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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 28.1917

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Dvořák, Max: Sollen die deutschen Kunsthistoriker sich zu einer Fachgenossenschaft zusammenschließen?
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6187#0196

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371

Mitteilungen aus ausländischen Kunstzeitschriften

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die eine öffentliche mit einem dieser Fächer zusam-
menhängende Stellung bekleiden, und über deren
Aufnahme überdies durch eine Wahl zu entscheiden
wäre. Sie müßten ehrenwörtlich verpflichtet werden,
sich in keiner Weise zum persönlichen Vorteil am
Kunsthandel zu beteiligen und müßten aus der Ver-
einigung, falls sie sich in dieser Beziehung etwas zu
schulden kommen ließen, ausgeschieden werden, wor-
über ein Ehrenrat zu entscheiden hätte. Die Ver-
einigung hätte ferner gesetzliche Maßnahmen im In-
teresse der Kunstgeschichte und der Kunsthistoriker,
ihrer sozialen Stellung und ihrer entscheidenden Ein-
flußnahme auf die fachliche Verwaltung der Samm-
lungen, auf die Denkmalpflege und andere öffentliche
Aufgaben kunstgeschichtlicher Natur anzustreben, die
Fachgenossen nach Möglichkeit vor der Ausbeutung
durch gewissenlose Verleger zu schützen, wie auch
Mittel und Wege zu suchen, die wissenschaftliche
Arbeit in Museen, Bibliotheken, Archiven und sonst
überall den Kunsthistorikern nach Möglichkeit zu
erleichtern.

Ich nenne nur einige Aufgaben, bin jedoch über-
zeugt, daß sich bald auch andere bieten würden.
Wissenschaftliche Fehden und die aus ihnen sich not-
wendig ergebenden Gegensätze wären der Vereinigung
fernzuhalten, da sie ja nicht in körperschaftlicher Be-
ratung entschieden werden können und mit den Auf-
gaben der Vereinigung nicht zusammenhängen. Aus
diesem Grunde möchte ich auch von der Verbindung
einer neuen deutschen kunsfgeschichtlichen Zeitschrift
mit der geplanten Fachgenossenschaft abraten. Ein
Blatt, wie wir es brauchen, könnte kritischen Fragen
nicht aus dem Wege gehen, was in die Korporation,
die andere Ziele zu verfolgen hat, leicht einen inneren
Zwist hineintragen könnte. Wohl könnte dagegen
die Herausgabe von einigen praktischen Behelfen wie
auch von periodischen Mitteilungen über alle Ange-
/egenheiten des Wirkungskreises der Vereinigung ins
Auge gefaßt werden.

Dies sind jedoch Nebenfragen, die in einem spä-
teren Zeitpunkte zu entscheiden wären. Hoffentlich
nicht in einem allzufrühen. Möge Bodes weitblicken-
dem Appell bald ein zweiter Schritt folgen, wozu
die Bildung eines vorbereitenden Ausschusses am
zweckdienlichsten sein dürfte.

MITTEILUNGEN AUS AUSLÄNDISCHEN
KUNSTZEITSCHRIFTEN

Auf Wunsch der Redaktion werden im folgenden
die Mitteilungen aus den ausländischen Kunstzeit-
schriften wieder fortgesetzt.

Seit unserem letzten Aufsatz (Oktober 1915) hat
sich im Erscheinen der fremdländischen Zeitschriften
nicht viel geändert. Die englischen Blätter werden
regelmäßig ausgegeben, auch die in London verlegte
holländisch-belgische Zeitschrift »Onze Kunst«.

Die französischen Zeitschriften: L'Art decoratif,
L'Art et les Artistes, Les Arts, Revue de l'art ancien
et moderne mit dem zugehörenden Bulletin de l'Art
erscheinen noch immer nicht; nur die Gazette des

Beaux-Arts hat sich bestrebt, den Kunstliebhabern und
Gelehrten einige »Kunstnahrung« vorzusetzen und
hat im Jahre 1916 drei gut ausgestattete Nummern
in die Welt geschickt.

Die erste erschien im Juni, und selbstverständlich
ist der erste Aufsatz den Mitarbeitern gewidmet, die
der Krieg fortgerissen hat. Pierre Goujon, Abgeord-
neter von Ain, Kunsthistoriker und Sammler, der dem
Louvre seine Aquarelle von Barye und Ribot, dem
Luxembourg ein Gemälde von van Gogh nachgelassen
hat, fiel schon im August 1914. Sein Schwiegersohn,
Adolph Reinach, der Studien über Griechische Kunst
veröffentlicht hat, wird schon so lange vermißt, daß
man wohl annehmen muß, daß auch er gestorben
ist. Als drittes Opfer fiel Robert Andre Michel, der
viel über Avignon in der Zeit der Päpste gearbeitet
hat und dessen letzte Untersuchungen über die pro-
fanen Wandmalereien im päpstlichen Palast in der
zweiten (August) Lieferung veröffentlicht wurden.

Jacques Schnerb, Maler und »Administrateur« der
Gazette, fiel im Mai 1916. Ihm und seiner male-
rischen Tätigkeit ist noch am Ende jener Nummer
ein besonderer Aufsatz gewidmet. Er soll ein sehr
sympathischer Mensch gewesen sein, meistens aber
schwermütig, seiner schwachen Gesundheit zufolge.
Gleich beim Anfang des Krieges meldete er sich als
Freiwilliger und hat durch seine Begeisterung Un-
glaubliches ausgehalten bis — ihn drei Kugeln hinter-
einander trafen.

Der letzte Mitarbeiter, den die Zeitschrift ent-
behren muß, ist der Kenner von kleinen plastischen
italienischen Marmor- und Bronze-Arbeiten, Jean de
Foville. Auch von ihm hat man seit so langer Frist
nichts gehört, daß man keine Hoffnung mehr
haben kann. In seinem letzten Brief schrieb er —
was viele Freunde und Feinde gerade so wie er
fühlen und sagen werden — »II sera beau d'avoir
eu cela dans sa vie, si l'on en revient.«

Der übrige Teil der Nummer ist eine Anklage
gegen die Deutschen. Die beiden Aufsätze »Was
sie zerstört haben« von Andre Michel und »Die
Ruinen in Belgien« von J. H. de l'Academie Royale
des Beaux arts de Belgique erzählen von vielem,
woran früher die Menschheit ihre Freude gehabt, und
das nun ganz oder halb zerstört ist. Beim ersten Auf-
satz fanden wir verschiedene Photographien des Doms
und des bischöflichen Palastes zu Reims nach der
Feuersbrunst, der hübschen Kirche von Tracy-le-Val,
die nun ganz verschwunden ist, von der Basilika von
Saint Remy in Reims, von den Kirchen von Sermaize-
Ies-Bains, von Maurupt, Betheny, Mesnil-les-Hurlus,
Beauzee-sur-Aire, Tilloloy und Ablain-Saint-Nazaire,
teilweise wie sie vor dem Kriege aussahen, teilweise
in dem mehr oder weniger zerstörten Zustande, in
dem sie vor einem Jahre waren. Am traurigsten wird
man, wenn man die hübschen Abbildungen des ehe-
maligen Arras betrachtet; das schöne Stadtbild mit
dem Dom und dem Rathaus und die Westfassade
dieses Rathauses mit dem wunderschönen schlanken
»Beffroi« und wenn man dann daneben sieht, wie wenig
davon, schon im Juni 1915, stehen geblieben war.
 
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