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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Schumann, Paul: Wilhelm Trübner
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0078

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135

Wilhelm

Trübner |

136

Kunst angekämpft und seinen Spott ausgegossen über
die Maler, die das Heil im Wo suchten (Atelierkunst
— Freilichtmalerei) anstatt im Wie. Die größte An-
regerin war ihm immer die Natur, der er frei und
selbständig gegenübertrat, und als allein sicherer Auf-
stieg zur Höhe galt ihm die immer sicherere Be-
herrschung der handwerklichen Mittel der Kunst. Sie
dem Schüler zu'übermitteln und seine Ehrfurcht vor
der Natur aufrechtzuerhalten, galt ihm allein als Auf-
gabe des Kunstlehrers und nur gerade die besten
Künstler hielt er für geeignet als Lehrer.

Wenn wir Trübner zum Leibi-Kreise rechnen, so
wäre es doch verfehlt zu glauben, daß damit eine
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rezeptmalerei ge-
meint wäre. Die Gesinnung verband jene Maler,
die angesichts der »Verwirrung der Kunstbegriffe«
und des mangelnden selbständigen Sinnes des Kunst-
publikums so lange vergeblich um Anerkennung ringen
mußten; und jeder dieser Maler war eine Persönlich-
keit für sich. Trübner ist auch trotz seiner Hoch-
achtung vor Courbet und Manet nie auf französischen
Bahnen gewandelt, sondern ist immer selbständig und
echt deutsch geblieben. Niemals wird man ein Trübner-
sches Gemälde für ein solches von Leibi halten, von
seiner bestimmten Härte unterscheidet sich Trübners
Art durch die größere Weichheit; von den französi-
schen Malern aber, deren Bevorzugung in Deutsch-
land er stets mit so scharfen Worten verurteilt hat,
unterscheidet ihn die deutsche Tiefe und Kraft.

Das Ziel und Ideal seiner Kunst ist die reine Ma-
lerei, das Geltendmachen der Farbe. Nichts will er
wissen von »Begebenheitsmalerei«; sein ganzes Stre-
ben ging dahin, die Farbe, die ihm nicht nur als
Mittel, als das eigentliche Wesen der Malerei erscheint,
in malerische Form umzusetzen. Als Verfechter der
reinen Malerei ging Trübner seiner Zeit weit voran.
Das kam uns so recht zum Bewußtsein bei der deut-
schen Jahrhundertausstellung zu Berlin 1906, als wir
nicht weniger als drei Dutzend Gemälde Trübners
aus den Jahren 1870—76 vereinigt sahen, darunter
z.B. das »Wildstilleben« von Reh, Hasen und Schnepfe,
das ganz in grauen und braunen Tönen gemalt ist,
das tonreiche Bild der »Dame in Grau«, die Bildnisse
der Eltern des Künstlers, von denen das der Mutter
im Katalog also beschrieben war: »schwarzes Kleid
auf grauschwarzem Grunde, dessen Ton als Belich-
tung des Kleides verwendet ist, gelbe Kette mit tief-
schwarzem Medaillon mit weißer Auflage, das Rosa
des Fleisches geht in der Stirn in bläuliches Weiß
über, braunschwarzes Haar vorn grau belichtet«. Wir
sahen ferner u. a. die köstlichen Chiemseelandschaften,
darunter das Klostergebäude auf der Herreninsel, das
bedeutende Bildnis des Einjährigen Höpfner und vieles
andere und staunten über das meisterliche Können,
das der Künstler schon im Alter von 20—25 Jahren
besessen hatte. Freilich ohne in der Gründerzeit, wo
die protzige Kostüm- und Begebenheitsmalerei auf
em Throne der deutschen Kunst saß, die geringste
Anerkennung zu finden. Die Revolution der Kunst,
die damals Trübner mit seinen Genossen angestrebt
hatte, war fehlgeschlagen, die Zeit war nicht reif für

die vornehme Gediegenheit, für die malerische Fein-
heit der Trübnerschen Kunst. Es gehörte wahrlich
ein großer Charakter und eine feste Überzeugung von
der Güte der eigenen Sache dazu, trotz dieser Un-
gunst der Zeiten, trotz der Teilnahmlosigkeit des
Kunstpöbels festzuhalten an dem, was er für das ein-
zig Wahre und Richtige hielt. Trübner besaß diesen
Charakter. Freilich eine Zeitlang ist auch er der Zeit
unterlegen. Von 1877 an malte auch er in München
Begebenheiten, Gemälde mit bedeutendem Inhalt,
Historienbilder, die nur ausnahmsweise vom Stoff-
lichen zur malerischen Form geläutert erscheinen.
Dann aber setzte er, durch den Widerspruch der
Freunde zur Einkehr angeregt, zu erneutem rein künst-
lerischen Schaffen an. Er eignete sich die Mittel der
Freilichtmalerei an und erreichte eine zweite große
Blütezeit seiner Kunst, die ungeschwächt bis an sein
Ende angehalten hat.

Im Bildnis und in der Landschaft hat er das Höchste
geleistet. Das Bildnis war von jeher der Prüfstein der
wahren Kunst. Trübner selbst sagt es: »Das Köpfe-
malen ist gewissermaßen der Parademarsch des Künst-
lers; es zeigt dessen Können und Leistungsfähigkeit
am sichersten. Somit gehört zu den Kennzeichen eines
bedeutenden Künstlers, ob seine Köpfe gleichgültiger
Personen und Darstellungen einfacher, an sich un-
interessanter Gegenstände mit dem allen bedeutenden
Künstlern eigenen hervorragenden Können hergestellt
sind oder nicht. Es sollte deshalb auch der Respekt
vor neu auftauchenden anspruchsvollen Kunstwerken
der Künstler des In- und Auslandes nicht so über-
trieben sich offenbaren, solange deren Parademärsche
nicht hinreichend gut ausfallen, um wieder dasselbe
militärische Bild zu gebrauchen.« Trübner selbst hat
diesen Parademarsch glänzend bestanden. Unter sei-
nen Bildnissen sind Meisterwerke der Charakteristik
und der malerischen Vollendung zugleich, die den
Meisterwerken der Tizian und Velasquez durchaus
ebenbürtig dastehen. Wir brauchen uns nur das Bild-
nis des einjährig-freiwilligen Dragoners Max Höpfner,
das Karl Schuchs, die Bildnisse seiner Eltern, des
Bürgermeisters Dr. Mönckeberg, des Bürgermeisters
Hoffmeister, seines Paten und einer Reihe der unbe-
nannten weiblichen Bildnisse ins Gedächtnis zu rufen.
Starkes Aufsehen erregten die lebensgroßen Reiter-
bildnisse in breitflächiger Freilichtmalerei. Der Vergleich
mit den Reiterbildnissen der Velasquez und van Dyck,
der großen Engländer des 18. Jahrhunderts, die in
erster Linie auf Repräsentation gemalt sind, erweckte
ein lebhaftes Für und Wider angesichts der Trübner-
schen Reiter, die so rein auf die malerische Wirkung
im Freien hin dargestellt sind. Sie haben etwas Er-
schreckendes, vielleicht ist in ihnen der Widerspruch
zwischen monumentalem Bildnis und Freilichtwirkung
doch nicht restlos gelöst.

Ebenso Bedeutsames wie im Bildnis hat Trübner
in der Landschaft geleistet. Unter den 450 Bildern,
die der »Klassiker«-Band gibt, sind 158 Bildnisse
und 145 Landschaften. Heidelberg, der Chiemsee, Kron-
berg und Amorbach, der Starnberger See, das köst-
liche Schloß Hemsbach, Stift Neuburg sind die Stätten
 
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