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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Neuerwerbungen des Ryksmuseums in Amsterdam
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Leo von König
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0136

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Leo von König

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geliehenen Werken nimmt unstreitig neben zwei Rem-
brandtzeichnungen aus der Sammlung Six, dem Bildnis
des Dr. Ephraim Buenö und dem seine Träume er-
zählenden Joseph, ein italienisches Gemälde, eine
Madonna von dem Venezianer Bartolomeo Mon-
tagna, den ersten Platz ein. Das Werk tauchte vor
einigen Jahren auf einer Auktion bei Fred. Muller auf
(23. November 1913, Nr. 369), wo es ein Amster-
damer Sammler für 21400 Fr. erwarb. Die Madonna,
eine Halbfigur mit sanftem, ovalem Gesichtchen, das
etwas gelangweilt und verdrossen blickt, steht hinter
einer Balustrade und umfaßt mit der rechten Hand
das nackte Christuskind, das einen Vogel an der Leine
haltend, vor ihr sitzt, die Linke stützt sie auf ein
kleines Buch (64X48,5). Es ist ein Werk von einer
vornehmen kühlen Farbenharmonie von Grün und
Tiefdunkelblau, in die allein das Rot der Gewandung,
das nur an ein paar Stellen nicht von Mantel und
Schultertuch bedeckt ist, und das Rot der goldgestickten
grünen Borte des grünen Vorhangs, vor dem die
Madonna steht, eine etwas lebhaftere Note bringt. In
Crowe und Cavalcaselle wird ein Gemälde von Mon-
tagna beschrieben, das sich in der Galerie von Modena
befindet und von dem die Neuerwerbung des Ryks-
museums vielleicht eine Wiederholung ist; da eine
Photographie des Moderraer Bildes augenblicklich
nicht zu bekommen ist, muß man sich an den Text
von Crowe und Cavalcaselle halten. Darnach weicht
das Modenaer Bildnis von dem Amsterdamer besonders
dadurch ab, daß das Christuskind den Vogel nicht
an einer Leine hält; außerdem wird der gefällige Aus-
druck hervorgehoben, der dem Gesicht der Madonna
Reiz verleihe; von einem derartigen Ausdruck ist auf
dem Amsterdamer Bild nun jedenfalls nichts wahr-
zunehmen. Im übrigen könnte aber die Beschreibung
sich auch auf die Amsterdamer Madonna beziehen;
sogar die Farben, die genannt werden, sind dieselben.
Die kühle Palette weist auf die frühere Zeit Montagnas;
das Bild in Modena trägt auch die Jahreszahl 1503,
das Amsterdamer ist nicht datiert, wohl aber auf der
Balustrade voll bezeichnet. Es bedeutet eine wert-
volle Bereicherung des an fremdländischer Kunst so
armen Ryksmuseums; man hat es zusammen mit ein
paar anderen italienischen Bildern, die sonst immer
in der Masse der niederländischen Gemälde unter-
gingen, in einem kleinen Kabinett vereinigt. Hier
kommen die Italiener erst zu ihrem Recht, der feine
Cima da Conegliano mit seiner Madonna in einer
Landschaft, der feierlich-innige Zaganelli mit seiner
Grablegung, der kleine, stark raffaeleske Garofalo mit
seiner Anbetung der Könige und ein hieratisch-strenger
früher Florentiner mit einer thronenden Madonna mit
Heiligen vor Goldgrund, die Bredius mal aus Italien
mitgebracht hat.

Unter den übrigen alten Gemälden, die das Mu-
seum durch Schenkung erwarb, befindet sich noch
ein tüchtiges holländisches Porträt, das Werk eines
Unbekannten um 1620, das hauptsächlich wegen
des Dargestellten, des Gouverneurs von Amboina, für
die holländische Geschichte von Interesse ist und das
bei einer hoffentlich noch einmal erfolgenden Spaltung

des Ryksmuseums in ein historisches und ein Kunst-
Museum, dann mit so vielen anderen Werken in dieser
Ruhmeshalle zur Aufstellung gelangen wird.

Alle übrigen Erwerbungen des Museums sind
moderne Gemälde, die wohl zur Vervollständigung der
Sammlung dienen, denen aber weiter keine besondere
Bedeutung beikommt, u. a. ein Blumenstück von Mar-
guerite Vogel-Roosenboom, ein Kranz weißer
Rosen, und ein Kinderbildnis des Österreichers Jaros-
lav Czermak aus dem Jahre 1857. Erwähnung
verdient zum Schlüsse nur noch eine Probe der
allerjüngsten Kunst, ein stilisiertes Bildnis des Dichters
Albert Verwey, eine Zeichnung des seit dem Kriege
in Holland lebenden Franzosen Le Fauconnier.
Das mit feinem Verständnis für die konstruktiven
Hauptlinien des eigenartigen Kopfes gezeichnete Werk
bildet eine bemerkenswerte Ergänzung zu Arbeiten
zweier anderer »kubistischer« Maler, Bracque, von
dem die Galerie eine Landschaft mit ins Dekorative
gesteigerten, sich gleichsam aus der Erde gewaltsam
emporwindenden Bäumen, und Picasso, von dem sie
eine sehr expressive weibliche Bildnisstudie besitzt.
Es zeugt von nicht geringer Weitsichtigkeit der Mu-
seumsdirektion, daß sie für solche von aller bisheriger
Kunst so abweichenden und daher grimmig befehdeten
Versuche, in denen sich aber ein entschiedenes Streben
nach einem neuen Stil "ausdrückt, ihre Räume zur
Verfügung stellt. Von öffentlichen Kunstsammlungen
steht das Ryksmuseum in dieser Hinsicht wohl einzig,
aber vorbildlich da. M. D. H.

LEO VON KÖNIG

In dem Hauptsaal der Schulteschen Kunsthandlung
zeigt der Berliner Maler Leo von König eine statt-
liche Reihe seiner Werke, bekannte Arbeiten früherer
Jahre und eine Anzahl neuer Porträts. Man ist diesem
Künstler nicht immer gerecht geworden, weil er sich
etwas abseits hielt von dem Betriebe der Berliner
Sezession, der er ehemals als Mitglied angehört hatte,
und man begrüßt um so mehr die Gelegenheit, in
dieser Ausstellung, die einen guten Überblick über sein
Schaffen gewährt. Versäumtes nachholen zu können.

Nicht als ob es sich darum handelte, ein verkanntes
Genie nachträglich zu entdecken. Aber es darf auf
einen tüchtigen und geschmackvollen Arbeiter hin-
gewiesen werden, der berufen erscheint, einen sicheren
Platz in dem heutigen Kunstschaffen auszufüllen. Man
hört so oft die Klage, es fehle an einem begabten
Porträtmaler, zumal an einem Maler, der imstande sei,
der Erscheinung einer schönen und eleganten Dame
gerecht zu werden. König besitzt diese Gabe. Er
hat mit ehrlichem Bemühen einen Stil entwickelt, der
ihn befähigt, auf künstlerisch saubere Art ein anmutiges
Bild zu schaffen. Dabei erliegt er nicht einer formel-
haften Geschicklichkeit, sondern man spürt in jeder
seiner Arbeiten das Interesse des Malers und das
Suchen nach einem angemessenen Ausdruck. Unter-
stützt wird König durch eine ungewöhnliche Begabung
für die spezielle Aufgabe des Porträts, für das sichere
Treffen einer individuellen Form und durch eine
 
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