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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Schumann, Paul: Dreizehnter Tag für Denkmalpflege, [2]
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIX. Jahrgang 1917/1918 Nr. 2. 12. Oktober 1917

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A Seemann, Leipzig, Hospitalstr.IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

DREIZEHNTER TAG FÜR DENKMALPFLEGE
II.1)

Den zweiten Tag eröffnete Professor Vetter von
der Universität Bern mit einer Ansprache, worin er
im Anschluß an die Brüsseler Aussprache 1915 die
Frage erörterte, wie hervorragende Baudenkmäler im
Kriege wirksam geschützt werden könnten. Er über-
reichte dabei seine Schrift: Friede dem Kunst-
werk, zwischenstaatliche Sicherung der Kunstdenk-
mäler im Kriege als Weg zum künftigen dauerhaften
Frieden, kleine Ausgabe, 64 S., mit 7 Abbildungen
aus St. Quentin vom Februar und vom August 1917
(Verlag von W. Trösch, Ölten 1917). Der Kern seiner
Ausführungen ist: Der künftige Friedenskongreß müßte
zunächst den in dem Haager Abkommen ausgesproche-
nen zwischenstaatlichen Schutz der Kunstdenkmäler im
Kriege neuerdings gewährleisten und des weiteren dessen
Vertretern die Befugnis erteilen, künftig im Kriege
über diesen Schutz zu wachen, trotzdem vorkommende
Kunstschädigungen abzuschätzen und dem schuldig
erklärten Teil eine Buße im vielfachen Betrage dieser
Schätzung aufzulegen, also eine Art zwischenstaatlicher
Versicherung der Kunstdenkmäler zu schaffen. Der
weitere Ausbau der neuen Einrichtung wäre dann
Sache dieser internationalen Behörde selbst unter Ge-
nehmigung durch die vertretenen Staaten; er würde
unseres Erachtens zunächst in einer Erweiterung der
Haager Grundsätze unter Berücksichtigung bisheriger
Vorschläge bestehen müssen. Der zwischenstaatliche
Denkmalrat würde also vorerst die Schaffung eines
schützenden Umkreises für die anzumeldenden
Denkmäler, den Verzicht auf Befestigung bedeutender
Kunststätten, sowie die Bestimmung von ganzen Schon-
gebieten für künstlerisch besonders wertvolle Gegen-
den aussprechen und von den Verlragsstaaten ge-
nehmigen lassen. So könnte man ferneren Kriegen

— möchten sie sehr fern, ja für immer fern sein! —
mit dem tröstlichen Bewußtsein entgegensehen, gegen
die weitere Verarmung der Menschheit an ihrem künst-
lerischen Besitz wenigstens das heute mögliche getan
zu haben.

Ein Gerichtshof für die Feststellung der bisherigen
Kunstschäden des Krieges und für die Sicherung der-
selben durch besondere Ersatzleistungen bei der
Deckung der Kriegskosten (sofern diese nicht gegen
einander aufgehoben werden zum Besten aller!), eine
Schutzbehörde für die vornehmsten Kunstdenkmäler
im jetzigen Kriege und in künftigen Kriegen; über
den großen Kunstwerken flatternd das unverletzliche
Zeichen des Goldenen Kreuzes oder Goldenen Sternes

— wäre das nicht eine Bürgschaft für eine leichtere

1) Vgl. auch Heft 1.

Aussöhnung der Gegner, für einen bleibenden Frieden
und zugleich für die Erhaltung des Kunstbesitzes der
Menschheit, wenn weitere Kriege ihn neuerdings in
Gefahr bringen sollten?

Darauf berichtete Ministerialrat v. Reuter-München
über den Umbau der Augustinerkirche in
München. Die Kirche, ein Teil des 1290 gegrün-
deten Augustinerklosters, wurde von der Säkularisie-
rung 1803 an mit dem ehemaligen Kreuzgärlel und
dem östlichen Klosterflügel lange Zeit als Niederlag-
halle für Zollgüter (Mauthalle) verwendet. Den Plänen,
den Baugrund möglichst hoch zu verwerten, machte
Prinzregent Luitpold ein Ende, und Gabriel v. Seidl
legte 1906 dar, welchen Verlust an eigenartiger
Schönheit die alte Stadt an dieser wichtigen Stelle
erleiden würde, wenn die durch Michaeliskirche, Maut-
halle und Frauentürme gebildete großzügige Architektur-
gruppe zerstört würde. Diese Denkschrift hatte Erfolg.
Beim Suchen nach einem würdigen Zweck ergab sich
die Möglichkeit, den Bau unter Erhaltung der wesent-
lichen Bestandteile seines Äußeren im Innern so zu
verändern, daß er als Polizeigebäude dienen und
gleichzeitig seine Bedeutung im Stadtbilde bewahrte
und erfüllte. Theodor Fischer hat bei diesem Um-
bau die Mauthalle durch Zwischendecken so zu ge-
stalten und auszunützen verstanden, daß alle erforder-
lichen Räume vorhanden sind, zugleich aber erheb-
liche Teile des Kircheninnern, namentlich die große
Oberkirche mit ihrem Gewölbe und Stuckaturen, die
stuckierten Gewölbe der Seitenschiffe und die ehe-
malige Sakristei vollständig unberührt und sichtbar
erhalten blieben und dabei gleichzeitig die technische
Möglichkeit gewahrt wurde, den ganzen alten Kirchen-
raum wiederherzustellen. Das Bauwerk ist im Äußeren
nur wenig verändert, bei den Veränderungen im
Innern ist es Fischer aber gelungen, so zu verfahren,
daß die Kirche gegebenenfalls später vollständig wieder-
hergestellt werden kann. Der Umbau der Münchner
Augustinerkirche ist somit ein Stück praktischer Denk-
malpflege, ein wohlgelungener Ausgleich zwischen
künstlerischen und wirtschaftlichen Forderungen. Da-
durch ist es gelungen, ein altehrwürdiges Baudenkmal
vor dem Abbruch zu bewahren und der Stadt München
ein unvergleichlich eigenartiges und jedem Besucher
in der Erinnerung haftendes Stadtbild zu erhalten.

Weiter berichteten vier Redner über die Beschlag-
nahme der Metallgegenstände für Kriegsbe-
dürfnisse und die Denkmalpflege. Zunächst
Regierungsrat Dr.Trendelenburg-Berlin. Schonseit
fünf Jahrhunderten — zum ersten Male 1414 — hat
sich immer wieder die Notwendigkeit geltend gemacht,
Metall für den Krieg durch Einschmelzen friedlicher
Dinge zu gewinnen, und immer waren es dieselben
 
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