerkt, daß die Elsheimer in dem
spätdeutschen Kabinett durch Arbeiten von Rotten-
hammer und Heintz ersetzt sind. A. L. M.

WALDEMAR RÖSLER f

Der Krieg hat eine neue, die schwerste Lücke in
die Reihe der jungen Berliner Maler gerissen. An
einer Krankheit, die er sich im Felde zugezogen hatte,
ist Waldemar Rösler am 18. Dezember in Berlin ver-
schieden. Kaum ein Jahrzehnt freien Schaffens waren
dem reichbegabten Maler vergönnt. Noch ist in frischer
Erinnerung jene Ausstellung der Berliner Sezession,
auf der eine große, frühlingshelle Landschaft den Namen
des jugendlichen Künstlers weiteren Kreisen bekannt
machte. Von dieser Zeit an gehörte er zu den stärk-
sten und berufenen Stützen der fortschrittlichen Ver-
einigung und war einer der Führer jener Gruppe,
die im Jahre 1913 die Freie Sezession begründete.
Rösler war eine lyrisch veranlagte Natur. Er suchte
in der Landschaft die zarten Stimmungen, er ging den
spröden Reizen der Vorstadtstraßen, der kahlen Felder
und kaum belaubten Bäume im kalten Licht der Spät-
wintertage nach, und er fand hier in der Nähe von
Berlin, in einem westlichen Vorort, in dem er sich
dauernd ansässig gemacht hatte, die Motive, die seinem
Temperament am reinsten angemessen waren. Rösler
war Ostpreuße von Geburt. Er hatte bei Neide und
Dettmann in Königsberg seine Ausbildung erfahren,
und im Sommer kehrte er gern an die heimatlichen
Küsten zurück, um in dem farbigen Leuchten sonniger
Strandbilder Erholung von der ernsten Kargheit des
Lichterfelder Bodens zu finden. Was Rösler gewesen,
was die Berliner Kunst an ihm verloren, wird uns die
Gedächtnisausstellung zeigen, deren Veranstaltung eine
Ehrenpflicht seiner Freunde sein muß. Nur dem Ge-
fühl der Trauer um den Verlust eines ehrlich streben-
den Künstlers, eines aufrechten und geradsinnigen
Menschen sei heut, da die Nachricht von seinem
Tode uns erreichte, Ausdruck gegeben.

NEKROLOGE

Adolf von Donndorf ist in Stuttgart im Alter von
81 Jahren gestorben und mit ihm ist der letzte Bild-
hauer dahingegangen, der die Traditionen der Rauchschen
Schule verkörperte. Donndorf ist am 16. Februar 1835
in Weimar geboren; künstlerisch angeregt wurde er zuerst
in der väterlichen Tischlerwerkstatt und durch Zeichen-
unterricht, er wurde dann Schüler und acht Jahre lang
Mitarbeiter Ernst Rietschels in Dresden. Nach dem Tode
Rietschels vollendete er das Wormser Reformationsdenkmal
nach dessen Skizze. Die Dresdner Akademie ernannte dafür
den 29 Jahre alten zum Ehrenmitglied. Aus des Künstlers
Händen stammen eine Reihe von Standbildern und Porträts,
die sich in den verschiedensten Städten Deutschlands be-
finden. Nach Stuttgart kam Donndorf im Jahre 1876 als
 
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