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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Cohen, Walter: Rheinischer Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0171

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXVIII. Jahrgang 1916/1917 Nr. 31. 4. Mai 1917

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am 1-reitage jeder Woche (im Juli und Augusi nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung-, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu lichten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer*

RHEINISCHER BRIEF

Erich Heckeis Kunst ist nun auch den Rhein-
ländern vorgeführt worden. Leider fehlt im Kölnischen
Kunstverein eine Anzahl der Hauptbilder, die bei Paul
Cassirer in Berlin den so geschlossenen Eindruck
hervorriefen, von dem C. Glaser in einer Dezember-
Nummer der »Kunstchronik« Zeugnis ablegte. Auch
sind die des Oberlichtes entbehrenden Kunstvereins-
räume der auf große Form und reine Farbe aus-
gehenden Malerei Heckeis und seiner Kunstgenossen
wenig günstig; sie engen ein, statt zur Entfaltung zu
bringen. Die »Madonna von Ostende« freilich ist
nicht um ihre Wirkung zu bringen; auch hier in Köln
erfreut die ungesuchte Volkstümlichkeit des Bild-
gedankens und die fertige, reife Form der Ausführung.
Es ist bedauerlich, daß keins der Soldatenbilder, z. B.
das einprägsame Bild des Urlaubers auf der Heim-
reise, ausgestellt ist. In ihnen wagt Heckel mit gleichem
Erfolge den Sprung ins Genrehafte, gleich frei von
falscher Scham und falscher Sentimentalität, wie er
in der »Madonna« eine neuartige Altarkunst heraus-
stellte, die, von innen heraus empfunden, sich so
vorteilhaft von den Künsteleien etwa eines Diez
Edzard unterscheidet.

Eine Ausstellung alter Kunst aus Kölner Privat-
besitz, die der Kunstverein plante, ist infolge der Zeit-
verhältnisse verschoben worden. Wie lange ist es her,
daß ein ähnlicher Gedanke in Köln durchgeführt wurde!
Man sehnt sich geradezu nach einer derartigen Ver-
anstaltung, die überraschend viel Schönes und Neues
bringen würde, Ergänzungen zu den Schätzen des
Wallraf-Richartz-Museums, die jetzt infolge der Kriegs-
zeit nur zu einem Teile sichtbar sind. Vielleicht
könnte es auch für den rheinischen Privatbesitz an
alter Kunst, dem durch die immer noch bevorstehende
Versteigerung der Sammlung Oppenheim der empfind-
lichste Verlust droht, fruchtbar werden, daß die be-
kannten Altkölner Firmen des Kunsthandels, die bis
1914 ihre Haupttätigkeit in Paris ausübten, nach
Friedensschluß voraussichtlich genötigt sein werden,
dem rheinischen Geschäfte größere Aufmerksamkeit
zuzuwenden. Auch mit der immer noch ausstehenden
Besetzung der leitenden Posten in den Kölner Museen
steht diese Frage in enger Verbindung.

Einstweilen behilft sich der Kunstverein, der mehr
und mehr Mittelpunkt des künstlerischen Lebens in
Köln geworden ist, mit einheimischer und Düsseldorfer
Malerei; die Transportkrise, die beinahe ein Stück
Kunstgeschichte wird, verhindert ja mehr und mehr
jeden Import. Fritz Westendorp, den Fünfzigjährigen,
ehrte eine Sonderausstellung, die schon vorher in der
Düsseldorfer Kunsthalle den geschmackvollen, aber

nicht eben erfindungsreichen Landschafts- und Stilleben-
maler gut vertreten hatte. Aus Düsseldorf kommen
auch Uzarski und Nora Dahlen, die in etwas ein-
förmig gelbgrauen Harmonien entschiedene Begabung
zeigt. Ein junger Kölner Maler, Anton Räderscheidt,
versteift sich auf eine trüb-schwärzliche Farbengebung,
innerhalb deren er es im Bildnis zu immerhin glück-
lichen Lösungen bringt. Sonst waren noch Sonder-
ausstellungen von Olaf Gulbransson und Lesser Ury
als bemerkenswert zu nennen, über die schon von
Berlin aus berichtet wurde.

In der Düsseldorfer Kunsthalle wechseln die Namen,
aber nicht die künstlerischen Taten. Ausstellungen wie
die der »Vereinigung Düsseldorfer Künstlerinnen und
Kunstfreundinnen« sind sicher sehr gut gemeint, ver-
dienen aber kaum einen Widerhall an dieser Stelle.
Auch die Landschaften von H. Böhmer und G. Macco,
die Tierbilder von Georg Hilgers, die überrobusten
Stilleben von C. L. Wessel genügen nur bescheidenen
Ansprüchen.| Höhepunkte bedeuten auch nicht die
zwei in diesem Jahre entstandenen religiösen Gemälde
des unermüdlich schaffenden E. v. Gebhardt, die mit
Sehnsüchten die im Pathos verhaltenen, j in der Tech-
nik und Farbengebung so soliden Frühwerke auf der
großen Dresdner Gebhardt-Ausstellung zurückdenken
lassen. Es wird später immer deutlicher werden, wie
stark die von Bouts und Memling ausgehende Malerei
dieses phantasiereichen Malers ins Barock abgeirrt ist.
Einstweilen verhindert die gänzlich kritiklose Bewun-
derung, die in Düsseldorf den Altmeister wie eine
undurchsichtige Wolke umhüllt, eine sachliche Wür-
digung. Auch die Dresdner Gebhardt-Ausstellung hat
noch nicht die wünschenswerte Klärung gebracht.

Keiner von den Großen, aber ein sympathisch-
gewissenhafter und geschmackvoller Künstler ist der
Stuttgarter Akademieprofessor Heine Rath, der in
Düsseldorf die erste Folge seines neuen, mit einem
Begleitwort von Max Lehrs versehenen Zyklus »Deutsche
Städte, Original-Holzschnitte« zugleich mit einem großen
Teile seines älteren graphischen Werkes und mit Aqua-
rellen neueren Datums ausstellt. Es ist sehr fesselnd,
zu beobachten, wie der Künstler von der anfänglichen
Buntheit seiner Steindrucke und Holzschnitte immer
mehr zu einem eindrucksvollen Schwarzweiß übergeht.
Auf diesem Wege bedeuten die Blätter »Frankfurt«,
»Passau« und »Danzig« der Städtefolge den Höhe-
punkt. Ein feines delikates Grau tritt noch hinzu. In
der Sauberkeit der Technik — Rath kennt nur den
Handdruck — berührt sich der Künstler mit den
Japanern, von denen er zweifellos viel gelernt hat.
Mit Recht hebt Lehrs in jenem Begleittexte hervor,
daß Rath »in der Wahl der Motive den sogenannten
„kleinen malerischen Nestern" geflissentlich aus dem
 
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